2009/05/15

Mobbing und Beamte

 Relativ aktuell ist eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen 6. Senat vom 19.02.2009 - 6 A 356/06 zum Thema Mobbing bei Beamten:  

Das Oberverwaltungsgericht weist in dieser Entscheidung zunächst auf einen rechtlichen Umstand hin, der auch der arbeitsgerichtlichen Mobbing-Rechtsprechung und allgemeinen prozessualen Regeln entspricht: Die bloße Behauptung systematisch anfeindender, schikanierender und diskriminierender Verhaltensweisen von Vorgesetzten genügt für die Darlegung einer derartigen Verletzung der Fürsorgepflicht nicht. Die beanstandeten Verhaltensweisen dürfen nicht nur pauschal und wertend geschildert werden. Vielmehr müssen sie so konkret und substantiiert dargestellt werden, dass sie einer Überprüfung zugänglich sind. Dies setzt die Darlegung eines Tatsachenkerns voraus, der mit konkretem Gegenvortrag bestritten werden kann. Das Gericht verweist ausdrücklich auf den arbeitsrechtlichen Begriff des Mobbings, wie es die Landesarbeitsgerichte – unter anderem (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. Januar 2008 - 9 Sa 489/07 -; LAG Köln, Urteil vom 21. April 2006 - 12 (7) Sa 64/06; LAG Schleswig-Holstein; Urteil vom 28. März 2006 - 5 Sa 595/05 -, NZA-RR 2006, 402 – entwickelt haben.   

Diesen Anforderungen genügte das Vorbringen der Klägerin dieser Entscheidung nicht. Sehr typisch folgte daraufhin dieser Vortrag des Gerichts: Die Vorwürfe der Klägein gegen den Schulleiter und andere Beteiligte seien ausschließlich wertend und pauschal. Deren Verhalten beschrieb sie in der Gegendarstellung zum Schulleitergutachten vom 7. September 2003 durchgängig als "Machtspiele mit Geschrei, Gebrüll, Drohungen und Mundverbieten", "ständige Schikanen", "erniedrigend" und, soweit es um die Bewertung ihrer Leistungen ging, als "Verleumdungen" und "Unwahrheiten". Dieser Vortrag war mangels Tatsachenkerns mit konkretem Gegenvortrag nicht bestreitbar und einer Überprüfung nicht zugänglich. Das galt auch für den Vorwurf der Verleumdung und Verbreitung von Unwahrheiten. Die Klägerin stellte nicht objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptungen der genannten Personen in Frage, sondern nur Werturteile. Soweit sie konkrete Gegebenheiten wie einen Anruf des Schulleiters am 6. Februar 2002 oder ein Gespräch mit ihm an einem Sonntag in T. schilderte, waren nicht inhaltliche Äußerungen oder konkret beschriebene Verhaltensweisen Gegenstand des Vorwurfs, sondern das lediglich allgemein als "unverschämt", "brüllend" und "einschüchternd" bezeichnete Auftreten des Schulleiters. 

Probleme der Zurechnung

Ob die Schulleiterbeurteilung vom 5. August 2003 als solche die Erkrankung der Klägerin verursacht hat, kann offen bleiben. Eine derartige Folge wäre dem beklagten Land nicht in der Weise zuzurechnen, dass sie das Ermessen bei der Entscheidung über die Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst einschränken würde. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Beurteilung rechtswidrig war. Für die Zurechnung genügt es nicht, dass eine rechtswidrige Handlung von Bediensteten des Dienstherrn conditio sine qua non für die Dienstunfähigkeit des betroffenen Beamten ist, also nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass die Dienstunfähigkeit entfiele. Vielmehr muss diese eine adäquate Folge der rechtswidrigen Handlung sein. Das ist nur der Fall, wenn der Dienstherr mit einem derartigen Kausalverlauf rechnen musste. Objektiv außergewöhnliche, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassende Geschehensabläufe sind ihm nicht zuzurechnen, weil dies zu einer uferlosen Ausweitung seiner Verantwortlichkeit führen würde.  

Dienstunfähigkeit

Die Dienstunfähigkeit der Klägerin ist keine adäquate Folge des Schulleitergutachtens vom 5. August 2003. Zwar mag vorhersehbar sein, dass eine schlechte Beurteilung beim Betroffenen zu einer psychischen Belastung führen kann, es muss aber in aller Regel nicht mit weitergehenden Beeinträchtigungen gerechnet werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass der Beamte für die angestrebte Beamtenlaufbahn - auch gesundheitlich - geeignet ist. Vorauszusetzen ist damit eine psychische Konstitution des Beamten, die ihn dazu befähigt, sich mit einer im sachlichen Rahmen bleibenden Kritik auch dann konstruktiv auseinander zu setzen, wenn sie unberechtigt ist. Dementsprechend ist nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassen, dass der Beamte aufgrund einer den genannten Rahmen wahrenden Beurteilung dauerhaft erkranken und deswegen seinen Dienst nicht mehr - auch nicht an einer anderen Ausbildungsstelle - aufnehmen könnte. Vielmehr darf von dem Beamten erwartet werden, dass er Einwände gegen eine derartige  Beurteilung in dem dafür vorgesehenen rechtsstaatlichen Verfahren erhebt.  

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