2012/05/31

Beibehaltungsgenehmigung - Konkrete Erfahrungen

Das Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts regelt auch die Frage der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer ausländischen. Dadurch wird für die im Ausland  lebenden Deutschen, die die jeweilige Staatsangehörigkeit erwerben möchten, die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit nicht unerheblich erleichtert. Wir vertreten zahlreiche deutsche Mandanten, die im Ausland, davon die meisten in den USA, aber auch in Russland, Neuseeland, Australien etc. leben.

Wir beobachten immer wieder, dass ohne Anwalt gestellte Anträge, die von den Voraussetzungen her etwas kritisch sind, "bedingt optimal" ausfallen. Das Bundesverwaltungsamt hat bei der Prüfung bestimmte Schwerpunkte, die berücksichtigt werden sollten.

Grundsätzliches 

Grundsätzlich gilt allerdings beim Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, dass die deutsche Staatsangehörigkeit verloren geht (§§ 17 Nr. 2, 25 Abs. 1 StAG). Eine gesetzliche Regelung, die den Verlust der Staatsangehörigkeit an den freiwilligen, antragsgemäßen Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit knüpft, begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, denn der Verlust tritt aufgrund von Handlungen des Betroffenen ein, die auf einem selbstverantwortlichen und freien Willensentschluss gegründet sind, hat das BVerfG 2006 entschieden. Die unter Umständen sich ergebende Notwendigkeit, sich zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit zu entscheiden, sei nicht als solche schon unzumutbar. Sie sei Folge der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine uneingeschränkte Hinnahme von Mehrstaatigkeit.

Die Entscheidung über den Antrag über die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ist eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 25 Abs. 2 StAG voraussetzt,  private und öffentliche Interessen abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, wird vor allem darauf abgestellt, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland hat. Man sollte klar sehen, dass es im Blick auf die Rechtsprechung und das (folgende) Gesetz keine Routine ist, Mehrstaatigkeit zuzulassen, auch wenn gilt: Die Vermeidung oder Beseitigung von Mehrstaatigkeit hat spätestens seit der Gesetzesänderung keinen grundsätzlichen Vorrang mehr, vgl. BVerwG 2008. Vielmehr sind nach dem Bundesverwaltungsgericht die privaten Interessen des Einzelnen an der Begründung oder Beibehaltung einer doppelten oder mehrfachen Staatsangehörigkeit prinzipiell gleichrangig mit dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Mehrstaatigkeit abzuwägen. 

Ein Blick in das Gesetz:  § 25 StAG 

(1) Ein Deutscher verliert seine Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, wenn dieser Erwerb auf seinen Antrag oder auf den Antrag ... des gesetzlichen Vertreters erfolgt, ... der Vertretene jedoch nur, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 19 die Entlassung beantragt werden könnte.

(2) Die Staatsangehörigkeit verliert nicht, wer vor dem Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit auf seinen Antrag die schriftliche Genehmigung der zuständigen Behörde zur Beibehaltung seiner Staatsangehörigkeit erhalten hat. Hat ein Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland, ist die deutsche Auslandsvertretung zu hören. Bei der Entscheidung über einen Antrag nach Satz 1 sind die öffentlichen und privaten Belange abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland glaubhaft machen kann.

(3) (weggefallen)

Solche Bindungen könnten unter anderem sein: Beziehungen zu (nahen) Verwandten (Name und Anschrift der Verwandten, Art und Umfang der Kontakte), Eigentum an Grundstücken und eigengenutzten Wohnungen, Renten- oder Versicherungsleistungen, Firmenanteile, Spar- und Girokonten, Schul- und Berufsausbildung in Deutschland, regelmäßige Reisen nach Deutschland, langjährige Inlandsaufenthalte (Also Dokumente vorlegen!).

Fortbestehende Bindungen an Deutschland können auch gegeben sein bei Angehörigen international tätiger, auch ausländischer Unternehmen und Institutionen oder anderer Personen, die aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen ihren gewöhnlichen Aufenthalt zwar längerfristig, aber doch nur vorübergehend ins Ausland verlegt haben, wenn die Tätigkeit im Ausland im deutschen Interesse liegt, oder bei deren Ehegatten und Kindern. Eine spätere Übersiedlung nach Deutschland wird nicht gefordert.

Nach den Neuregelungen zum Staatsangehörigkeitsgesetz muss es einen plausiblen Grund für den angestrebten Erwerb der us-amerikanischen Staatsbürgerschaft geben. Solche Gründe können etwa sein: Vermeidung oder die Beseitigung von erheblichen Nachteilen, insbesondere wirtschaftlicher und vermögensrechtlicher Art. Das können erbrechtliche, steuerrechtliche Gründe sein. Oft ist es hilfreich in diesen Fällen die berufliche Situation zu betrachten, die den Erwerb der fremden Staatsangehörigkeit mitunter nahelegt oder gar gebietet.

Wichtig wären auch Vor- bzw. Nachteile bei der Sozialversicherung, Renten, Ausbildung oder im Rahmen der Berufsausübung. Doch auch geschäftliche Beziehungen und selbst der Erwerb von Immobilien können bei dieser Ermessensentscheidung eine Rolle spielen. Wichtig ist es Unterlagen vorzulegen über die konkreten Nachteile, z.B. bei Aufträgen der öffentlichen Hand, der Vergabe von Stipendien oder sonstigen Fördergeldern, im Blick auf Sozialleistungen (Krankenversicherung), Ausbildung etc.

Also muss man "zweispurig" begründen: Insoweit müssen also sowohl Gründe für die Beibehaltung der alten als auch Gründe für den Erwerb der neuen (zusätzlichen) Staatsangehörigkeit bestehen.
Ehegatten von im Ausland lebenden deutschen Wissenschaftlern, die Staatsangehörige des Aufenthaltsstaats unter Beibehaltung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit geworden sind, braucht nicht schon im Hinblick auf die Einheit der Staatsangehörigkeit(en) in der Familie die Beibehaltung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit genehmigt zu werden, falls sie aufgrund Antrag oder Erklärung ebenfalls die andere Staatsangehörigkeit zu erwerben beabsichtigen, befand der Hessische Verwaltungsgerichtshof (Ältere Entscheidung, die existenzielle Probleme im weiteren Wortsinne für die Beibehaltung fordert, 12 UE 1133/92).
Aber Vorsicht!  Allgemeine Nachteile, die jeden Ausländer treffen, haben keine Bedeutung bei dieser Abwägungsentscheidung.
Das fehlende Wahlrecht, die Notwendigkeit, sich eine Aufenthaltserlaubnis (Resident Alien Card) zu besorgen oder der Ausschluss von hohen Regierungsämtern sind nicht geeignet, aus deutscher Sicht als Nachteil anerkannt zu werden. Letztlich müssen es ökonomische Effekte sein, auf die abzustellen ist. Mitunter lesen wir in Anträgen, dass Antragsteller sich den USA so  nahe fühlen. Das ist schön, aber nicht entscheidend. 
Die Neuregelung sieht auch vor, dass die Leistung eines Loyalitätseids bei der Einbürgerung dann nicht der Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung entgegensteht, wenn der ausländische Staat eine der Bundesrepublik Deutschland vergleichbare staatliche und gesellschaftliche Ordnung aufweist. Das ist bei den USA der Fall. Dies gilt gerade für deutsche Staatsangehörige in den USA, die die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erwerben möchten.

Die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Antragserwerb der us-amerikanischen Staatsangehörigkeit setzt voraus, dass ein schriftlicher Antrag auf Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung gestellt wird. Der Antrag ist, wenn sich der Antragsteller im Ausland aufhält, über die zuständige Auslandsvertretung (Botschaft oder zuständiges Konsulat) zu stellen.

Von dort wird der Antrag mit einer Stellungnahme an das Bundesverwaltungsamt in Köln zur Entscheidung weitergeleitet. Sofern Sie Ihren Lebensmittelpunkt im Inland haben, sind die jeweiligen Staatsangehörigkeitsbehörden zuständig. Das kann etwa eine Bezirksregierung sein, der man den Antrag über die Wohnortbehörde vermittelt oder direkt ihr vorlegt.

Wenn Sie an einer Beratung oder Antragstellung durch uns interessiert sind, melden Sie sich doch einfach.

Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm


Aufsichtspflicht - Internat, Übernachtbetreuung


Unsere Kanzlei wird immer wieder mit der Frage konfrontiert, wie weit die Aufsichtspflicht in der Schule reicht. Wir haben Schulleitungen, Lehrer und Eltern beraten. Hier präsentieren wir ein typisches Problem der Übernachtbetreuung. 

Wie verhält man sich als Aufsichtspflichtiger, wenn man größere Gruppen hat, die auch über Nacht in einem Ausbildungsinstitut bleiben? Wir haben diverse Ausbildungsinstitute beraten, wie die adäquate Betreuung bzw. Aufsicht auszusehen hat, um Haftungsrisiken zu minimieren.

Grundsatz

Der Umfang der gebotenen Aufsicht über Minderjährige bestimmt sich nach deren Alter, Eigenart und Charakter, nach der Vorhersehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie danach, was den Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann (So grundlegend der Bundesgerichtshof). Insbesondere hängt es von den Eigenheiten des Kindes und seinem Erziehungsstand ab, in welchem Umfang allgemeine Belehrungen und Verbote ausreichen oder deren Beachtung auch überwacht werden muss.  

Das gilt sowohl dann, wenn es darum geht, die Schädigung Dritter durch den Jugendlichen zu verhindern, wie auch dann, wenn der Jugendliche vor den Folgen seines eigenen unvernünftigen Verhaltens geschützt werden soll. Die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen richtet sich danach, was verständige Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen tun müssen, um Schädigungen des Minderjährigen oder Schädigungen Dritter durch den Minder-jährigen abzuwenden; es kommt darauf an, ob der Aufsichtspflichtige im konkreten Fall in Bezug auf die zur widerrechtlichen Schadenszufügung führenden Umstände eine ausreichende Aufsicht geführt hat (vgl. BGH a.a.O.; BGH NJW-RR 87, 1043; NJW 95, 3385; Senatsbeschluss vom 02.05.1991 - 6 W 7/91 - OLGZ 92, 95; OLG Hamm. - 9. ZS . - FamRZ 95, 167). Das bedeutet aber nicht nur, dass bestimmte Aufsichtsformen praktiziert werden, sondern selbstredend auch, dass die Einrichtung sicher sein muss. So hat der Bundesgerichtshof z.B entschieden: „ Wenn es nicht zu vermeiden und jedenfalls nicht ausschließlich ist, dass Kinder tagsüber zeitweise ohne Aufsicht gelassen werden, so muss der Inhaber des Kinderheimes den Verschluss der Fenster so gestalten, dass er von Kindern nicht unbefugt geöffnet werden kann.“ Das ist bei Jugendlichen nicht so zwingend, aber wenn hier die Möglichkeiten, Fenster zu öffnen, eingeschränkt werden, um Rauchen etc. zu verhindern, sollte das in Erwägung gezogen werden.

Was gilt für Betreuungen über Nacht?

Jugendliche dürfen nicht nachts auf sich allein gestellt sein. Eine ordnungsgemäße Betreuung macht es mindestens erforderlich, dass ein Betreuer die Nacht hindurch im Internat ist. Hierbei gibt es typische Gefahren. Die Gerichte fordern Kontrollen der Jugendlichen, insbesondere um alkoholischem Missbrauch vorzubeugen. Ein Alkoholverbot, das man selbstverständlich aussprechen sollte und das auch in die Hausordnung aufzunehmen ist, reicht für sich allein betrachtet, also nicht aus.  

Bei auswärtiger Unterbringung von Jugendgruppen müssen die Betreuer durch geeignete und wirksame Maßnahmen dafür sorgen, dass es nicht zu Exzessen bezüglich Alkohol oder anderen Problemmaterien kommt. In einer wichtigen Entscheidung des OLG Hamm (21.12.1995/Aktenzeichen: 6 U 78/95) hat das Gericht im Verlauf der Nacht gelegentliche Kontrollen auf den Zimmern für erforderlich erachtet, wobei das Gericht das von dem Umstand abhängig macht, dass noch nicht allgemeine Ruhe eingekehrt sei. Dem kann nach Auffassung des Gerichts nicht entgegengehalten werden, dass derartige Kontrollen nicht mit dem Ziel der Erziehung zur Selbständigkeit und mit dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und unangetastete Intimsphäre vereinbar seien. Wenn also keine Ruhe eingekehrt ist, sollten mindestens „gelegentliche“ Kontrollen stattfinden, was nicht zu parametrisieren ist, aber jedenfalls klar macht, dass die Erwartung, es gäbe keine Aufsichtsprobleme, weil der Betreuer nicht angesprochen wird, keinesfalls verantwortlich wäre. Derartige Kontrollen, die die Einhaltung der Hausordnung und die Sicherheit der Jugendlichen gewährleisten sollen, seien sowohl bei sportlichen Veranstaltungen- mit Gruppenunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften wie auch bei damit vergleichbaren Klassenfahrten durchaus üblich und werden von den Jugendlichen als berechtigt angesehen und akzeptiert. Die Gerichte sehen zwar, dass nicht alle auf jugendtypischen Unverstand zurückzuführenden Schäden durch Kontrollen verhindert werden können, und dass es durchaus denkbar gewesen wäre, dass solche Schäden auch sich ereignet hätten, wenn die Bedingungen den gesetzlichen/richterlichen Maßgaben entsprechen.

Eine mehr oder minder entfernte Dienstwohnung des Betreuungsperson zu dem Ort des Aufenthalts der Jugendlichen kann nicht ausreichend sein, wenn die Verbindungswege unmittelbares Eingreifen oder jedenfalls schnelle Kontaktaufnahmen behindern. Klar sein muss auch, dass die Person ordnungsgemäß ausgewählt sein muss und nicht überarbeitet sein darf. Wenn etwa ein Hausmeister einen vollen Arbeitstag hinter sich hat und ihm gleichwohl zugemutet wird, am Abend für diverse Stunden mit einer entsprechenden Nachtpräsenz zur Verfügung zu stehen, dürfte das problematisch sein. Letztlich gilt hier immer die Kontrollüberlegung: Wie stellt sich bei der Verkettung einiger unglücklicher Umstände der Ernstfall dar? Hätte das bei gebotener Sorgfalt zumindest erahnt werden können, dass hier eine Gefahrenquelle besteht?  

Die Betreuer einer aus 40 Kindern im Alter zwischen 8 und 12 Jahren bestehenden Feriengruppe trifft nicht der Vorwurf der Aufsichtspflichtverletzung, wenn sie die Gruppe während eines Besuchs eines Freibades nicht in Kleingruppen unterteilen, die der ständigen feststehenden Betreuung durch zumindest einen Betreuer unterstehen. Dies ist bei der Altersstufe, der die Kinder der Feriengruppe angehören, nicht mehr erforderlich. Hier genügt es auch bei einem Schwimmbadbesuch, dass die Betreuer sich an Schwerpunkten aufhalten und freiwillige Gruppen von Kindern um sich scharen, denen sich jedes Kind nach Belieben anschließen kann, auch wenn es hierdurch ermöglicht wird, dass sich einzelne oder auch mehrere Kinder einer Überwachung und Kontrolle entziehen können, da für Kinder dieses Alters eine ständige Kontrolle nicht mehr erforderlich ist. Die Betreuer haften daher nicht aus dem Aspekt der Aufsichtspflichtverletzung, wenn eines der Kinder, denen die Anweisung erteilt war, sich nur im Nichtschwimmerbecken aufzuhalten, das insbesondere im Bereich einer Rutschbahn von den Betreuern beaufsichtigt wurde, nach einem Ertrinkungsunfall im Schwimmerteil des Beckens aufgefunden wird. Ob das allerdings jedes Gericht so gesehen hätte, bleibt fraglich. Wichtig ist nur, dass die gesamte Planung der Sicherheit einen plausiblen Charakter hat, sodass durchaus verschiedene Modelle denkbar sind.  

Abgesehen davon, dass ein Betreuer eine kompetente Person sein muss, ist die Frage, ob eine Verletzung der Aufsichtspflicht damit verbunden sein kann, wenn zu viele Jugendliche von zu wenigen Aufsichtspersonen betreut werden. Ein „Teilnehmer-Betreuer-Schlüssel“ im Sinne eines Rechtsautomatismus gibt es nicht. Entscheidend ist, dass ein Betreuer bei der Durchführung der Aufsicht nicht überfordert ist. Nachts ist selbstverständlich weniger Betreueraufwand zu erwarten als tagsüber. Wenn hier zwei potentielle „Einsatzorte“ gleichzeitig zu betreuen bzw. zu überwachen sind, stellt sich die Frage, wo sich die maßgebliche Person bzw. auch zwei Personen zur Wahrung der Aufsichtspflicht aufhalten. Gewährleistet sein muss, dass die Person gut angesprochen werden kann. Besteht von dem einen Flur zum anderen etwa die Möglichkeit eines Rufkontakts? Auch wenn das keine umfassende Freizeichnung von Aufsichtspflichten eröffnet, sollte unbedingt Sorge dafür getragen sein, dass Notrufmöglichkeiten so praktisch und leicht zugänglich zur Verfügung gestellt werden, dass Hilfe von außen einfach erreichbar ist. Hier kann auch situativ bedingtes Handeln eine große Rolle bei der Entscheidung spielen, ob die konkrete Betreuungsweise keine Verletzung der Aufsichtspflicht darstellt.   
   
Ggf. müssen auch geschlechtsspezifische Betrachtungen einbezogen werden: Fehlt bei einer Reise mit jungen Mädchen eine weibliche Begleitung, und dürfen Jugendliche im Alter von 14 Jahren bis 1:00 Uhr bzw. 3:00 Uhr ohne Aufsicht eines Erwachsenen ausgehen, so ist die Betreuung mangelhaft, wurde etwa vom Amtsgericht Bielefeld am 13.05.1998 (Aktenzeichen: 4 C 1288/97) entschieden. Das Thema ist ohnehin delikat und kann noch ausgeführt werden. Es gibt Autoren, die sogar die Verteilung von Verhütungsmitteln empfehlen, was natürlich paradoxe Effekte haben kann und daher eher indiziert, wie fragil die Bewertungsmaßstäbe mitunter sind. 

Alter und Selbstverantwortung 

Im Übrigen ist natürlich immer zu berücksichtigten, dass  altersgemäß von Schülern  ein bestimmtes Maß an Selbstverantwortung erwartet werden kann, was dann im Ernstfall zu Abwägung von Verantwortlichkeiten und entsprechenden Einschränkungen des vollen Schadensrisikos führt.  Klar wird, dass es um Abwägungen geht, die man in einer späteren gerichtlichen Praxis nicht a priori vorwegnehmen kann.  Es handelt sich bei solchen Entscheidungen oftmals um Einzelfallbetrachtungen, die den Betroffenen ungerecht erscheinen, weil es a-posteriori-Maßstäbe zu sein scheinen. Deshalb sollte man sehr kritisch mit den konkreten Situationen umgehen und sich nicht nur auf standardisierte Vorkehrungen verlassen. Gibt es auffällige Jugendliche bzw. schwierige Gruppen? Hat sich bereits zuvor aufgrund irgendwelcher Modalitäten ein Schaden ereignet, der nun vorhersehbar ist, sodass man später mit dem richterlichen Vorwurf leben muss, dem konkreten Schadensereignis habe man aufgrund entsprechender Vorfälle besser vorbeugen sollen. Besonders fatal ist es, wenn sich ein Schaden schon einmal zuvor in ähnlicher Weise ereignet hat. Dann sind Exkulpationsversuche zum Scheitern verurteilt.

Hinweise und Verbote ersetzen selbstverständlich keine Aufsichtspflichten, aber im Ernstfall kann es eine erhebliche Rolle spielen, wenn gerade bei älteren Schülern nachweisbar ist, dass sie auf bestimmte Verhaltensweise und Verbote hingewiesen worden sind. Insofern sollte man auch potentielle Gefahrenumstände (extensiv) mit der Gruppe oder auch auffälligen Einzelnen thematisieren und ggf. fragen, ob Umstände vorliegen, die wiederum Gefahreneintritte wahrscheinlicher machen. Allerdings reicht nach der Rechtsprechung eine Belehrung zu Beginn eines Aufenthalts, keine strafbaren oder sonstige inkriminierte Handlungen zu begehen, nicht einmal aus. Erforderlich ist vielmehr, dass diese Belehrung in ausreichendem Umfang "aufgefrischt" wird.  

So sollte die Hausordnung in eindeutiger Weise (Abzeichnung) den Schülern und – soweit die Schüler minderjährig sind – den Erziehungsberechtigten - zur Kenntnis gebracht werden. Bei jedem Betreten bzw. Verlassen des Schul- und Internatsgeländes sollte für die Schüler eine Meldepflicht eingeführt werden. Die Meldepflicht sollte auch für Besucher, insbesondere Angehörige, gelten.  Schließlich sind Einwilligungserklärungen der Eltern – etwa zur Frage, ob der Schüler die Einrichtung verlassen darf - auch ein wichtiges Instrument der Schadensverlagerung. 

Wir stehen Ihnen auch gerne zur Verfügung, wenn Sie juristische Schwierigkeiten mit dem Problem "Aufsicht in der Schule" haben.

Schildern Sie uns Ihr Problem! 

 

2012/05/30

Mindestkarenzentschädigung Wahlrecht Wettbewerbsverbot


Sachverhalt - In einem Arbeitsvertrag wird zwar ein Wettbewerbsverbot vereinbart, aber es gibt keine Regelung über eine Karenzentschädigung. Was gilt jetzt?

1. Zunächst gilt: Während des rechtlichen Bestehens des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Dies gilt auch in den Fällen, in denen der Arbeitsvertrag keine ausdrücklichen Regelungen enthält. Die Verletzung eines für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehenden Wettbewerbsverbots kann sogar ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung sein.

2. a. Ausgangspunkt für das nachvertragliche Verbot ist § 74 HGB:
(1) Eine Vereinbarung zwischen dem Prinzipal und dem Handlungsgehilfen, die den Gehilfen für die Zeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses in seiner gewerblichen Tätigkeit beschränkt (Wettbewerbsverbot), bedarf der Schriftform und der Aushändigung einer vom Prinzipal unterzeichneten, die vereinbarten Bestimmungen enthaltenden Urkunde an den Gehilfen. 
(2) Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.
Wird lediglich mündlich vereinbart, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe als Gegenleistung für ein schriftlich vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot schuldet, ist das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gleichwohl nichtig.  

b. Gemäß § 74a HGB ist ein Wettbewerbsverbot nach der Rechtsprechung insoweit schon unverbindlich, als es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Prinzipals dient und das berufliche Fortkommen des Handlungsgehilfen unbillig erschwert. Das Interesse des Arbeitgebers muss also wohl begründet sein. Hierbei genügt das Interesse, Konkurrenz einzuschränken, noch längst nicht. Schützenswert im Sinne des § 74a HGB ist allein das Interesse des Arbeitgebers daran, dass der Arbeitnehmer Kenntnisse, welche er während der Tätigkeit für den Arbeitgeber erlangt und Kontakte, die er während dieser Tätigkeit geknüpft hat, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses und während des Bestehens eines Wettbewerbsverbotes zu Gunsten eines Konkurrenten, also gegen den bisherigen Arbeitgeber ausnutzt. Dagegen liegt eine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Arbeitnehmers vor, wenn der Arbeitgeber mit dem Wettbewerbsverbot nur die Absicht hat, jede Stärkung der Konkurrenz durch den Arbeitsplatzwechsel zu verhindern, ohne dass die Gefahr der Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen oder des Einbruchs in den Kundenstamm überhaupt zu befürchten ist.  

3. Hat man als Arbeitnehmer ein Wahlrecht?  

a. Eine Vertragsbestimmung, in der sich ein Arbeitgeber vorbehält, bei Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, ist für den Arbeitnehmer nach einer Grundsatzentscheidung des BAG unverbindlich.  

Der Arbeitnehmer hat dann die Wahl, ob er sich auf die Unverbindlichkeit berufen oder aber Wettbewerb unterlassen und dafür Karenzentschädigung beanspruchen will. Für einen Anspruch auf Karenzentschädigung aus einem für den Arbeitnehmer unverbindlichen Wettbewerbsverbot genügt es, wenn der Arbeitnehmer sich zu Beginn der Karenzzeit endgültig für das Wettbewerbsverbot entscheidet und seiner Unterlassungsverpflichtung nachkommt. Einer darüber hinausgehenden Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber bedarf es nicht. Der Anspruch auf Karenzentschädigung setzt nach der Senatsrechtsprechung voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insoweit einhält, als es nach § 74a Abs. 1 HGB verbindlich ist. Die Einhaltung auch in seinem unverbindlichen Teil ist nicht erforderlich.  

b. Was aber ist, wenn die Karenzentschädigungsregelung vollständig fehlt? 
 
Hat der Arbeitnehmer dann auch noch ein Wahlrecht? Wenn das Wettbewerbsverbot nichtig ist, ist nicht ersichtlich, dass der Arbeitnehmer ein Wahlrecht hat, meint das Bundesarbeitsgericht: Eine Wettbewerbsabrede, die für die Karenz des Arbeitnehmers keine Entschädigung des Arbeitgebers vorsieht, ist nichtig (Senatsurteil 1994). Weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber können aus einer solchen Abrede Rechte herleiten. Der Arbeitnehmer erwirbt auch dann keinen Anspruch auf eine Entschädigung, wenn er sich des Wettbewerbs enthält. Hier gibt es also kein Wahlrecht. Der Grund liegt nach dem BAG darin, dass im Fall des Fehlens einer Karenzentschädigung die in § 74 Abs. 2 HGB bestimmte Rechtsfolge eines Wahlrechts des Arbeitnehmers wirtschaftlich keinen Sinn mache.  

c. Besteht dann doch noch eine Möglichkeit, aus dem nichtigen Wettbewerbsverbot wenigstens eine Mindestkarenzentschädigung abzuleiten?  

Dieses Ergebnis wird von einigen Kommentatoren als "unbefriedigend" beurteilt und ein Anspruch des Arbeitnehmers auf die Mindestentschädigung iSv. § 74 Abs. 2 HGB jedenfalls dann befürwortet, wenn dem Arbeitnehmer die Rechtslage nicht bewusst gewesen sei. Für ihn bestehe - wie das BAG auf diese Meinung hin referiert -  die Gefahr, dass er das Wettbewerbsverbot für verbindlich halte, und sich bei seiner neuen beruflichen Orientierung auch dann danach richte, obwohl er keinen oder nur den vertraglich vereinbarten Entschädigungsanspruch habe. Der Streitfall bot keinen Anlass zur abschließenden Klärung dieser Rechtsfrage. Denn dem Kläger im BAG-Fall war, wie sich aus einem Schreiben an den Arbeitgeber ergab, die Nichtigkeit des entschädigungslos vereinbarten Wettbewerbsverbots bekannt.  

Der ausgeschiedene Angestellte kann nach dem LAG Berlin daraus keinen Entschädigungsanspruch in Höhe der Mindestentschädigung nach § 74 Abs 2 HGB herleiten. Dies gilt auch dann, wenn in einer allgemeinen Präambel zum Arbeitsvertrag auf die gesetzlichen Bestimmungen verwiesen wird, soweit der Vertrag keine günstigeren Vereinbarungen enthält, vgl. Landesarbeitsgericht Berlin 2003. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz das im Jahre 2002 etwas anders gesehen:  

Wenn man nicht fordert, dass der Arbeitgeber von einem nichtigen Vertragsteil in der vertraglich vorgesehenen Form abzurücken hat, so ist die gesetzliche Mindestregelung des § 74 Abs. 2 HGB zu beachten, wenn der Arbeitnehmer mitgeteilt hat, dass er sich an das Wettbewerbsverbot halten werde. Denn immer dann, wenn vertragliche Vereinbarungen nichtig sind, sei der gesetzliche Rahmen zu beachten, so dass eine Mindestentschädigung für den Kläger in Betracht kommt, was das Bundesarbeitsgericht in dem genannten Fall auch für möglich gehalten hat. Allerdings darf sich der Kläger der Rechtslage bezüglich der Verbindlichkeit der Wettbewerbsabrede nicht bewusst gewesen sein.

4. Wenn man völlige Klarheit über eine solche oder ähnliche Regelung herstellen will, kann man auch eine entsprechende Abrede treffen. Die Arbeitsvertragsparteien können nämlich jederzeit durch schriftliche Vereinbarung ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot aufheben oder eben konkret ausgestalten. Kommen Sie in diese Situation können wir ihnen dabei gerne helfen. 


Rechtsanwalt Dr. Palm 



2012/05/24

"Deutsch-Türkische" Zuständigkeiten Familienrecht


Wir befassen uns immer wieder mit Konstellationen, in denen sich Zuständigkeitsprobleme oder Probleme der Anwendung deutschen oder türkischen Sachrechts ergeben. Einige Beispiele: 

1. Türkische Ehegatten: Ehemann wird während der Ehe unter Beibehaltung der türkischen Staatsangehörigkeit Deutscher. Rechtsfolge: Zuständigkeit der deutschen Gerichte, aber türkisches Scheidungsrecht (OLG Hamm 2010).

2. Parteien haben in der Türkei geheiratet. Sie besaßen damals die türkische Staatsangehörigkeit. Die Parteien wurden eingebürgert und besitzen auch die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Ehescheidung richtet sich gem. Art. 17 Abs. 1 Satz 1, 14 Abs. 1 EGBGB nach deutschem Recht, OLG Karlsruhe 2005.

3. Streit türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland um den beweglichen Nachlass eines in Deutschland verstorbenen Türken. Gegeben ist die Zuständigkeit türkischer Gerichte, die ausschließlich international zuständig sind.

4. Allein der Umstand, dass für die Schließung einer Scheinehe in der Türkei türkisches Recht anzuwenden            war und ein Beteiligter türkischer Staatsangehöriger ist, rechtfertigt nicht die Anwendung türkischen materiellen Rechts bei späterer Aufhebung der Ehe in Deutschland, vgl. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 2006. Allerdings ist das Problem oft, die Scheinehenvoraussetzungen nachzuweisen. Begründet hat das Gericht das nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB. Die Nummern 1 und 2 dieser Vorschrift seien nicht einschlägig. Danach unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind.

5. Türkisches Güterrecht - Die güterrechtlichen Wirkungen einer Ehe unterliegen ungeachtet des zwischenzeitlichen Erwerbs der deutschen Staatsbürgerschaft durch die Eheleute türkischem Recht, wenn beide Eheleute bei der Ehescheidung die türkische Staatsangehörigkeit besaßen , vgl. so OLG Hamm 2006.

Die Materie ist nicht einfach. Wir können Sie beraten. 

2012/05/23

Name und Familienrecht


Grundsätzliches 

Wir haben sehr viel Erfahrung mit namensrechtlichen Problemen.  Das Namensrecht ist eine durchaus diffizile Materie, denn von einigen Grundsätzen abgesehen, wundert sich auch der Profi mitunter über die zahlreichen Varianten im Blick auf die Verfahren, den Namen zu ändern, zu modifizieren oder "einzudeutschen". Wenn Sie mit Ihrem Namen nicht zufrieden sind, können wir Ihnen gerne helfen.  

Bundesverfassungsgericht zu Ehedoppelnamen

Aktuell: Das Bundesverfassungsgerichts hat im Mai 2009 über eine Verfassungsbeschwerde entschieden, die sich mit der Fragestellung befasste, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass ein Ehegatte, dessen Geburtsname nicht der Ehename wird, seinen Namen dem Ehenamen nicht voranstellen oder anfügen kann, wenn der Ehename wie hier aus einem Doppelnamen besteht.

Hintergrund: Der Gesetzgeber reformierte im Dezember 1993 das Namensrecht mit dem Familiennamensrechtsgesetz grundlegend und fasste § 1355 BGB neu. Danach sollen die Ehegatten bei der Eheschließung durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten einen gemeinsamen Ehenamen bestimmen, der der Geburtsname des Mannes oder der Frau sein kann. Bestimmen sie keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung weiter. § 1355 Absatz 4 BGB enthält nunmehr das Verbot, einem Ehedoppelnamen einen Begleitnamen oder einem eingliedrigen Ehenamen einen Begleitdoppelnamen hinzuzufügen. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 12 Abs. 1 GG durch § 1355 Absatz 4 Satz 3 BGB. Sie machen geltend, dass sie zum einen ihre Ehe durch einen gemeinsamen Ehenamen dokumentieren wollen. Anderseits wollen sie ihre ursprünglichen Namen auch deshalb nicht aufgeben, weil sie damit ihre Verbundenheit zu Kindern aus der ersten Ehe zum Ausdruck bringen und darüber hinaus als Inhaber von Freiberufler-Praxen die mit ihrem bisherigen Namen verbundene Anerkennung nicht verlieren wollen. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, bloße Ordnungsgesichtspunkte des Gesetzgebers reichten zur Rechtfertigung dieser Regelung nicht aus, denn der Name sei untrennbar mit der Person des Namensträgers und seiner Würde verbunden. Auch die Erfordernisse des Rechts- und Geschäftsverkehrs rechtfertigten nicht den durch § 1355 Absatz 4 Satz 3 BGB erfolgenden schweren Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Ehegatten, dem die Hinzufügung seines Namens zum Ehenamen versagt werde. Zum einen spielten Rechts- und Geschäftsangelegenheiten im täglichen Leben nur eine Randrolle. Zum anderen führten längere Namen dabei allenfalls zu Unbequemlichkeiten.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Regelung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB, nach der ein Ehegatte, dessen Name die Ehegatten nicht zum Ehenamen bestimmt haben, seinen Namen dem Ehenamen als Begleitnamen nicht anfügen darf, wenn der Ehename schon aus mehreren Namen besteht, mit dem Grundgesetz, insbesondere mit dem Persönlichkeitsrecht (Art 2 Abs. 1 iVm Art. 1 Abs. 1 GG) vereinbar ist. Auch der Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG), die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) sind durch diese gesetzliche Regelung nicht beeinträchtigt. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verfolgt ein legitimes gesetzgeberisches Ziel. Der Gesetzgeber hat bei seiner Konzeption des Familiennamensrechts dem Namen mehrere Funktionen gegeben. Zum einen soll der Namensträger die Möglichkeit erhalten, sich selbst im Namen zu finden und Ausdruck zu geben. Zum anderen hat das Namensrecht die Funktion, den Namensträger familial klar zuzuordnen sowie dem Namen seine Identifikationskraft zu erhalten und auch in der Generationenfolge zu sichern. Um dies zu erreichen, hat der Gesetzgeber rechtliche Regelungen getroffen, die die Bildung von Doppel- und Mehrfachnamen weitgehend zurückdrängen sollen. In dieses Konzept fügt sich § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB ein. Die Norm folgt dem Anliegen, Namen zu bilden, die einerseits auch im Rechts- und Geschäftsverkehr praktikabel sind und andererseits in nachfolgenden Generationen nicht zu Namensketten führen. Sie verhindert, dass ein Namensträger einen Namen führt, der im Falle von bisher von den Ehegatten geführten echten Doppelnamen aus bis zu vier Namen bestehen kann. Gleichzeitig schließt der Gesetzgeber damit aus, dass Kinder einen mehrgliedrigen, aus drei Namen bestehenden Geburtsnamen erhalten können. Zwar hat der Gesetzgeber mit den §§ 1617 Abs. 1 und 1617a BGB inzwischen die Möglichkeit eröffnet, einen bereits aus früher geführten Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamen eines Elternteils zum Geburtsnamen eines Kindes zu bestimmen. Es stellt sich insofern die Frage, weshalb der Gesetzgeber zwar die Übertragung eines aus früherem Ehenamen und Begleitnamen zusammengesetzten Doppelnamens eines Elternteils auf ein Kind zulässt, aber die Bildung eines Doppelnamens aus den Namen der Ehegatten als Ehenamen oder aus den Namen der Eltern als Geburtsname ihres Kindes untersagt. Auch wenn der Gesetzgeber mit diesen Regelungen sein Ziel, schon Doppelnamen vor allem als Geburtsnamen von Kindern zu vermeiden, nicht konsequent verfolgt, dient § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB jedenfalls dem legitimen Zweck, das Entstehen von geführten Namen, die aus mehr als zwei Namen bestehen, auszuschließen und damit auch zu verhindern, dass diese zum Geburtsnamen von Kindern werden. Die Norm ist insofern auch geeignet und erforderlich, die vom Gesetzgeber gewünschte Eindämmung von Namensketten zu erreichen. Der durch § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB erfolgende Eingriff in das von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Namensrecht des Ehegatten ist verhältnismäßig. Praktikabilitätsgründe reichen zwar nicht aus, die Regelung zu rechtfertigen. Das gesetzgeberische Anliegen hat aber gereicht, Mehrfachnamen, die über Doppelnamen hinausgehen, generell auszuschließen, um dem Namen seine identifikationsstiftende Funktion zu bewahren. Auch wenn es andere Gestaltungsmöglichkeiten gäbe, obliegt es dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er lange Namensketten schon dort verhindert, wo es um die Möglichkeit eines Ehegatten geht, seinen bisherigen Namen neben dem von beiden Ehegatten gewählten Ehedoppelnamen zu führen, oder ob er die Reduktion von Namen höchstens auf Doppelnamen erst bei der Übertragung der von den Eltern geführten Namen auf ihre Kinder vornimmt. Schließlich ist die Einschränkung des § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB auch zumutbar, weil der Gesetzgeber im Rahmen seiner namensrechtlichen Konzeption den Ehegatten trotz des Ausschlusses, einem gewählten Ehedoppelnamen einen Begleitnamen hinzuzufügen, bei der Wahl ihrer nach Eheschluss geführten Namen eine große Variationsmöglichkeit belassen hat, die ihnen erlaubt, auch ihrem Bedürfnis nach Ausdruck der eigenen Identität nachzukommen. So besteht insbesondere im Fall der Wahl des Doppelnamens eines Ehegatten zum Ehenamen die Möglichkeit, für den anderen Ehegatten im Geschäftsverkehr mit seinem bisher geführten Namen weiter zu firmieren (§ 21 HGB) und den Namen zusammen mit seinem Ehenamen zu tragen. Das deutsche Namensrecht schreibt keine starre Namensführung vor und lässt es ausreichen, wenn mit der Namensunterschrift die eindeutige Identifizierung der Person möglich ist. Lediglich gegenüber Behörden ist der rechtlich anerkannte Name anzugeben. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG. Die Norm gebietet nicht die Wahl eines einheitlichen Ehenamens; sie unterstützt allerdings den Wunsch von Ehegatten, ihre Zusammengehörigkeit in einem gemeinsamen Ehenamen zum Ausdruck bringen zu können. Diesem Anliegen hat der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er den Ehegatten die Möglichkeit eröffnet hat, einen ihrer bisher geführten Namen zum Ehenamen zu bestimmen. Gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstößt die Regelung ebenfalls nicht. § 1355 Abs. 4 Satz 2 BGB kommt keine berufsregelnde Tendenz zu. Wenn die Wahl eines Ehenamens zu einer selbst gewünschten Änderung des bisherigen Namens eines Ehegatten führt mit der Folge, dass dann sein bisher geführter Name entfällt, liegt darin keine eingriffsgleiche Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit. Denn es bleibt dem betroffenen Ehegatten unbenommen, keinen Ehenamen zu bestimmen und seinen bisherigen Namen weiterzuführen, oder bei Wahl eines Ehedoppelnamens jedenfalls als berufliche Bezeichnung unter seinem bisherigen Namen weiter aufzutreten. Schließlich ist auch Art. 3 Abs. 1 GG nicht verletzt. Abgesehen davon, dass hier ungleiche Sachverhalte vorliegen, die der Gesetzgeber entsprechend auch ungleich behandeln kann, gibt es für diese ungleiche Behandlung mit dem gesetzgeberischen Anliegen, Namensketten zu vermeiden, einen hinreichenden Grund, der diese Ungleichbehandlung rechtfertigt.

Ehemaliger Name nach Scheidung - Verbot, Name nach Scheidung zu tragen?

Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat.

Kann man andererseits dem Ex-Ehepartner das Tragen des Familiennamens untersagen? 

Dazu der Bundesgerichtshof (XII ZR 204/02): Die Führung eines durch Eheschließung erworbenen Familiennamens ist grundsätzlich keinen anderen Einschränkungen unterworfen als das Führen eines durch Geburt erworbenen Familiennamens. Ein solcher Unterschied würde aber möglicherweise begründet, wenn der Ehegatte, dessen Geburtsname zum Ehenamen bestimmt worden ist, dem anderen Ehegatten die Fortführung dieses Namens untersagen könnte. Wenn man - jedenfalls für "krasse Einzelfälle"  - ein solches Untersagungsrecht eines Ehegatten für möglich hält, kann es sich dabei doch stets nur um eine Sanktion auf ein Verhalten des anderen Ehegatten handeln, das den Namenserwerb oder die Namensführung des anderen Ehegatten als solche betrifft und in so hohem Maße zu missbilligen ist, dass diesem - auch bei Berücksichtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts an dem aus der Ehe erworbenen Namen - die Fortführung dieses Namens gegen den Willen seines früheren Ehegatten nach Treu und Glauben nicht länger gestattet werden kann.

Einbenennung

Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Sonst wird es schwer - § 1618 BGB Einbenennung: Der Elternteil, dem die elterliche Sorge für ein unverheiratetes Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil zusteht, und sein Ehegatte, der nicht Elternteil des Kindes ist, können dem Kind, das sie in ihren gemeinsamen Haushalt aufgenommen haben, durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten ihren Ehenamen erteilen. Sie können diesen Namen auch dem von dem Kind zur Zeit der Erklärung geführten Namen voranstellen oder anfügen; ein bereits zuvor nach Halbsatz 1 vorangestellter oder angefügter Ehename entfällt. Die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens bedarf der Einwilligung des anderen Elternteils, wenn ihm die elterliche Sorge gemeinsam mit dem den Namen erteilenden Elternteil zusteht oder das Kind seinen Namen führt, und, wenn das Kind das fünfte Lebensjahr vollendet hat, auch der Einwilligung des Kindes. Das Familiengericht kann die Einwilligung des anderen Elternteils ersetzen, wenn die Erteilung, Voranstellung oder Anfügung des Namens zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Die Erklärungen müssen öffentlich beglaubigt werden. § 1617 c gilt entsprechend.

An die Einbenennung sind hohe Anforderungen zu stellen. Sie muss für das Kind "erforderlich" sein; bloße Zweckmäßigkeit genügt nicht. Vgl. dazu jetzt OLG Köln (23.01.2006 - 4 UF 183/05): Das Oberlandesgericht Köln verweist darauf, dass mit der Neufassung des § 1618 BGB, wonach nunmehr die Ersetzung der Einwilligung durch das Gericht "für das Kindeswohl erforderlich" sein muss, der Gesetzgeber bewusst die Voraussetzungen für die Ersetzung der Einwilligung verschärft hat. Die positiv festzustellende Erforderlichkeit der Namensänderung setzt eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraus, wobei Kindes- und Elterninteressen grundsätzlich gleichrangig sind. Das Oberlandesgericht Köln setzt daher die Voraussetzungen sehr hoch an. Zweckmäßigkeit oder dem Kindeswohl dienliche Entscheidungen reichen nicht aus. Wenn zwischen dem Kind und dem leiblichen Vater eine tragfähige Beziehung besteht, wird die Einbenennung scheitern. Erforderlich ist die Einbenennung nach der oben genannten Entscheidung nur, wenn die Trennung des Namensbandes aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist und ein milderer Eingriff in das Elternrecht wie z.B. die "additive" Einbenennung nicht ausreicht. Der BGH hat das in seiner grundsätzlichen Entscheidung so gefasst: Eine Ersetzung der Einwilligung in die Einbenennung setzt eine umfassende Abwägung der Interessen der Beteiligten voraus. Als für das Kindeswohl erforderlich ist eine Einbenennung nur anzusehen, wenn andernfalls schwerwiegende Nachteile für das Kind zu befürchten wären oder die Einbenennung zumindest einen so erheblichen Vorteil für das Kind (aus Gründen des Kindeswohls unabdingbar notwendig ist) darstellen würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Namensbandes nicht bestehen würde. 

Es gibt daher auch keine Regelvermutung zugunsten einer Namensänderung in Stiefkinderfällen, die z.B. der Begründung folgt, sie hätten unter der Namensverschiedenheit in der neuen Familie zu leiden.

Wechsel des Ehenamens 

Bewirkt die bei oder nach der Eheschließung für die Namensführung getroffene Wahl des ausländischen Rechts, dass der deutsche Ehegatte den erworbenen Ehenamen nach diesem Recht nach einer Scheidung nicht fortführen darf, so ist ihm in entsprechender Anwendung des Art. 10 II EGBGB nach rechtskräftiger Scheidung die Rückkehr zum eigenen Personalstatut durch Rechtswahl ermöglicht. Somit kann er ab diesem Zeitpunkt den bisherigen Ehenamen nach § 1355 V BGB auch zukünftig führen. Dort ist geregelt: Der verwitwete oder geschiedene Ehegatte behält den Ehenamen. Er kann durch Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Geburtsnamen oder den Namen wieder annehmen, den er bis zur Bestimmung des Ehenamens geführt hat, oder dem Ehenamen seinen Geburtsnamen oder den zur Zeit der Bestimmung des Ehenamens geführten Namen voranstellen oder anfügen.

Zwölf Vornamen - Zwölf Vornamen für ein Kind sind nicht zulässig. Das Kind würde in seinem späteren Leben immer wieder auffallen. Das Landgericht Düsseldorf hielt vier Vornamen für zulässig. Das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied sich für fünf Vornamen. Die Verfassungsbeschwerde hiergegen war erfolglos (BVerfG - 28.01.2004, 1 BvR 994/98).

Aktuell: Jungen dürfen "Anderson" heißen

Eltern dürfen ihren Söhnen den Vornamen Anderson geben - das ist nun höchstrichterlich festgestellt. Das Bundesverfassungsgericht (Az.: 1 BvR 691/03) gab einem Elternpaar Recht, das seinen inzwischen vier Jahre alten Jungen „Anderson Bernd Peter“ nennen wollte. Das Standesamt hatte dies abgelehnt, weil Anderson in Deutschland als Familien-, nicht aber als Vorname gebräuchlich sei. Die Eltern hielten an der Namenswahl fest und klagten sich durch die Gerichtsinstanzen bis hin zum höchsten deutschen Gericht. Nach den Worten der Verfassungsrichter ist die Wahl des Namens grundsätzlich Sache der Eltern. Das Standesamt darf sich nur dagegen wenden, wenn das Kindeswohl beeinträchtigt ist. Dies sei hier nicht der Fall. Nach Auskunft der Namensberatungsstellen der Universität Leipzig hätten sich Namen mit der Endung "son" inzwischen im deutschen Sprachraum als männliche Vornamen durchgesetzt. Das habe zur Aufnahme von Anderson in das „Internationale Handbuch der Vornamen“ geführt. Zudem werde die Verwechslungsgefahr dadurch verringert, dass die Eltern dem Jungen zwei weitere Vornamen gegeben hätten, erläuterte das Gericht. Der Namensstreit ist aber noch nicht endgültig erledigt. Das Oberlandesgericht Karlsruhe wird nun eine abschließende Entscheidung unter Berücksichtigung dieser Rechtsauffassung treffen. 

Aktuell: Kann ein Junge "Luca" heißen?

In einem Beschluss vom 18.01.2005 hat das Oberlandesgericht Hamm (15 W 343/04) entschieden, dass Eltern ihrem Sohn den Vornamen "Luka" ohne Hinzufügung eines den Zweifel über das Geschlecht ausräumenden Vornamens geben können. Damit wurde ein längerer Rechtsstreit zwischen den Eltern des Kindes und dem Standesamt Herford rechtskräftig zugunsten der Eltern beendet.

Zur Begründung heißt es: Der Vorname "Luca" bzw. "Luka" sei ausweislich der Namensstatistiken der letzten Jahre ganz überwiegend als Vorname für Jungen ausgesucht und nur selten als Mädchenname benutzt worden. Damit sei eine eindeutige Geschlechtszuordnung im allgemeinen Bewusstsein der Bevölkerung anzunehmen, sodass ein weiterer Vorname nicht notwendig sei. Nur wenn ein Vorname geschlechtsneutral – also nicht eindeutig männlich oder weiblich – sei, müsse dem Vornamen ein weiterer geschlechtseindeutiger Vorname beigefügt werden. Bei der Beurteilung, ob ein Vorname geschlechtsneutral sei, müsse auch berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Vorname für Jungen einerseits und Mädchen andererseits gewählt worden sei. Denn wenn ein Vorname überwiegend für ein Geschlecht gewählt werde, sei dieser Vorname gerade nicht geschlechtsneutral. Einer Beigebung eines weiteren Vornamens bedürfe es dann nicht.

Namensänderung - zur Systematik der Änderungsmöglichkeiten 

Ein Vor- oder Familienname darf nur dann geändert werden, wenn ein "wichtiger Grund" gemäß § 3 NamÄndG vorliegt. Ein wichtiger Grund setzt nach der Rechtsprechung voraus, dass das schutzwürdige Interesse des Antragstellers so wesentlich ist, dass die Belange der Allgemeinheit zurücktreten müssen. Das subjektive Interesse, einen anderen Familiennamen oder Vornamen führen zu wollen, reicht nicht aus. Es gilt das Prinzip der Namenskontinuität, d.h. grundsätzlich soll der Name beibehalten werden, weil eine Änderung auch zu diversen Komplikationen führen kann. 

Ein Grund dieser Art kann sein, dass man sich über sie lustig macht, Wortspiele provoziert werden und der Name bereits eine Diskreditierung darstellt bzw. anstößig klingt: Dreckmeier, Fickert, Depp etc. wäre solche Namen. Änderungen von Sammelnamen oder komplizierten, fehleranfälligen Schreibweisen etwa Umlauten können auch ein Kriterium sein.

Ist ein seltener oder auffälliger Familienname durch die Berichterstattung über eine Straftat so eng mit Tat und Täter verbunden, dass in weiten Kreisen der Bevölkerung bei Nennung des Namens auch nach längerer Zeit noch immer ein Zusammenhang hergestellt wird, so kann der Familienname des Täters und gegebenenfalls auch der seiner Angehörigen zur Erleichterung der Resozialisierung geändert werden. Aus der Tatsache allein, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, kann ein wichtiger Grund für eine Namensänderung im allgemeinen nicht abgeleitet werden.

Für die Änderung des Familiennamens eines Pflegekindes in Familiennamen seiner Pflegeeltern ist ein wichtiger Grund im Sinne des § 3 I NamÄndG gegeben, wenn die Namensänderung das Wohl des Kindes fördert und überwiegende Interessen an der Beibehaltung des bisherigen Namens nicht entgegenstehen (BVerwG - Urt.  24.04.1987 - 7 C 120/86 - NJW 188, 85 (86).

Welchen Namen darf man an Stelle des alten Namens wählen?

Der neue Familienname muss zum Gebrauch als Familienname geeignet sein. Er soll nicht den Keim neuer Schwierigkeiten in sich tragen, z.B. kein Sammelname sein. Ein Künstler- oder ein Phantasienname (Pseudonym) soll als Familienname nur gewährt werden, wenn er nach Klang und Schreibweise auch geeignet ist, als Familienname für die Familienangehörigen zu dienen. Namensbildungen, die durch ihre Länge im täglichen Gebrauch zu Schwierigkeiten und z.B. zu Abkürzungen führen, sollen ebenfalls vermieden werden. Durch den neuen Familiennamen darf kein falscher Eindruck über familiäre Zusammenhänge erweckt werden. Auf mutmaßliche Gefühle und Interessen anderer Träger des gewünschten Familiennamens soll Rücksicht genommen werden, auch wenn diese keinen Rechtsanspruch darauf haben, dass der Kreis der Träger dieses Namens nicht durch eine Namensänderung erweitert wird. Ein Familienname, der durch frühere Träger bereits eine Bedeutung, z.B. auf historischem, literarischem oder politischem Gebiet, erhalten hat, soll im Allgemeinen nicht gewährt werden.

Als neuer Familienname kann z.B. der nicht zum Ehenamen gewordene Geburtsname eines Ehegatten oder der Familienname eines Vorfahren gewährt werden.  Daneben kommt, insbesondere bei der Änderung eines fremdsprachigen Namens, die Bildung eines an den bisherigen Namen anklingenden neuen Familiennamens in Frage. Bei Namensänderungen zur Beseitigung von Schwierigkeiten in der Schreibweise oder bei der Aussprache eines Familiennamens genügt in der Regel eine Änderung der Schreibweise des Namens.

Bei einer Änderung des Familiennamens zur Beseitigung einer Verwechslungsgefahr oder bei einem Sammelnamen  kann dem bisherigen Familiennamen auch ein unterscheidender Zusatz im Allgemeinen nicht gewährt werden. Die Namensteile sind durch Bindestrich zu verbinden. Im Übrigen ist bei der Gewährung von Doppelnamen zurückhaltend zu verfahren, da hier im besonderen Maße die Gefahr der Entstehung zu langer oder umständlicher Familiennamen besteht. Sofern der gewünschte Familienname diesen Grundsätzen nicht entspricht, ist dem Antragsteller zur Vermeidung der Ablehnung seines Antrages die Wahl eines anderen Familiennamens anheim zustellen.

Übrigens: Werden nach ISO-Norm für Übersetzungen für eine fremde Sprache (hier: Kyrillisch) andere als lateinische Schriftzeichen verwendet, sind Vor- und Familiennamen durch Transliteration wiederzugeben. Das bedeutet, dass d.h. jedes fremde Schriftzeichen durch ein gleichwertiges lateinisches Schriftzeichen abzubilden ist.

Zuständig sind die Standesämter am (Haupt)Wohnsitz des Mandanten. Die Kosten sind einkommensabhängig oder werden am Verwaltungsaufwand festgemacht. Z.B.: Änderung des Familiennamens: Die Gebühr beträgt mind. 150 € bis 1.000 € (nach Aufwand). 


Erwachsenenadoption


Sittliche Rechtfertigung 


Pflegeleistungen

Oft sind die Bindungsgründe bei einer Erwachsenenadoption "schillernd". Geht es um emotionale Verbundenheit oder eigentlich doch nur um Geld, etwa Steuerersparnisse? Besondere Probleme können dabei Leistungen aufwerfen, die sich sowohl unter das eine wie das andere Stichwort subsumieren lassen. PflegeleistungenGemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Unstreitig muss ein familienbezogenes Motiv der maßgebliche Anlass für die Annahme sein. Spielen mehrere Motive eine Rolle, so muss das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv sein, wenn es sich im Übrigen nur um Nebenmotive handelt. Nicht ausreichend ist die Tatsache, dass der Annehmende mit der Adoption vor allem bezweckt, den Anzunehmenden stärker an sich zu binden, damit er sich auch in Zukunft der - entgeltlichen - Pflegeleistungen des Anzunehmenden sicher sein könne. Auch der Vortrag, den Antragstellern dürfe das zwischen ihnen bestehende Pflegedienstverhältnis nicht zum Nachteil gereichen, da nur über dieses Dienstverhältnis die gewünschte nahe Beziehung aufrechterhalten werden könne, denn der Annehmende könne nur so seine Pflege und der Anzunehmende seine wirtschaftliche Existenz absichern, wurde nicht akzeptiert.
Außergewöhnliche Härte - Die familiäre Verbundenheit zwischen Eltern und erwachsenen Kindern ist regelmäßig nicht derart beschaffen, dass von Verfassungs wegen die Ermöglichung des Familiennachzugs geboten wäre. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung nur, wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt. Das ist äußerst schwierig nachzuweisen. Das heißt nämlich, dass der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige ein eigenständiges Leben allein nicht führen kann, sondern auf die Gewährung von familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und diese Hilfe zumutbar nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. Wer im Ausland eigenständig aufwächst und volljährig ist, ist regelmäßig nicht auf familiäre Hilfe von Eltern im Bundesgebiet angewiesen. Fehlende Arbeit, keine Familie und fehlender fester Wohnsitz begründen nach der Rechtsprechung nicht automatisch eine außergewöhnliche Härte.
Wenn jemand Lebenshilfe leistet, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die betreute Person darauf angewiesen ist. Wenn jemand im Familienverband mit in gerader Linie Verwandten lebt und sich nach dem Vortrag letztlich die gesamte Familie um die Betreuung kümmert, kann das ausreichend sein. Selbst wenn jemand unter Umständen solche Leistungen zuverlässiger erbringt als seine Geschwister, belegt das nicht, dass die erbrachte Beistandsleistung geradezu unverzichtbar wäre. Nur wenn die Beistandsleistung jedoch geradezu unverzichtbar wäre, könnte von einer außergewöhnlichen Härte, die gravierender als eine besondere Härte ist, ausgegangen werden.

Qualifizierte Beistandsgemeinschaft - Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Art. 6 Abs. 1 GG, nach dem der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörden verpflichtet, bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung die familiären Bindungen des Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigter Weise im Bundesgebiet aufhalten, bei ihrer Ermessensausübung entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. In dieser Konstellation komme es nicht darauf an, ob eine tatsächlich geleistete Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden kann. Das betrifft die von dem Grundrecht aus Art. 6 GG in den Blick genommene Familie im Sinne einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, also das Verhältnis von Ehegatten oder der Eltern zu ihren minderjährigen Kindern. So kann etwa der Erziehungsbeitrag eines (ausländischen) Vaters nicht durch den der Kindsmutter „ersetzt“ werden. Aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen können sich insbesondere ergeben, wenn die Adoptivfamilie nicht nur Begegnungsgemeinschaft ist, sondern im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt.


Lassen Sie sich von uns beraten. Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Mobbing Fürsorgepflicht Beamte


Bei dem Mobbing gegen Beamte ist die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, auch wenn die für Beamte nicht zuständig sind, heranzuziehen, da die materiellrechtlichen Erwägungen ähnlich sind.

Das Gesetz zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern Beamtenstatusgesetz hält in § 45 Fürsorge fest: Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.  


Hört sich gut an, aber was heißt das?
Er muss danach vor rechtswidrigen persönlichen Angriffen durch Vorgesetzte und Mitarbeiter, die ihn mobben, geschützt werden.Nur ein Verhalten des Dienstherrn, das objektiv fürsorgepflichtwidrig und schuldhaft ist und adäquat - kausal einen Schaden herbeigeführt hat, kann einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht begründen (So Verwaltungsgericht Saarland 2011).  Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich - wie das Gericht ausführt - auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beamten.

Eine Versetzung in den Innendienst, um mögliche Beeinträchtigungen des notwendigen Vertrauens der Öffentlichkeit in die Korrektheit polizeilichen Handels zu vermeiden, stellt weder eine Strafversetzung dar, noch ist sie als Mobbing zu bezeichnen (Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen 2011). Dass ein Beamter, der nach einer Umsetzung in einem neuen Aufgabengebiet tätig ist, während der Einarbeitungszeit keine Zeichnungsbefugnis erhält und von ihm bearbeitete Vorgänge vor Abgang dem Vorgesetzten vorzulegen hat, stellt für sich genommen ebenfalls keine Schikane dar (wie vor). 
Dienstunfähigkeit und Mobbing
Man sollte sich darüber im Klaren sein, dass Klageverfahren wegen Dienstunfähigkeit nicht das probate Mittel sind, Mobbing wegen der Verletzungen der Fürsorgepflicht des Dienstherrns untersuchen zu lassen. Das hat das VG München 2010 ziemlich deutlich erläutert: 
Die Ursache des die Dienstunfähigkeit begründenden körperlichen Zustandes sei - gleichviel, ob sie in einem von dem Kläger behaupteten Mobbing oder in anderen ihn krank machenden Umständen zu finden sein sollte - nicht Bestandteil des gesetzlichen Tatbestandes, der die Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Im Mittelpunkt der Dienstunfähigkeitsprüfung stehe nicht die vergangenheitsbezogene Aufarbeitung erlittenen fürsorgepflichtwidrigen Unrechts oder die gegenwartsbezogene Heilung eines krankhaften Zustands steht. Sondern es ginge nur um die Frage, ob der Beamte die Gewähr bietet, seine Dienstaufgaben zu erfüllen und dabei der ihm auferlegten Verantwortung gerecht zu werden. Und weiterhin darum, ob er infolge seines gesundheitlichen Zustands bei der Dienstausübung sich selbst oder andere gefährden könnte. Für die Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit kommt es also regelmäßig nicht darauf an, worauf die Dienstunfähigkeit zurückzuführen ist.

Hinweis Button Rechtsanwalt


Das "Gesetz zum besseren Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr" tritt zum 1. August 2012 in Kraft.


Dann müssen Internet-Angebote obligatorisch eine Schaltfläche mit dem Text "zahlungspflichtige Bestellung" oder einer ähnlich deutlichen Erklärung versehen werden. Deswegen heißt die Regelung Button-Gesetz. Mit dieser Applikation soll dem Nutzer umstandslos und unmissverständlich klar werden, was die Folgen seines Handelns sind. Ähnlich wie bei der Dauerdiskussion um Allgemeine Geschäftsbedingungen geht es darum, dass Kosten nicht in das Kleingedruckte gehören.  Verbraucher müssen weiterhin über zahlreiche zentrale Vertragselement wie Mindestlaufzeiten oder Lieferkosten eindeutig unterrichtet werden. Enthält die Bestellfläche nicht diese Informationen, gibt es keinen wirksamen Vertrag, also auch keine Zahlungspflicht. Das Gesetz gilt für alle Online-Bestellvorgänge.


Rufen Sie uns an oder schicken uns ein Email, wenn sie von uns beraten werden wollen. 

2012/05/22

Pflegeleistungen - Erwachsenenadoption- Sittliche Rechtfertigung


Oft sind die Bindungsgründe bei einer Erwachsenenadoption "schillernd". Geht es um emotionale Verbundenheit oder eigentlich doch nur um Geld, etwa Steuerersparnisse? Besondere Probleme können dabei Leistungen aufwerfen, die sich sowohl unter das eine wie das andere Stichwort subsumieren lassen. 

Pflegeleistungen


Gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB kann ein Volljähriger als Kind angenommen werden, wenn die Annahme sittlich gerechtfertigt ist. § 1767 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB bestimmt, dass die sittliche Rechtfertigung der Annahme eines Volljährigen als Kind insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden ein Eltern-Kind-Verhältnis bereits entstanden ist. Unstreitig muss ein familienbezogenes Motiv der maßgebliche Anlass für die Annahme sein. Spielen mehrere Motive eine Rolle, so muss das familienbezogene Motiv das Hauptmotiv sein, wenn es sich im Übrigen nur um Nebenmotive handelt. Nicht ausreichend ist die Tatsache, dass der Annehmende mit der Adoption vor allem bezweckt, den Anzunehmenden stärker an sich zu binden, damit er sich auch in Zukunft der - entgeltlichen - Pflegeleistungen des Anzunehmenden sicher sein könne. Auch der Vortrag, den Antragstellern dürfe das zwischen ihnen bestehende Pflegedienstverhältnis nicht zum Nachteil gereichen, da nur über dieses Dienstverhältnis die gewünschte nahe Beziehung aufrechterhalten werden könne, denn der Annehmende könne nur so seine Pflege und der Anzunehmende seine wirtschaftliche Existenz absichern, wurde nicht akzeptiert.
Außergewöhnliche Härte Die familiäre Verbundenheit zwischen Eltern und erwachsenen Kindern ist regelmäßig nicht derart beschaffen, dass von Verfassungs wegen die Ermöglichung des Familiennachzugs geboten wäre. Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung nur, wenn die Familie im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt, weil ein Familienmitglied auf die Lebenshilfe eines anderen Familienmitglieds angewiesen ist und sich diese Hilfe ausschließlich in der Bundesrepublik Deutschland erbringen lässt. Das ist äußerst schwierig nachzuweisen. Das heißt nämlich, dass der im Bundesgebiet oder der im Ausland lebende Familienangehörige ein eigenständiges Leben allein nicht führen kann, sondern auf die Gewährung von familiärer Lebenshilfe angewiesen ist und diese Hilfe zumutbar nur im Bundesgebiet erbracht werden kann. Wer im Ausland eigenständig aufwächst und volljährig ist, ist regelmäßig nicht auf familiäre Hilfe von Eltern im Bundesgebiet angewiesen. Fehlende Arbeit, keine Familie und fehlender fester Wohnsitz begründen nach der Rechtsprechung nicht automatisch eine außergewöhnliche Härte.
Wenn jemand Lebenshilfe leistet, so kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die betreute Peson darauf angewiesen ist. Wenn jemand im Familienverband mit in gerader Linie Verwandten lebt und sich nach dem Vortrag letztlich die gesamte Familie um die Betreuung kümmert, kann das ausreichend sein. Selbst wenn jemand unter Umständen solche Leistungen zuverlässiger erbringt als seine Geschwister, belegt das nicht, dass die erbrachte Beistandsleistung geradezu unverzichtbar wäre. Nur wenn die Beistandsleistung jedoch geradezu unverzichtbar wäre, könnte von einer außergewöhnlichen Härte, die gravierender als eine besondere Härte ist, ausgegangen werden.

Qualifizierte Beistandsgemeinschaft


Das Bundesverfassungsgericht hat darauf hingewiesen, dass Art. 6 Abs. 1 GG, nach dem der Staat die Familie zu schützen und zu fördern hat, die Ausländerbehörden verpflichtet, bei der Entscheidung über die Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung die familiären Bindungen des Aufenthalt begehrenden Ausländers an Personen, die sich berechtigter Weise im Bundesgebiet aufhalten, bei ihrer Ermessensausübung entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen in ihren Erwägungen zur Geltung zu bringen. In dieser Konstellation komme es nicht darauf an, ob eine tatsächlich geleistete Lebenshilfe auch von anderen Personen erbracht werden kann. Das betrifft die von dem Grundrecht aus Art. 6 GG in den Blick genommene Familie im Sinne einer Lebens- und Erziehungsgemeinschaft, also das Verhältnis von Ehegatten oder der Eltern zu ihren minderjährigen Kindern. So kann etwa der Erziehungsbeitrag eines (ausländischen) Vaters nicht durch den der Kindsmutter „ersetzt“ werden. Aufenthaltsrechtliche Schutzwirkungen können sich insbesondere ergeben, wenn die Adoptivfamilie nicht nur Begegnungsgemeinschaft ist, sondern im Kern die Funktion einer Beistandsgemeinschaft erfüllt.

Erwachsenenadoption - Unterhalt - Vermögen


Erwachsenenadoption

Folgen
Erbrecht
Unterhalt


Einige Fragen und Antworten zum Thema Erwachsenenadoption
Erbrecht - Unterhalt - Vermögensfolgen
Welche Unterhaltsverpflichtungen kommen auf den Annehmenden zu?
Verwandte in gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsverpflichtete für seine mangelnde Leistungsfähigkeit bei der Geltendmachung von Mindestunterhalt die vollständige Darlegungs- und Beweislast trägt. Die für einen Unterhaltsanspruch vorausgesetzte Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten wird nicht allein durch das tatsächlich vorhandene Einkommen/Vermögen des Unterhaltsschuldners, sondern vielmehr auch durch seine Erwerbsfähigkeit bestimmt.

Ist eine zukünftige Unterhaltsverpflichtung nicht ausgeschlossen, wenn der Angenommene bereits eine Schul- und Berufsausbildung absolviert hat?

Ein Unterhaltsanspruch nach § 1610 Abs.2 BGB auf Unterhaltsleistungen für eine angemessene, der Begabung, Neigung und Leistungsfähigkeit entsprechende Ausbildung eines Kindes setzt im Gegenseitigkeitsverhältnis gemäß § 1618 a BGB voraus, dass der Unterhaltsberechtigte die Ausbildung mit Fleiß und der gebotenen Zielstrebigkeit in angemessener und im üblichen Zeitrahmen durchführt und beendet. Nach § 1610 Abs. 2 BGB umfasst der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf.

Ziel der begabungsbezogenen Ausbildung ist es, dem unterhaltsberechtigten Kind zu ermöglichen, künftig seinen Unterhalt und gegebenenfalls den seiner Familie sicherzustellen. Nach erfolgreichem Abschluss einer angemessenen Ausbildung hat das Kind grundsätzlich keinen Anspruch auf eine zweite Ausbildung (So BGH, FamRZ 2006, 1100). Unterhaltsrechtlich kommt eine Aneinanderreihung zweier Ausbildungen also grundsätzlich nicht in Betracht, es sei denn, es handelt sich um einen einheitlichen Ausbildungsgang. Hier entscheidet oft das typische Ausbildungs- und Berufsprofil. Zu berücksichtigen sind also regelmäßig nur Weiterbildungen, die einen einheitlichen Charakter besitzen.

Muss man auch für die Kinder des angenommenen Kindes Unterhalt leisten?

Das folgt allgemeinen Regeln. Großelternunterhalt wird nur restriktiv gewährt. § 1603 Abs. 1 BGB gewährleistet jedem Unterhaltspflichtigen vorrangig die Sicherung seines eigenen angemessenen Unterhalts. Ihm sollen grundsätzlich die Mittel verbleiben, die er zur angemessenen Deckung des seiner Lebensstellung entsprechenden allgemeinen Bedarfs benötigt. In welcher Höhe dieser Bedarf des Verpflichteten zu bemessen ist, obliegt der tatrichterlichen Beurteilung des Einzelfalls. Den in den diversen Unterhaltstabellen angesetzten Selbstbehaltsbeträgen, die ein Unterhaltsverpflichteter gegenüber einem minderjährigen oder einem volljährigen Kind verteidigen kann, liegen selbstverständlich andere Lebensverhältnisse zugrunde als im Verhältnis von Großeltern zu Enkeln. Eltern müssen regelmäßig damit rechnen, ihren Kindern auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus zu Unterhaltsleistungen verpflichtet zu sein, bis diese - wie vor - ihre Berufsausbildung abgeschlossen haben und wirtschaftlich selbständig sind.

Mit einer solchen, der natürlichen Generationenfolge entsprechenden Entwicklung kann indessen weder die Inanspruchnahme auf Elternunterhalt noch der Fall gleichgestellt werden, dass Enkel von ihren Großeltern Unterhalt verlangen, weil die - gemäß § 1606 Abs. 2 BGB vorrangig haftenden - Eltern mangels Leistungsfähigkeit oder deswegen ausfallen, weil die Rechtsverfolgung wesentlich erschwert ist (§ 1607 Abs. 1 und 2 BGB). Der Bundesgerichtshof hat deshalb die Auffassung vertreten, dass der angemessene Selbstbehalt, der einem Verpflichteten bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen gegenüber dem Unterhaltsbegehren eines volljährigen Kindes als Mindestbetrag gewährt wird, um einen maßvollen Zuschlag erhöht wird, wenn das Unterhaltsbegehren anderer Verwandter zu beurteilen ist. Wie der Senat zum Elternunterhalt entschieden hat, braucht der Unterhaltspflichtige eine spürbare und dauerhafte Senkung seines berufs- und einkommenstypischen Unterhaltsniveaus jedenfalls insoweit nicht hinzunehmen, als er nicht einen nach den Verhältnissen unangemessenen Aufwand betreibt.

Mit Rücksicht darauf ist es gerechtfertigt, dass der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinen unterhaltsbedürftigen Eltern mit einem erhöhten Betrag, wie er in den Tabellen und Leitlinien insoweit als Mindestbetrag vorgesehen ist, angesetzt und gegebenenfalls noch dadurch erhöht wird, dass dem Unterhaltspflichtigen ein etwa hälftiger Anteil seines für den Elternunterhalt einsetzbaren bereinigten Einkommens zusätzlich verbleibt. Diese Erwägungen gelten auch für das Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen Großeltern und Enkeln. Auch insofern gilt, dass eine Inanspruchnahme in der Regel erst stattfindet, wenn der Unterhaltsverpflichtete sich selbst bereits in einem höheren Lebensalter befindet, seine Lebensverhältnisse demzufolge bereits längerfristig seinem Einkommensniveau angepasst hat, Vorsorge für sein eigenes Alter treffen möchte oder sogar bereits Rente bezieht und sich dann einer Unterhaltsforderung ausgesetzt sieht, für die nach der natürlichen Generationenfolge die Eltern aufzukommen haben und für die er deshalb nur nachrangig haftet.

Hier besteht also ein Vorrangverhältnis: Den Enkeln des Unterhaltspflichtigen gehen im übrigen sein Ehegatte oder geschiedener Ehegatte, die nach § 1615 l BGB Unterhaltsberechtigten und seine Kinder im Rang vor. Für Großeltern besteht dagegen keine gesteigerte Unterhaltspflicht, sondern sie haften allein unter Berücksichtigung ihres angemessenen Eigenbedarfs, und zwar nachrangig.

Muss das angenommene volljährige Kind noch für die leiblichen Eltern Unterhalt leisten, wenn das Verhältnis zu dieser Familie strapaziert war?

Das ist keine leicht zu beantwortende Frage, weil die Leistungen der bisherigen „Adoptionsfamilie“ sowie das Verhältnis zum Kind genau zu betrachten wären. Es gibt in solchen Konstellationen den Einwand der Verwirkung. Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen den Unterhaltspflichtigen oder einen nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, die der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt sogar nach dem Gesetz ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre, so das Gesetz.

Was heißt das konkret? § 1611 BGB ist eine sehr eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Der Umstand, dass z. B. eine unterhaltsberechtigte Mutter in der Vergangenheit wiederholt ihre volljährige Tochter erheblich gekränkt und beleidigt sowie seit Jahren den Kontakt zu ihr abgebrochen hat, begründet zum Beispiel noch nicht den Vorwurf der vorsätzlichen schweren Verfehlung im Sinne von § 1611 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 BGB. Solches Fehlverhalten eines Elternteils, das sich auf einem zwar menschlich und gesellschaftlich betrachtet bedauerlichen, aber nicht völlig ungewöhnlichen Niveau bewegt, kann nicht zu einer Kürzung oder Versagung des Unterhaltsanspruchs führen – wie die Rechtsprechung festgestellt hat. Also es müssten schon schwerwiegendste Gründe vorliegen, im Fall der Leistungsfähigkeit von Angenommener, sich gegenüber jeglicher Unterhaltsforderung freizuzeichnen.
Würde im Falle einer Adoption erst ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Adoption in die Pflichten eintreten, oder wäre ein Fall denkbar, wo man nun auch alte aufgelaufene Verbindlichkeiten der „vormaligen“ Eltern begleichen müsste?

Mit der Adoption tritt die Rechtswirkung der vorrangigen Inanspruchnahme des Annehmenden für Unterhaltsansprüche ein. Entstandene Ansprüche treffen den, gegenüber dem sie entstanden sind. Es gibt keine „Universalsukzession“ wie im Erbrecht, also die Wirkung, dass ein Rechtsnachfolger sämtliche Rechte, aber auch alle Pflichten übernimmt.

Kann man verhindern, dass Erbansprüche des Adoptivkindes entstehen?

Die Annahme bewirkt, dass leibliche Kinder nicht mehr die einzigen gesetzlichen Erben erster Ordnung (§ 1924 Abs. 1 BGB) sind und damit in ihrer Erb- und ggf. auch Pflichtteilsquote beeinträchtigt sind. Es besteht aber nach der Rechtsprechung kein schützenswertes Interesse eines Erb- oder Pflichtteilsberechtigten an einer bestimmten Werthaltigkeit dieses Rechts. Zunächst gilt folgendes Prinzip: Bei der Volljährigenadoption ist durch das Familiengericht deren Bedeutung für die unmittelbar Beteiligten abzuwägen mit den materiellen und immateriellen Interessen von Kindern des Annehmenden. Die hierfür erforderliche umfassende Gesamtabwägung verbietet es, in diesen Fällen die Adoption eines Erwachsenen allerdings nur ausnahmsweise zuzulassen und gleichsam dem ersten Anschein nach ein regelmäßiges Überwiegen der Kindesinteressen nach § 1769 BGB anzunehmen. Die Annahme eines Volljährigen darf nicht ausgesprochen werden, wenn ihr überwiegende Interessen der Kinder des Annehmenden oder des Anzunehmenden entgegenstehen, § 1769 BGB.

Ohnehin ist man als Vermögensinhaber in seinen wirtschaftlichen Dispositionen grundsätzlich frei. Man könnte ein Grundstück übertragen mit der Folge, dass es bei der Erb- oder Pflichtteilsberechnung gänzlich außer Betracht bliebe. Allerdings verbinden sich damit auch Folgeprobleme. Typisches Problem: Hat der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergänzung des Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Das wird aber vom Gesetz inzwischen relativiert: Die Schenkung wird innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall in vollem Umfang, innerhalb jedes weiteren Jahres vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berücksichtigt. Sind zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt.
Denkbar wäre auch folgende Variante: Überträgt der Erblasser das mit einem Einfamilienhaus bebaute Grundstück an den späteren Erben, behält er sich aber dort ein lebenslängliches Wohnrecht vor und trifft er weiter Vorsorge, dass er wesentlichen Einfluss auf die weitere Verwendung des Hausgrundstücks hat, so liegt darin aber nicht mal eine Leistung in diesem vorbenannten Sinne. Die Verfügung über einen Gegenstand stellt nur dann eine Leistung im Sinne des § 2325 Abs. 3 BGB dar, wenn der Schenker den Gegenstand auch wirklich an den Beschenkten verliert. Von dem fiktiven Nachlass, aus dem der Pflichtteilsergänzungsanspruch berechnet wird, wollte das Gesetz nur solche Schenkungen ausnehmen, deren Folgen der Erblasser längere Zeit hindurch zu tragen und in die er sich daher einzugewöhnen hatte. Darin sah der Gesetzgeber eine gewisse Sicherheit vor Schenkungen in böslicher Absicht, durch die Pflichtteilsberechtigte benachteiligt werden sollen. Deshalb gilt eine Schenkung nicht als im Sinne von § 2325 Abs. 3 BGB geleistet, wenn der Erblasser den "Genuss" des verschenkten Gegenstands nach der Schenkung nicht auch tatsächlich entbehren muss, so die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.

Im Übrigen kommt im Fall einer Erwachsenenadoption auch ein Erbverzicht in Betracht: Verwandte sowie der Ehegatte des Erblassers können nach dem Gesetz durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er hat kein Pflichtteilsrecht. Der Verzicht kann auch auf das Pflichtteilsrecht beschränkt werden.
Zwar werden mitunter Bedenken gegenüber dem Erbverzicht im Rahmen einer Erwachsenenadoption erhoben, weil das die Eltern-Kind-Beziehung relativiere und der Erwachsenenadoption zuwiderlaufe. Der vertragliche Ausschluss eines Teils der vermögensrechtlichen Wirkungen der Annahme lässt jedoch nach einer Entscheidung des OLG Hamm nicht den Schluss darauf zu, dass die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses nicht beabsichtigt ist. In diesem Zusammenhang ist mitentscheidend, dass der Erbverzicht in der notariellen Urkunde ausdrücklich mit Rücksicht auf die leiblichen Kinder der Annehmenden erklärt wird, also Gründen entspricht, die das Gesetz durchaus sieht.

Kann man ein Kind alleine annehmen, um bestimmte unterhalts- und erbrechtliche Wirkungen auszuschließen?

Wer nicht verheiratet ist, kann ein Kind nur allein annehmen. Ein Ehepaar kann ein Kind dagegen nur gemeinschaftlich annehmen. Ein Ehegatte kann wiederum ein Kind seines Ehegatten allein annehmen (§ 1741 Zulässigkeit der Annahme). BGB § 1741 Abs. 2 schließt die Adoption durch einen Ehegatten alleine selbst dann aus, wenn der andere Ehegatte der Kindesannahme zustimmt. Dies gilt selbst dann, wenn es sich um eine Volljährigenadoption handelt und die Ehegatten bereits seit vielen Jahren getrennt leben.

Können leibliche Kinder verhindern, dass es zu einer Erwachsenenadoption kommt?

Der Gesetzgeber trägt nur dem Umstand Rechnung, dass die leiblichen Kinder in ihren Interessen in Abwägung mit Ihren Interessen an der Adoption berücksichtigt werden. Hier gelten die Regelungen des 1769 BGB. Danach sind die materiellen und immateriellen Interessen der Kinder dem Wert und der Bedeutung der Adoption für die unmittelbar Beteiligten gegenüberzustellen und abzuwägen. Steuerliche und sonstige wirtschaftliche Erwägungen überlagern regelmäßig das familienbezogene Motiv nicht, wenn das ausreichend dargestellt werden kann. So wurde – in einem Ausnahmefall - eine Erwachsenenadoption abgelehnt, wenn das einzige leibliche Kind des Annehmenden dessen Unternehmen fortführen soll, das Adoptivkind sich seinen Erbteil vermutlich auszahlen lassen wird und für einen solchen Fall die Gefahr besteht, dass der Betrieb nicht mehr existenzfähig ist. Mit anderen Worten: Das sind seltene Fallkonstellationen.

Welche finanziellen Belastungen können auf die Adoptivfamilie zukommen, wenn ein allein Annehmender später heiratet?

Die Heirat führt nicht dazu, dass das Adoptivkind das Kind des neuen Ehegatten wird. Es gibt aber unter Umständen indirekte Wirkungen. Die Wiederverheiratung eines unterhaltspflichtigen Elternteils ist unterhaltsrechtlich beachtlich, da es sich zum Vorteil des Kindes auswirken kann, dass der aus eigenen Einkünften nicht leistungsfähige Elternteil einen Anspruch auf Familienunterhalt hat. Die Einkommenssituation der Familie kann sich durch die Heirat positiv wie negativ verändern. Insofern kommt es zunächst darauf an, ob die Ehefrau Einkünfte hat und damit eine Entlastung für den Unterhaltspflichtigen darstellt, sodass er leistungsfähiger wird – oder eben umgekehrt, dass er größeren finanziellen Belastungen ausgesetzt sind durch eine neu hinzutretende Unterhaltsverpflichtung. Grundsätzlich besteht gemäß § 1360 BGB eine Verpflichtung zum Familienunterhalt der Eheleute. Dem „Nichtverdiener“ sind ausreichende finanzielle Mittel zur Haushaltsführung zu überlassen. Dabei umfasst der angemessene Unterhalt der Familie alles, was nach den Verhältnissen der Ehegatten erforderlich ist, um die Kosten des Haushalts zu bestreiten und die persönlichen Bedürfnisse der Ehegatten zu befriedigen, § 1360 a BGB.

So gibt § 1605 BGB dem Unterhaltsberechtigten nicht allein einen Auskunftsanspruch hinsichtlich der Einkünfte und des Vermögens des Unterhaltsverpflichteten selbst. Im Falle eines aus eigenen Einkommensverhältnissen nicht leistungsfähigen, wieder verheirateten Elternteils kann das unterhaltsberechtigte Kind vielmehr auch Informationen über das Einkommen des neuen Ehegatten verlangen (BGH, Urt. v. 2.6.2010 - XII ZR 124/08).

Nach § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Verwandte in gerader Linie einander verpflichtet, auf Verlangen über ihre Einkünfte und ihr Vermögen Auskunft zu erteilen, soweit dies zur Feststellung eines Unterhaltsanspruchs oder einer Unterhaltsverpflichtung erforderlich ist. Der Auskunftsberechtigte soll dadurch die Möglichkeit erhalten, sich rechtzeitig Gewissheit über die jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu verschaffen, um seine Ansprüche genau zu berechnen und Einwendungen in begründeter Form vorbringen zu können sowie das Kostenrisiko für das Betragsverfahren zu begrenzen. Dabei ist der Auskunftsanspruch auf die Offenbarung der Verhältnisse des Auskunftspflichtigen gerichtet. Um die notwendigen Kenntnisse über die unterhaltsrelevanten Tatsachen zu erhalten, können indessen weitergehende Angaben erforderlich sein, als sie sich aus den vom Auskunftspflichtigen aus selbständiger oder nicht selbständiger Tätigkeit, Gewerbebetrieb, Vermögen, Vermietung und Verpachtung oder dergleichen erzielten Einkünften ergeben. Gleichermaßen von Bedeutung kann, etwa bei unzureichendem Einkommen des Unterhaltspflichtigen, sein, ob er seinerseits über Unterhaltsansprüche verfügt die seinen Eigenbedarf decken.

Der unterhaltsverpflichtete Elternteil hat daher nicht nur über seine eigenen Einkommensverhältnisse Auskunft zu geben, sondern - auf Verlangen des potentiell Berechtigten - zusätzlich Angaben über die Einkünfte seines Ehegatten zu machen, soweit solche erforderlich sind, um den Anteil am Familienunterhalt bestimmen zu können. Der an den Unterhaltspflichtigen zu leistende Familienunterhalt lässt sich unter die nach dem Wortlaut des § 1605 Abs. 1 Satz 1 BGB zu offenbarenden Einkommens- und Vermögensverhältnisse fassen. Da der Anspruch auf Familienunterhalt nach seiner Ausgestaltung allerdings nicht auf Gewährung einer - frei verfügbaren - laufenden Geldrente für den jeweils anderen Ehegatten, sondern als gegenseitiger Anspruch der Ehegatten darauf gerichtet ist, dass jeder von ihnen seinen Beitrag entsprechend seiner nach dem individuellen Ehebild übernommenen Funktion leistet wird er grundsätzlich nicht beziffert. Zu seiner Darlegung sind deshalb die ihn beeinflussenden Einkünfte mitzuteilen. Wenn und soweit die Kenntnis der Einkommensverhältnisse des Ehegatten erforderlich ist, weil diese eine Grundlage für die Beurteilung des Unterhaltsanspruchs bilden, muss der Ehegatte akzeptieren, dass seine Verhältnisse dem Auskunftsberechtigten bekannt werden.

Der Ehegatte steht zwar außerhalb des Unterhaltsrechtsverhältnisses, weshalb er nicht auf Auskunft in Anspruch genommen werden kann. Er ist aber kein unbeteiligter Dritter, sondern mit dem Unterhaltspflichtigen verheiratet, und schuldet diesem seinerseits Familienunterhalt. Er muss es deshalb hinnehmen, dass seine Einkommensverhältnisse, soweit erforderlich, bekannt gegeben werden, wie er gleichermaßen akzeptieren müsste, wenn der Unterhaltspflichtige im Rahmen der Erteilung von Auskünften über bezogene Steuererstattungen beide Ehegatten betreffende Steuerbescheide nach den vorgenannten Maßgaben vorlegen müsste.

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