2014/02/14

Bundesarbeitsgericht 2013 Fortbildungskosten Ausbildungskosten

Wichtige Entscheidung zum Thema Ausbildungskosten

Eine Klausel, die den Arbeitnehmer ohne Ausnahme für jeden Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eigenkündigung mit einer Rückzahlungspflicht für entstandene Ausbildungskosten belastet, ist nicht rechtmäßig. Einen solchen Fall hat das BAG 2013 entschieden. Die Bestimmung unterschied insoweit nicht danach, ob der Grund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Sphäre des Arbeitgebers oder der des Arbeitnehmers entstammt. Die Klausel differenzierte zwar grundsätzlich zwischen zwei unterschiedlichen Beendigungstatbeständen, und zwar zwischen der vom Arbeitnehmer ausgesprochenen Kündigung einerseits und der vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung andererseits. Nur bei Letzterer wurde eine Einschränkung dahin vorgenommen, dass die Rückzahlungsverpflichtung nur dann eingreifen soll, wenn die Kündigung aus wichtigem Grund ausgesprochen wird. Im Falle der Eigenkündigung durch den Arbeitnehmer bestand  die Rückzahlungspflicht jedoch ohne Einschränkung, also auch dann, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber (mit)veranlasst wurde, zum Beispiel durch ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitgebers. Dadurch wird der Beklagte unangemessen benachteiligt (Dazu BAG 2011).  


Es ist nicht zulässig, die Rückzahlungspflicht schlechthin an das Ausscheiden aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist zu knüpfen. Vielmehr muss in diesen Fällen nach dem Grund des vorzeitigen Ausscheidens differenziert werden (BAG 2006). Was ist der Sinn der Differenzierung. Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen. Verluste aufgrund von Investitionen, die nachträglich wertlos werden, hat grundsätzlich der Arbeitgeber zu tragen. 

Hätte der Arbeitnehmer die in seine Aus- und Weiterbildung investierten Betriebsausgaben auch dann zu erstatten, wenn die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausschließlich dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzurechnen sind, würde er mit den Kosten einer fehlgeschlagenen Investition des Arbeitgebers belastet. Sieht eine Vertragsklausel auch für einen solchen Fall eine Rückzahlungspflicht vor, berücksichtigt sie entgegen § 307 Abs. 1 BGB nach dem BAG nicht die wechselseitigen Interessen beider Vertragspartner, sondern nur diejenigen des Arbeitgebers. Dadurch werde der Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt.

Wir befassen uns mit diesen Fragen häufig, fragen Sie uns. Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2014/02/07

BEM - Betriebliches Eingliederungsmanagement - Kündigung - Krankheit

Was ist, wenn ein betriebliches Eingliederungsmanagement im Sinne des § 84 Abs. 2 SGB IX nicht durchgeführt wird, nachdem ein Arbeitnehmer nach längerer Krankheit wieder im Betrieb zu arbeiten beginnt? Später soll dem Arbeitnehmer gekündigt werden, weil vorgeblich kein Arbeitsplatz für ihn mehr zur Verfügung steht.   

Die Durchführung des BEM ist nach § 84 Abs. 2 SGB IX keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung (BAG 2008). Ein fehlendes BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX führt nicht per se zur Unwirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung. Allein aus dem Umstand, dass der Arbeitgeber das BEM nicht durchgeführt hat, folgt noch nicht das Vorliegen von geeigneten milderen Mitteln, die zwingend zur Reduzierung der Fehlzeiten und damit zur Unverhältnismäßigkeit einer Kündigung führen könnten. Durch die dem Arbeitgeber von § 84 Abs. 2 SGB IX auferlegten besonderen Verhaltenspflichten soll möglichst frühzeitig einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des BEM ist - wie das der gesetzlichen Prävention nach § 84 Abs. 1 SGB IX - die frühzeitige Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen daher letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter und kranker Menschen. Durch das BEM können aber solche milderen Mittel, z.B. die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden. Das Gesetz hat den Arbeitgeber grundsätzlich dazu verpflichtet, mit Hilfe der genannten Stellen frühzeitig zu prüfen, ob und wie eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der eingetretenen Erkrankungen und damit letztlich der Ausspruch einer Kündigung vermieden werden kann. 

Hat der Arbeitgeber hingegen kein BEM durchgeführt, darf er sich durch seine dem gesetzwidrige Untätigkeit keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen. In diesem Fall darf er sich nicht darauf beschränken, pauschal vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer bzw. es gebe keine “freien Arbeitsplätze”, die der erkrankte Arbeitnehmer auf Grund seiner Erkrankung noch ausfüllen könne.

Es bedarf vielmehr nach der genannten BAG-Rechtsprechung eines umfassenderen konkreten Sachvortrags des Arbeitgebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Arbeitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz einerseits und warum andererseits eine leidensgerechte Anpassung und Veränderung ausgeschlossen ist oder der Arbeitnehmer nicht auf einem (alternativen) anderen Arbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werden könne. 

Daraus ergibt sich auch, dass der Arbeitnehmer schlecht beraten ist, wenn er sich dagegen sperrt, an einer betrieblichen Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen. Wir helfen Ihnen in diesen nicht immer ganz einfachen Konstellationen gerne weiter. 

Rechtsanwalt Dr. Palm


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