2015/12/07

Schüler Mobbing Cybermobbing

Wir erleben immer wieder, dass nicht nur am Arbeitsplatz, sondern auch in Schulen kräftig gemobbt wird. Teilweise gehört das zum Sozialisationsprozess. Schüler lernen oft mit solchen Angriffen fertig zu werden, wenn sie nicht eine Intensität erreichen, dass ein Eingreifen von Lehrern und Eltern notwendig wird. Ähnlich wie in der betrieblichen Praxis ist bei Schulen zu beobachten, dass abstrakte Thematisierungen der Problematik oft suggerieren, die Schule habe sich mit dem Thema auseinandergesetzt. Kommt es zum Ernstfall, und dazu kommt es oft genug, werden oft die Hilflosigkeiten sichtbar. Lehrer fühlen sich indes oft überfordert. Gewisse Themen sind so undelikat, dass man sich ihnen lieber entzieht, um nicht Gefahr zu laufen, vorurteilsbehaftet zu reagieren und hilflos zu erscheinen. Schüler haben altersbedingte Artikulierungsschwierigkeiten, die ein Übersehen solcher Probleme leichter machen. Keine Schule möchte mit ihrer "corporate identy" verbinden, dass dort gemobbt wird. Das macht es für Opfer und ihre Eltern oft schwer, gehört zu werden.

Mobbing in der Schule 

Schulmobbing ist ein öffentlichkeitswirksames Thema. Die Bundeszentrale für politische Bildung gibt eigens Informationsblätter dazu heraus. Es ist natürlich bei einem so sensiblen Thema die Frage, ob juristische Maßnahmen weiter helfen. "In einem frühen Stadium von Mobbing kann es ausreichen, wenn man mit seinem Kind das Verhalten in bestimmten Situationen übt", so Jo-Jacqueline Eckardt, Autorin des Buches "Mobbing bei Kindern" (Zitiert nach Spiegel Online - 12.04.2007). Oftmals können scheinbar geringfügige Verhaltensumstellungen nachhaltige Effekte haben.

Vor allem Facebook, WhatsApp und andere Kommunikations- und Community-Systeme schaffen Angriffs- und Verletztungsmöglichkeiten, die weit  über das in ein Schreibpult hineingeritztes "Martin ist doof" hinausgehen. Hier schalten sich viele Mitschüler zu, sodass regelrechte Hetzjagden veranstaltet werden. Kompromittierendes Fotomaterial ist ein besonders schwerwiegendes Instrument, um einen öffentlichen Pranger zu errichten, der SchülerInnen zur Verzweiflung treiben kann. Wir haben kürzlich einen Fall in der Kanzlei vertreten, in dem immerhin die Gerichte der Auffassung waren, dass fundamentale Angriffe dieser Art auf die Integrität der Persönlichkeit auf Community-Foren auch durchaus empfindlich zu ahnden sind. 

Rechtsprechung zu solchen "Mobbingklagen" liegt nicht reichhaltig vor. Zum Verhältnis von Schulpflicht und Mobbing hat das Verwaltungsgericht Ansbach (AN 2 S 06.01862) einige Ausführungen gemacht.

Schlägereien auf dem Schulhof weisen eine haftungsrechtliche Besonderheit auf. Sie werden unter bestimmten Voraussetzungen als Schulunfall eingestuft, dessen Folgen dem jeweiligen Schädiger durch die Unfallversicherung abgenommen werden. Das geschieht regelmäßig im Interesse des Schulfriedens und des ungestörten Zusammenlebens von Lehrern und Schülern in der Schule. Maßgeblich sind hier  §§ 104 Abs. 1, 105 Abs. 1 SGB VII in Verbindung mit § 106 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 Nr. 8 lit. b SGB VII. Danach kann Ersatz des Personenschadens, den ein von der gesetzlichen Unfallversicherung erfasstes Schadensereignis verursacht hat, nur verlangt werden, wenn der Schädiger den Versicherungsfall vorsätzlich herbeigeführt hat. In solchen Fällen muss der Vorsatz nicht nur die Verletzungshandlung, sondern auch den Verletzungserfolg umfassen.

Geldentschädigung bei Mobbing

Zunächst gilt für Mobbingfälle regelmäßig, dass sie Einzelfallcharakter haben.  Ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, hängt insbesondere von der Bedeutung und Tragweite des Eingriffs ab, also von Ausmaß und Intensität der Ausstrahlung, von der Nachhaltigkeit und Fortdauer der Interessen- oder Rufschädigung des Verletzten sowie dem Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens. Gerade die Persönlichkeit von Minderjährigen bedarf besonderen Schutzes, wie das Bundesverfassungsgericht 2000 festgestellt hat. Das gilt nicht nur für Kinder, sondern auch für Jugendliche. Auch sie müssen sich erst noch zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln.

Bei der Sanktionswirkung, die mit einem Schmerzensgeld bzw. einer Entschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung verbunden ist, ist generell auf Art, Ausmaß und Intensität der jeweiligen Persönlichkeitsverletzung abzustellen. Hier hat das OLG Hamm dem Aspekt der Minderjährigkeit besondere Bedeutung beigemessen. Dabei wurde bei der Bewertung des Verletzungsgrads auf das "Gespött von Mitschülern" und "anonyme Anrufe" sowie auf  Beleidigungen in der Öffentlichkeit abgestellt. Ähnlich sind die Effekte des "Cybermobbing" zu beschreiben. 

Herr Rechtsanwalt Dr. Palm hat selbst drei Kinder und kennt von daher den typischen Schulalltag sehr gut. Mobbing ist ein immer wieder auftretendes Phänomen. Dabei sind Art und Intensität solcher Verhaltensweisen sehr verschieden. Wir hatten neulich erst an einer Schule eine sehr gute Kooperation mit der Schulleitung und der Schulaufsicht, sodass der Schüler inzwischen wieder problemlos die Schule besucht und die Mobber in ihre Schranken verwiesen wurden. Zuvor stand im Prinzip nur die Frage im Raum, ob der Schüler die Schule verlässt. Das kann vermieden werden, wenn die Probleme sachlich aufgezeigt werden und eine Frontstellung gegenüber der Schule vermieden wird. Sollte allerdings die Schule ihre Verantwortung nicht erkennen, sind wir auch bereit, diese Position nachhaltig zu verfolgen. Leider beobachten wir immer wieder Schulen, die mit dem Thema überfordert sind oder den Konflikt zu bagatellisieren versuchen. Neben der juristischen Aufarbeitung gilt es häufiger auch, zusätzlich psychologischen Hilfen in Anspruch zu nehmen, um Kindern und Heranwachsenden in ihrer Entwicklung zu helfen. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2015/12/05

Grundstücke Wertberechnung Zugewinn

Wertberechnung - Methoden

Grundstücke spielen beim Zugewinn eine erhebliche Rolle, weil sie oft den einzigen Wert darstellen, der während der Ehe erwirtschaftet wurde. Nach § 1374 Abs. 2 BGB sind dem Anfangsvermögen Vermögensgegenstände mit ihrem Nettowert (Also unter Abzug von Verbindlichkeiten) hinzuzurechnen, die ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands schenkweise oder von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erwirbt, und zwar gem. § 1376 Abs. 1 2. Alt BGB mit ihrem Wert zum Zeitpunkt des Erwerbs.  

Bei der Wertermittlung geht es um den "wirklichen Wert" des Grundstücks. Die Auswahl des Wertermittlungsverfahrens steht, wenn das Gesetz  keine bestimmte Methode vorschreibt, im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, wobei zur Ermittlung des Verkehrswertes von Immobilien unterschiedliche Methoden angewandt werden. Neben dem Sachwertverfahren kommt das Ertragswertverfahren in Betracht. Eine weitere anerkannte Bewertungsmethode ist die sogenannte „Mischmethode”, welche die Ergebnisse der beiden vorgenannten Verfahren kombiniert, oder auch eine an dem aktuellen Veräußerungswert des Grundstücks orientierte Wertermittlung. Für die Wahl der jeweiligen Methode kommt hierbei dem Charakter des Objekts bzw. seiner Nutzung und Bewirtschaftung eine erhebliche Bedeutung zu.   
Dass dabei etwa für die Bewertung eines Miet- oder Mehrfamilienhauses die Ertragswertmethode spezifischer ist, ergibt sich aus dem Umstand,  dass bei Kaufinteressen Renditeinteressen besonders wichtig sind. Andererseits bietet sich bei dem klassischen Fall von eigen genutzten Einfamilienhäusern eher die Wertermittlung nach dem Sachwertverfahren an. Bei dem im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu ermittelnden Verkehrswerts einer Immobilie mit gemischter Wohn- und Betriebsbebauung sind Sach- und Ertragswert der Immobilie zu berücksichtigen. 

Wie sieht die Berechnung im Ertragswertverfahren aus?

Im Ertragswertverfahren wird der Ertragswert auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge ermittelt. Soweit die Ertragsverhältnisse absehbar wesentlichen Veränderungen unterliegen oder wesentlich von den marktüblich erzielbaren Erträgen abweichen, kann der Ertragswert auch auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge ermittelt werden. Im Ertragswertverfahren auf der Grundlage marktüblich erzielbarer Erträge wird der Ertragswert ermittelt (Vgl. §§ 17 ff. der ImmoWertV). Der Reinertrag ergibt sich aus dem jährlichen Rohertrag abzüglich der Bewirtschaftungskosten (§ 19). Der Rohertrag ergibt sich aus den bei ordnungsgemäßer Bewirtschaftung und zulässiger Nutzung marktüblich erzielbaren Erträgen. Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens auf der Grundlage periodisch unterschiedlicher Erträge ergibt sich der Rohertrag insbesondere aus den vertraglichen Vereinbarungen. Die Anwendung der sogenannten „Mischmethode” könnte sich demgegenüber etwa für die Wertermittlung von Wohnhäusern mit Einliegerwohnung empfehlen, wobei jedoch die neuere Wertermittlungslehre dieser Bewertung skeptisch bis ablehnend gegenübersteht.

Soweit eine Wertermittlung nach dem in der Wertermittlungsverordnung vorgesehenen „Vergleichswertverfahren” erfolgen soll, sind jedoch insoweit an die Vergleichbarkeit der zur Bewertung herangezogenen Objekte nach dem BGH strenge Anforderungen zu stellen. Eine Bewertung nach dem auf dem Markt erzielbaren Veräußerungserlös für die Immobilie böte sich schließlich (nur) bei konkret bestehendem Veräußerungsinteresse zum maßgeblichen Stichtag an.  

Es ist Aufgabe des Richters, die zur Ermittlung des "vollen, wirklichen" Wertes der Immobilie geeignete Bewertungsmethode auszuwählen und sachgerecht anzuwenden. Seine Entscheidung kann vom Beschwerdegericht nur daraufhin nachgeprüft werden, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt oder ob sie sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruht (st. Rspr).

Dabei muss der für die Berechnung des Zugewinns maßgebende wirkliche Wert eines Grundstücks nicht immer mit dem hypothetischen Verkaufswert am Stichtag übereinstimmen. So kann der wirkliche Wert des Grundstücks höher sein als der aktuelle Veräußerungswert. Insbesondere ist bei der Bewertung ein vorübergehender Preisrückgang nicht zu berücksichtigen, wenn er bei vernünftiger Beurteilung schon am Stichtag als vorübergehend erkennbar war. Eine strengere Orientierung an dem tatsächlich erzielbaren Verkaufserlös ist nur dann geboten, wenn das Grundstück zur Veräußerung bestimmt ist oder als Folge des Zugewinnausgleichs veräußert werden muss. Der BGH hatte kein Problem damit, dass ein Sachverständiger den Verkehrswert sowohl aus dem (niedrigeren) Ertragswert als auch aus dem (höheren) Sachwert ermittelte. 

Diese Art der Wertermittlung war darauf zurückzuführen, dass die Immobilie an sich als Gewerbeobjekt zu kategorisieren ist, gleichzeitig aber ein -   von der Klägerin allein genutztes - Wohngebäude umfasste. Ebenso wenig war zu beanstanden, dass das Berufungsgericht bei der Bewertung der Immobilie gegenüber dem Gutachten einen weiteren Abschlag vorgenommen hat. Insoweit hat das Oberlandesgericht ergänzend den unstreitigen Vortrag der Parteien herangezogen. Danach war ihnen von mehreren Maklern ein Verkaufspreis von 850.000 DM als realistische Kaufpreisgröße angegeben und von den Parteien auch intern beim Erwerb des hälftigen Miteigentumsanteils durch die Klägerin zugrunde gelegt worden. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Weisungen Arbeitgeber Zumutbarkeit Rechtsschutz

Bestehen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer Konflikte, ob der Arbeitnehmer die vertraglich geschuldete Tätigkeit entsprechend bestimmter Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitstätigkeit zu verrichten hat, so ergibt sich für den Arbeitnehmer die Unsicherheit, ob er der Weisung des Arbeitgebers Folge leisten soll oder nicht. Folgt der Arbeitnehmer den Weisungen des Arbeitgebers nicht, so riskiert er, gekündigt zu werden. Daraus ergibt sich ein Interesse des Arbeitnehmers, die Wirksamkeit von Weisungen des Arbeitgebers zu Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung gerichtlich kontrollieren lassen zu können. Hierbei wird es jedoch nach der Rechtsprechung grundsätzlich als ausreichend erachtet, wenn der Arbeitnehmer eine solche Klärung im Hauptsacheverfahren herbeiführen kann. Es wird regelmäßig als zumutbar angesehen, dass der Arbeitnehmer der Anweisung zunächst Folge leistet und dann deren Rechtmäßigkeit im Hauptsacheverfahren überprüfen lässt. 

Nur ausnahmsweise können die entsprechenden Anträge im Einstweiligen Verfügungsverfahren nach diesen Grundsätzen Erfolg haben. Angesichts der Herleitung des Beschäftigungsanspruchs und des komplementären Unterlassungsanspruchs auf vertragswidrige Beschäftigung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht erscheint es sachgerecht, nur solchen Begehren zu folgen, die das allgemeine Persönlichkeitsrecht berühren. Das gilt, wenn die Rechtswidrigkeit der Arbeitgeberweisung offenkundig ist. Von den Fällen einer solchen evidenten Rechtswidrigkeit abgesehen erfordert die Bejahung eines Verfügungsgrundes für eine entsprechende Einstweilige Verfügung ein gesteigertes Abwehrinteresse des Arbeitnehmers, wie es bei erheblichen Gesundheitsgefahren, einer drohenden irreparablen Schädigung des beruflichen Ansehens des Arbeitnehmers der beim schweren Gewissenkonflikten bestehen kann. 

In solchen Fällen ist dann das Interesse des Arbeitnehmers an einer gerichtlich beschiedenen Unverbindlichkeit der Leistungsbestimmung gegen das Interesse des Arbeitgebers an der Durchsetzung der erteilten Weisung abzuwägen. Je mehr für den Verfügungsanspruch des Arbeitnehmers spricht, desto weniger schutzbedürftig sind die Interessen des Arbeitgebers an der Durchsetzung der angeordneten Maßnahme. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Künstlername Namensänderung Bürgerlicher Name

1. Wir sind häufiger mit dem Problem konfrontiert, dass jemand einen Künstlernamen hat, den er eintragen lassen will oder auch als bürgerlichen Namen führen möchte. Auch im letzteren Fall bestehen Möglichkeiten, die aber von der Rechtsprechung eher restriktiv und einzelfallbezogen behandelt werden, wenn sich eine Identität dieses (Künstler)Namens so verfestigt hat, dass er auch als bürgerlicher Name gewählt werden darf. Der Regelfall ist die Eintragung des Künstlernamens im Personalausweis.

Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (Personalausweisgesetz - PAuswG) werden Ausweise auf Antrag für Deutsche ausgestellt. Nach § 5 Abs. 1 PAuswG sind Ausweise nach einheitlichen Mustern auszustellen. Nach Absatz 2 der Bestimmung enthält der Personalausweis neben der Angabe der ausstellenden Behörde, dem Tag der Ausstellung, dem letzten Tag der Gültigkeitsdauer, der Zugangsnummer und den in Absatz 4 Satz 2 genannten Daten eine Reihe ausschließlicher Angaben über den Ausweisinhaber, darunter den Künstlernamen oder auch den Ordensnamen (Nr. 12). Die in den Ausweisen enthaltenen Angaben über die Person beschränken sich im Interesse des Persönlichkeitsrechts auf solche Merkmale des Ausweisinhabers, die zur Feststellung seiner Identität unbedingt erforderlich sind.

Personenbezogene Angaben, deren Eintragung das Gesetz nicht vorsieht, dürfen nach der Rechtsprechung in den Pass oder den Personalausweis nicht eingetragen werden. Der Eintrag in das Melderegister ist dabei Voraussetzung dafür, den Künstlernamen im Personalausweis eintragen zu lassen. Gemäß § 2 des Bundesmeldegesetzes (BMG) sind die Meldebehörden verpflichtet, die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnenden Personen registrieren und deren Daten, die zur Identitätsfeststellung erforderlich sind, zu speichern. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 BMG ist auch der Künstlername einer Person zu speichern.   

2. Unter dem Künstlernamen ist ein vom bürgerlichen Namen abweichender Name zu verstehen, der in bestimmten Lebensbereichen geführt wird und dort anstelle des Familiennamens die Identität und Individualität der Person ausdrückt. Künstlername ist demgemäß der Name, unter dem der Betroffene als Künstler auftritt. Der Nachweis über den Künstlernamen kann z.B. dadurch erbracht werden, dass der Personalausweisbewerber unter diesem Namen in einem Berufsverband oder einer Agentur geführt wird. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2015/09/06

Die Kündigung eines Betriebsratsmitglieds

Betriebsratsmitglieder sind arbeitsrechtlich besonders geschützt. Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf also der Zustimmung des Betriebsrats. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter, kann also eigene Anträge stellen.
 
Eine Kündigung, die der Arbeitgeber während des Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG gegenüber dem beteiligten Arbeitnehmer ausspricht, ist nach dem Bundesarbeitsgericht jedenfalls dann nicht als Rücknahme des Zustimmungsersuchens gegenüber dem Betriebsrat zu verstehen, wenn die Kündigung nur vorsorglich für den Fall ausgesprochen wurde, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf. Eine gegenüber dem Arbeitnehmer im Lauf des Zustimmungsersetzungsverfahrens in diesem Sinne vorsorglich ausgesprochene Kündigung seitens des Arbeitgebers lässt dessen Ersuchen um Zustimmung gegenüber dem Betriebsrat und den Fortgang des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 Abs. 2 BetrVG unberührt. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung eines Mitglieds des Betriebsrats unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und dass die nach § 103 BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Dieser besondere Kündigungsschutz gilt auch für Ersatzmitglieder, soweit und solange sie ein verhindertes ordentliches Betriebsratsmitglied vertreten (BAG  2011). Das Ersatzmitglied erwirbt den Sonderkündigungsschutzschutz nach § 15 Abs 1 S 1 KSchG also für die Dauer der Verhinderung des Betriebsratsmitglieds. Die zeitweilige Verhinderung des ordentlichen Mitglieds erfasst die Wahrnehmung des Betriebsratsamts als solches. Der während dieser Zeit gewährleistete - volle - Sonderkündigungsschutz des Ersatzmitglieds ist nach dem Bundesarbeitsgerichts dementsprechend nicht auf Zeiten beschränkt, in denen es konkrete Betriebsratstätigkeit entfaltet. Der besondere Schutz steht ihm selbst dann zu, wenn während der Vertretungszeit keine Betriebsratstätigkeit anfällt. Es genügt insoweit die Möglichkeit, dass dem Ersatzmitglied Betriebsratsaufgaben zufallen könnten.
 
Wann ist ein Betriebsratsmitglied beispielsweise verhindert?
 
Wird einem ordentlichen Betriebsratsmitglied Erholungsurlaub bewilligt, führt dies nicht nur zum Ruhen seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung, sondern zugleich zur Suspendierung seiner Amtspflichten. Dem Betriebsratsmitglied wird während seines Erholungsurlaubs die Verrichtung seiner Amtspflichten zwar nicht ohne Weiteres objektiv unmöglich, grundsätzlich aber unzumutbar. Das Betriebsratsmitglied gilt im Fall des Erholungsurlaubs jedenfalls so lange als zeitweilig verhindert im Sinne von § 25 Abs 1 S 2 BetrVG, wie es nicht seine Bereitschaft, während des Urlaubs Betriebsratstätigkeiten zu verrichten, positiv anzeigt.
(BAG 2011)
 
Ist eine Strafanzeige gegen den Arbeitnehmer ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung?
 
Zwar kann die Anzeige eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber bei einer Strafbehörde nach dem Bundesarbeitsgericht einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen, wenn es sich um wissentlich unwahre oder leichtfertig gemachte falsche Angaben handelt oder eine solche auf haltlosen Vorwürfen aus verwerflichen Motiven, z.B. um dem Arbeitgeber zu schaden, beruht (BAG  1991).  Der Strafantrag eines betriebsverfassungsrechtlichen Organs ist per se aber kein Grund zur fristlosen Entlassung der Mitglieder des Organs durch den angezeigten Arbeitgeber. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur dann zu machen, wenn insoweit ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorliegt.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm


2015/08/24

Aufhebungsverträge optimieren - Abfindung - Bezahlte Freistellung

Wir befassen uns seit Jahren ständig mit Aufhebungsverträgen, die Abfindungen, bezahlte Freistellungen, Arbeitszeugnisse und viele weitere Umstände der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses regeln. In diesem Bereich haben wir zahlreiche Regelungsvorschläge erarbeitet und über lange Zeiträume sehr viel Erfahrung, wie tragfähig die Klauseln sind. Wir beobachten dabei, dass bei anwaltlicher Vertretung die Bereitschaft,  höhere Abfindungen zu zahlen, zu wachsen scheint. Oft liegen unsere Vereinbarungen oberhalb der üblichen Regelabfindungen. Mit Aufhebungsverträgen sollen gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden. Insofern sollten auch Arbeitnehmer bedenken, dass sie so zu schnelleren und - letztlich - kostengünstigeren Lösungen kommen können. Denn ein nach einiger Prozessdauer erfolgreich geführter Kündigungsrechtsstreit ist auch keine ideale Verlaufsform. Insbesondere besteht hier eine Ungewissheit, die ein zügig und gut ausgehandelter Aufhebungsvertrag nehmen kann. Solche Verhandlungen haben wir sehr oft geführt. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Eheverträge - Ausbildung - Lastenverteilung

Wenn wir für Sie einen Ehevertrag entwerfen, können wir auf eine Vielzahl von approbierten Vertragsklauseln zurückgreifen, die von der Rechtsprechung akzeptiert worden sind. Uns sind zahlreiche Konstellationen sehr geläufig, sodass wir auch für Sie Verträge entwerfen können, die Ihren individuellen Interessen entsprechen. Eine Klausel mehr oder weniger kann Jahre später erhebliche Bedeutung gewinnen. 

Ein wechselseitig angelegter sog. Globalverzicht auf Ansprüche in einem Ehevertrag ist nach dem Brandenburgischen Oberlandesgericht im Jahre 2013 dann zulässig, wenn die Umstände des konkreten Falles auf ein wirtschaftliches Gleichgewicht der Partner und auf eine vergleichbare Position schließen lassen. Im konkreten Fall handelte es sich um eine seit längerem gemeinsam und gleichberechtigt geführten Betrieb einer Rechtsanwaltskanzlei, die schon bei Abschluss des Ehevertrags bestand.

Bei der Prüfung der Wirksamkeit von Eheverträgen hängen die Maßstäbe davon ab, wie relevant die Themen für den betroffenen Ehepartner sind. Es gelten umso strengere Maßstäbe, je unmittelbarer der vertragliche Ausschluss gesetzlicher Regelungen in den Kernbereich des Rechts der Scheidungsfolgen eingreift. Zu diesem Kernbereich gehört in primär der Betreuungsunterhalt sowie in zweiter Linie Alters- und Krankheitsunterhalt, denen der Vorrang vor den übrigen Unterhaltstatbeständen zukommt. Auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt wird von der Rechtsprechung der Versorgungsausgleich behandelt. Als vorweggenommener Altersunterhalt steht er vertraglichen Regelungen nur begrenzt offen. Der Zugewinnausgleich eröffnet die größten Regelungsspielräume (OLG Hamm im Jahre 2012).   

In Konstellationen, in denen ein Ehegatte als Selbstständiger voraussichtlich seine Altersversorgung durch Bildung von grundsätzlich dem Zugewinnausgleich unterfallenden Vermögens betreiben wird, während der andere Ehegatte voraussichtlich zur Altersversorgung lediglich Rentenanwartschaften erwerben wird, führt der ehevertragliche Ausschluss des Zugewinnausgleichs unter Beibehaltung des Versorgungsausgleichs zum einseitigen Ausschluss eines Ehegatten von der Teilhabe an der Altersvorsorge des anderen im Scheidungsfall. In einem solchen Fall liegt nach der nicht rechtskräftigen Entscheidung des OLG aus dem Jahre 2014 eine einseitige Lastenverteilung und durch den einseitigen Ausschluss der späteren Teilhabe an der erworbenen Altersvorsorge ein Eingriff in den Kernbereich der Scheidungsfolgen vor. Auch im Fall einer objektiv einseitigen, durch die ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten Lastenverteilung ist nach dieser Rechtsprechung das Verdikt der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrages nur möglich, wenn zusätzlich eine Störung der subjektiven Vertragsparität festgestellt werden kann. 
Dem Ehemann ist nach einer Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahre 2014 eine Berufung auf den Ehevertrag nicht durch die Ausübungskontrolle verwehrt, wenn die Ehefrau von der - dem Lebensplan entsprechenden - Möglichkeit, sich durch zusätzliche Ausbildung oder Erwerbstätigkeit auf eigene Füße zu stellen und so für ihre Zukunftssicherung zu sorgen, keinen Gebrauch macht. Dem steht nicht entgegen, dass der Ehemann der Ehefrau die Finanzierung einer selbständigen Tätigkeit untersagt hat; denn die Ehefrau hätte in diesem Fall auch andere Berufswege (z.B. in abhängiger Beschäftigung) einschlagen können.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Berliner Testament - Testierfreiheit - Vertragserbe

Ein so genanntes Berliner Testament als gemeinschaftliches Testament von Ehegatten liegt vor, wenn der überlebende Ehegatte Vollerbe und die Kinder Schlusserben werden, die erst beim Tode des überlebenden Ehegatten erben. In dieser Konstellation verbindet sich - idealtypisch - das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten mit dem Vermögen des überlebenden Ehegatten (Einheitslösung). Das „Berliner Testament“ gilt, ungeachtet diverser, beispielsweise steuerlicher Nachteile, dann als Lösung, wenn der überlebende Ehegatte frei über das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten verfügen können soll. Anderenfalls gibt es eine Trennungslösung (zwei getrennte Vermögensmassen, regelmäßig eher nicht als Berliner Testament bezeichnet), die regelt, dass die Kinder in jedem Falle das Vermögen des erstversterbenden Ehegatten erlangen. 

Die einschränkenden Regelungen der §§ 2112 ff. BGB können durch eine nicht befreite Vorerbschaft des überlebenden Ehegatten gewählt werden. Im Zweifel gilt die Einheitslösung. § 2269 BGB gibt für gemeinschaftliche Testamente vor, dass im Zweifel die Auslegung nach dem sog. "Einheitsprinzip" zu wählen ist. Die Vorschrift geht nach der Rechtsprechung von der Annahme aus, dass die Ehegatten ihr Vermögen als Einheit verstehen und aufgrund der gemeinsamen Lebensführung ihr gesamtes Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übertragen. Die beiderseitigen Vermögensmassen vereinen sich mit dem Tod des Erstversterbenden zu einem Vermögen. Hieraus folgt sodann, dass der überlebende Ehegatte eher eine freie als eine eingeschränkte vermögensrechtliche Stellung eingeräumt bekommen soll.  

In § 2286 BGB wird ausdrücklich geregelt, dass nach Abschluss eines Erbvertrages oder eines gemeinschaftlichen Testaments das Recht des Erblassers, über sein Vermögen zu verfügen, nicht beschränkt wird: "Durch den Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt."  Die Regelung in einem Erbvertrag "Der überlebende Teil wird in keiner Weise beschränkt oder beschwert. Er kann über das beiderseitige Vermögen in jeder Weise frei verfügen” kann nach der Rechtsprechung dahingehend auszulegen sein, dass sie sich lediglich auf lebzeitige Verfügungen bezieht, nicht aber Verfügungen von Todes wegen umfasst und damit keine Befreiung von der Bindungswirkung enthält.  

Das Vorhandensein bindend gewordener wechselbezüglicher Verfügungen führt dazu, dass § 2287 BGB analog anwendbar ist. § 2287 BGB gilt bei gemeinschaftlichen Testamenten nur bezüglich der bindend gewordenen Verfügungen. Soweit der Erblasser sein Vermögen in Beeinträchtigungsabsicht durch Schenkungen an Dritte verringert, kann der  Erbe etwa nichts dagegen ausrichten, wenn die vertragliche Regelung solche Verfügungen ermöglicht. Der dem Vertragserben nach § 2287 BGB zukommende Schutz reicht nicht weiter als die vertragliche Bindung, die der Erblasser mit dem Erbvertrag eingegangen ist. § 2287 BGB gibt nur im Fall der Bindung dem Erben nach Eintritt des Erbfalls einen Anspruch auf Herausgabe gegen den Beschenkten. Solchen Schenkungen ist aber nicht so leicht zu begegnen.  

Ein lebzeitiges Eigeninteresse des Erblassers an der Schenkung schließt nach der Rechtsprechung (BGH, NJW 1982, 1100) eine Benachteiligungsabsicht aus.Ein lebzeitiges Eigeninteresse wäre zu bejahen, wenn nach dem Urteil eines objektiven Beobachters die Verfügung in Anbetracht der gegebenen Umstände auch unter Berücksichtigung der erbvertraglichen Bindung als billigenswert und gerechtfertigt gelten darf. Es kommt dabei nicht darauf an, welche subjektive Vorstellung der Erblasser vom Umfang seiner erbvertraglichen Bindung hatte. Der spezifische Anwendungsbereich des § 2287 BGB ist nach der BGH-Rechtsprechung dann gegeben, wenn die Verfügung des Erblassers ihrem Gehalt nach auf eine Korrektur des Erbvertrages oder des gemeinschaftlichen Testamentes angelegt war.  

In krassen Fällen der Vermögensverschleuderung mag über eine Betreuung nachgedacht werden. Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer. Die Erforderlichkeit einer Betreuung darf sich nach der Rechtsprechung nicht allein aus der subjektiven Unfähigkeit des Betroffenen ergeben, seine Angelegenheiten selbst regeln zu können (Betreuungsbedürftigkeit). Hinzu treten muss ein konkreter Bedarf für die Bestellung eines Betreuers. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein objektiver Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen.

Wir sind häufig mit Testamenten konfrontiert, die nicht so einfach auszulegen sind. Wenn Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie uns. Wir prüfen solche Sachverhalte anhand der Erbrechtsprechung sorgfältig, sodass Auseinandersetzungen mit anderen Anspruchstellern fundiert geführt werden können. 

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2015/06/04

Insichbeurlaubung - Verlängerung - Kündigung

Wie lange währt die "Insichbeurlaubung" eines Beamten?

Als wichtiger Grund der Urlaubsverlängerung kommen ausschließlich bei objektiver Betrachtung gewichtige und schutzwürdige Belange des Beamten in Betracht. Je länger Sonderurlaub gewährt werden soll, umso stärker wird das öffentliche Interesse an der uneingeschränkten Wahrnehmung der Dienstgeschäfte berührt und umso höhere Anforderungen sind an die Gewichtigkeit und Schutzwürdigkeit des geltend gemachten Urlaubsgrunds zu stellen. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass sich der Beamte auf Lebenszeit grundsätzlich bis zu seiner Zurruhesetzung mit ganzer Kraft seinem Beruf zu widmen hat. Daran besteht grundsätzlich ein öffentliches Interesse. Umgekehrt hat er gegenüber seinem Dienstherrn einen Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung.

Deshalb kann sich bei Anträgen auf Verlängerung einer Beurlaubung, auch wenn ein und derselbe Grund ohne Änderung der tatsächlichen Verhältnisse fortdauert, von Mal zu Mal die Abwägung zugunsten der dienstlichen Verhältnisse verändern. Dabei ist der aus demselben Grund abschnittsweise ununterbrochen nacheinander gewährter Urlaub als Ganzes zu sehen. Handelt es sich um einen besonders langen Urlaub, so können die persönlichen Belange des Beamten an der Fortführung des privatwirtschaftlichen Arbeitsverhältnisses als wichtiger Grund  das dienstliche Interesse an der Dienstleistung des Beamten nur dann überwiegen, wenn sich der Beamte etwa in einer "Ausnahmesituation befindet, die sich als wirkliche und nicht von ihm zu vertretende Zwangslage" darstellt. Solche Fälle dürften selten auftreten. 


Nach Ablauf der Beurlaubung kann grundsätzlich eine Kollision der Verpflichtungen aus den beiden Arbeits- bzw. Dienstverhältnissen auftreten, wenn das Arbeitsverhältnis über den Sonderurlaub hinaus fortbesteht und die Dienstpflichten aus dem Beamtenverhältnis wieder aufleben. Naturgemäß führt dies zu einer Pflichtenverletzung aus zumindest einem Arbeitsverhältnis, da es dem Beamten unmöglich ist, beiden Verpflichtungen nachzukommen. Wie löst man dieses Problem?

Diese Pflichtenkollision kann jedoch entweder durch Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder durch Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Verlangen des Beamten vermieden werden. Daher begründet diese Kollision weder einen wichtigen Grund, der die Interessen des Beamten über die öffentlichen Interessen stellt, noch stellt sie eine Zwangslage im oben genannten Sinne dar. Es ist dem Beamten zuzumuten, sich für einen der oben aufgezeigten Wege zu entscheiden. Die Befristungsabrede für das Arbeitsverhältnis wird vom BAG für zulässig erachtet. 

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2015/01/29

Dienstunfähigkeit - Aktuelle Entscheidung - OVG Münster 2014

Eine Aufforderung, sich zur Klärung der Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen, muss Angaben zu Anlass, Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten und aus sich heraus verständlich sein.

Wegen der rechtlich erheblichen Folgen muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Das verhindert, dass solche Anordnungen rein repressiven Charakter haben. Der Aufforderung müssen also tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen.

Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Auch dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so dargestellt werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.


Weiterhin muss die Anordnung nach der Begründung des OVG Münster Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung machen. Die Behörde darf solche Angaben nicht dem Arzt überlassen. Vor allem gilt das, wenn der Beamte sich fachpsychiatrisch untersuchen lassen soll. Feststellungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Solche Eingriffe in das Recht des Beamten sind in besonderer Weise an Art. 2 Abs. 2 GG wie auch am allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu messen.  Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2015/01/18

Krankheitsunterhaltsanspruch

Auch ein Krankenunterhaltsanspruch gem. § 1572 Nr. 4 BGB unterliegt grundsätzlich der Herabsetzung/Befristung. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und die Kindererziehung aus eigenen Einkünfte zur Verfügung gehabt hätte.  
Die Erkrankungen sind danach zu untersuchen, ob sie einen ehebedingten Nachteil darstellen, ob die Erkrankung im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen steht. Keine zeitliche Befristung von Nachscheidungsunterhalt wegen Krankheit wurde von der Rechtsprechung erkannt, wenn etwa die Erkrankung anlässlich der Geburt gemeinsamer Kinder erstmals aufgetreten ist. Die Erkrankung des Unterhaltsberechtigten wird in aller Regel nicht ehebedingt sein. Dadurch ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsberechtigten (mit-) verantwortlich sein und dies als Billigkeitsgesichtspunkt im Rahmen der nach § 1578 b Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden kann.
Auch ohne ehebedingte Nachteile ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Wenn beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - wie regelmäßig - die Krankheit selbst keine ehebedingten Ursachen hat, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden.
Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen. Dabei sind die Dauer der Ehe sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung. Dabei ist auch die Dauer der Trennungsunterhaltszahlungen einzubeziehen. Das Gesetz nimmt durch die Möglichkeit der Befristung des Krankheitsunterhalts in Kauf, dass der Unterhaltsberechtigte infolge der Unterhaltsbefristung sozialleistungsbedürftig wird und somit die Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten durch eine staatliche Verantwortung ersetzt wird.
Es erscheint daher nach der Rechtsprechung möglich,  dass der Verpflichtete aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Ansehung der Unterhaltspflicht für eine zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder durch Unterhaltszahlungen an die Verpflichtete "nicht übermäßig" belastet werden würde. Im Ergebnis kann es  einen - gegebenenfalls deutlich herabgesetzten - Krankheitsunterhalt für einen längeren Zeitraum geben.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

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