2015/01/29

Dienstunfähigkeit - Aktuelle Entscheidung - OVG Münster 2014

Eine Aufforderung, sich zur Klärung der Dienstfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen, muss Angaben zu Anlass, Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten und aus sich heraus verständlich sein.

Wegen der rechtlich erheblichen Folgen muss die behördliche Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig. Das verhindert, dass solche Anordnungen rein repressiven Charakter haben. Der Aufforderung müssen also tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit des Beamten als nahe liegend erscheinen lassen.

Der betroffene Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag. Auch dem Beamten bekannte Umstände müssen in der Anordnung von der zuständigen Stelle zumindest so dargestellt werden, dass für den Betroffenen ohne Weiteres erkennbar wird, welcher Vorfall oder welches Ereignis zur Begründung der Aufforderung herangezogen wird.


Weiterhin muss die Anordnung nach der Begründung des OVG Münster Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung machen. Die Behörde darf solche Angaben nicht dem Arzt überlassen. Vor allem gilt das, wenn der Beamte sich fachpsychiatrisch untersuchen lassen soll. Feststellungen des Psychiaters zum Lebenslauf des Beamten, wie etwa Kindheit, Ausbildung, besondere Krankheiten, und zum konkreten Verhalten auf dem Dienstposten stehen dem Bereich privater Lebensgestaltung noch näher als die rein medizinischen Feststellungen, die bei der angeordneten Untersuchung zu erheben sind. Solche Eingriffe in das Recht des Beamten sind in besonderer Weise an Art. 2 Abs. 2 GG wie auch am allgemeinen Persönlichkeitsrecht zu messen.  Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2015/01/18

Krankheitsunterhaltsanspruch

Auch ein Krankenunterhaltsanspruch gem. § 1572 Nr. 4 BGB unterliegt grundsätzlich der Herabsetzung/Befristung. Der Maßstab des angemessenen Lebensbedarfs, der nach § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB regelmäßig die Grenze für die Herabsetzung des nachehelichen Unterhalts bildet, bemisst sich nach dem Einkommen, das der unterhaltsberechtigte Ehegatte ohne die Ehe und die Kindererziehung aus eigenen Einkünfte zur Verfügung gehabt hätte.  
Die Erkrankungen sind danach zu untersuchen, ob sie einen ehebedingten Nachteil darstellen, ob die Erkrankung im Zusammenhang mit der Rollenverteilung in der Ehe oder sonstigen mit der Ehe verbundenen Umständen steht. Keine zeitliche Befristung von Nachscheidungsunterhalt wegen Krankheit wurde von der Rechtsprechung erkannt, wenn etwa die Erkrankung anlässlich der Geburt gemeinsamer Kinder erstmals aufgetreten ist. Die Erkrankung des Unterhaltsberechtigten wird in aller Regel nicht ehebedingt sein. Dadurch ist es allerdings nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall der Unterhaltspflichtige auch unabhängig von der Ehe für die Krankheit des Unterhaltsberechtigten (mit-) verantwortlich sein und dies als Billigkeitsgesichtspunkt im Rahmen der nach § 1578 b Abs. 1 BGB gebotenen Abwägung berücksichtigt werden kann.
Auch ohne ehebedingte Nachteile ist eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur bei Unbilligkeit eines fortdauernden Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen begründet. Wenn beim Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB - wie regelmäßig - die Krankheit selbst keine ehebedingten Ursachen hat, ist ein ehebedingter Nachteil denkbar, soweit ein Unterhaltsberechtigter aufgrund der Rollenverteilung in der Ehe nicht ausreichend für den Fall der krankheitsbedingten Erwerbsminderung vorgesorgt hat und seine Erwerbsminderungsrente infolgedessen geringer ist, als sie es gewesen wäre, wenn er seine Erwerbstätigkeit bis zum Eintritt des Versorgungsfalls fortgesetzt hätte. Der Ausgleich unterschiedlicher Vorsorgebeiträge ist allerdings vornehmlich Aufgabe des Versorgungsausgleichs, durch den die Interessen des Unterhaltsberechtigten - von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen - ausreichend gewahrt werden.
Ehebedingte Nachteile im Sinne von § 1578 b Abs. 1 Satz 2 BGB können daher regelmäßig nicht mit den durch die Unterbrechung der Erwerbstätigkeit während der Ehe verursachten geringeren Rentenanwartschaften begründet werden, wenn für diese Zeit ein Versorgungsausgleich stattgefunden hat. Nachteile in der Versorgungsbilanz sind dann in gleichem Umfang von beiden Ehegatten zu tragen und somit vollständig ausgeglichen. Dabei sind die Dauer der Ehe sowie die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien von Bedeutung. Dabei ist auch die Dauer der Trennungsunterhaltszahlungen einzubeziehen. Das Gesetz nimmt durch die Möglichkeit der Befristung des Krankheitsunterhalts in Kauf, dass der Unterhaltsberechtigte infolge der Unterhaltsbefristung sozialleistungsbedürftig wird und somit die Unterhaltsverantwortung des geschiedenen Ehegatten durch eine staatliche Verantwortung ersetzt wird.
Es erscheint daher nach der Rechtsprechung möglich,  dass der Verpflichtete aufgrund seiner überdurchschnittlich günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse auch in Ansehung der Unterhaltspflicht für eine zweite Ehefrau und die beiden aus dieser Ehe hervorgegangenen Kinder durch Unterhaltszahlungen an die Verpflichtete "nicht übermäßig" belastet werden würde. Im Ergebnis kann es  einen - gegebenenfalls deutlich herabgesetzten - Krankheitsunterhalt für einen längeren Zeitraum geben.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

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