2011/02/03

Monopole im Internet?

Ist die Kündigung eines Vertrags durch amazon, ebay oder andere mächtige online-Häuser im Blick auf mögliche Monopolstellungen eine unangemessene Benachteiligung, gegen die man sich wehren kann? Letztlich ist das Problem, dass es seriöse wie unseriöse Händler gibt, User-Bewertungen richtig, aber auch "Rache"- oder "Konkurrenz"-Bewertungen sein können. Schließlich ist auch das Interesse von großen Internet-Häusern nachvollziehbar, hier effektive Regeln umzusetzen. Im Einzelnen ist hier vieles verbesserungswürdig- und bedürftig, um diese komplizierte Interessenstruktur zwischen Online-Haus, Händlern und Konsumenten auszutarieren.
Für das Online-Auktionshaus eBay wurde bereits entschieden, dass es berechtigt ist, in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein ordentliches Kündigungsrecht aufzunehmen. Die Vertragsfreiheit gebietet es, Dauerschuldverhältnisse mit einer ordentlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Eine Kündigungsfrist von 14 Tagen konnte nach dem Brandenburgischen OLG (im Jahre 2005) nicht als unangemessen bezeichnet werden, weil sie mit der gesetzlichen Regelung des § 621 Nr. 5 BGB im Einklang stehe. Die Frage nach der Berechtigung zu einer ordentlichen Kündigung sei völlig losgelöst von der Rechtmäßigkeit einer vorherigen Sperrung des Mitgliedskontos des Nutzers durch eBay zu beantworten.
Das Online-Haus ist danach berechtigt, AGB zu verwenden. Die müssen mit den AGB-Regelungen in Einklarung stehen und können ein ordentliches Kündigungsrecht vorsehen. Bei Dauerschuldverhältnissen ist dann mit einer ordentlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Die für eine Kündigung geregelte Kündigungsfrist von vierzehn Tagen wäre nicht als unangemessen bezeichnet werden. Der Kündigung stehe nicht entgegen, dass hier ein Zusammenhang mit der vorherigen Sperrung des Kontos besteht. Entscheidend sei, dass ebay ausdrücklich erklärt habe, man spreche "zusätzlich" - unabhängig von der vorausgegangenen Sperrung - die Kündigung aus. Deshalb käme es nicht darauf an, dass die Beklagte ohne vorausgegangene Sperrung - möglicherweise - keine Veranlassung zur Kündigung gehabt hätte. Die Frage nach der Berechtigung zu einer ordentlichen Kündigung ist völlig losgelöst von den Auseinandersetzungen der Parteien hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sperrung des Nutzerkontos des Klägers durch die Beklagte zu beantworten. Denn andernfalls würde das Erfordernis eines wichtigen Grundes in der Tat zur Voraussetzung der ordentlichen Kündigung werden. Das passt aber nicht in die Regelungssystematik. Vorliegend war das aber ein Privatverkäufer. Bei Händlern stellt sich aber weiterhin die Frage nach einer marktbeherrschenden Stellung. Das Kammergericht Berlin hat 2005 eine ähnliche Einschätzung getroffen, dabei aber zu der GWB-Problematik Stellung genommen.
Grundsätzlich kann danach ein Plattformbetreiber wie ebay auch frei über die Begründung und Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen entscheiden. Die Anspruchstellerin, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit die Plattform der Beklagten nutzte, können auch keinen Zugangsanspruch aus dem Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung herleiten (§§ 33, 19 Abs. 4, 20 Abs. 1 GWB).
Dafür müsse der Plattformbetreiber eine marktbeherrschende Stellung innehaben. Eine marktbeherrschende Stellung wird vermutet, wenn ein Unternehmen einen Marktanteil von 30 % hat, § 19 Abs. 3 GWB. Ob die Beklagte auf dem Gebiet der Internetauktionshäuser (das war die Vergleichsgruppe) einen Marktanteil von 30 % hat, liege zwar nahe aufgrund diverser Umstände. Eine Marktbeherrschung kann jedoch nicht allein durch einen Vergleich der Auktionshäuser festgestellt werden, sondern es ist zunächst der so genannte relevante Markt zu ermitteln. Für die sachliche Marktabgrenzung war im KG-Fall auf den Schmuckhandel allgemein abzustellen. Dass die Beklagte aber auf dem Gebiet des Schmuckhandels eine marktbeherrschende Stellung im Sinne von § 19 Abs. 3 GWB habe, sei aber nicht ersichtlich. Im Übrigen dürfte auch bei einer marktbeherrschenden Stellung kein Zugangsrecht gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB bestehen. Zwar erfasse § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB auch virtuelle Netze und Infrastruktureinrichtungen. § 19 Abs. 1 GWB habe zudem auch eine vertikale Schutzrichtung, d.h. es ist nicht nur ein Schutz von Wettbewerbern, sondern auch ein Schutz eines Nichtwettbewerbers wie der Klägerin gegeben. Doch die Internetplattform stelle keine wesentliche Einrichtung dar. Denn ein Zugangsrecht gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 4 GWB setzt voraus, dass weder die Einrichtung aus eigenen Kräften selbst errichtbar ist (Duplizität) noch ein Zugang auf andere Art und Weise möglich ist (sog. Substituierbarkeit). Ein Kontrahierungszwang scheitert daran, dass die Möglichkeit der Duplizität der Plattform besteht. Dieses Argument wäre vielleicht noch einmal genauer anzusehen.  Auch ein Zugangsanspruch aus §§ 33, 20 Abs. 2 GWB scheiterte. Zwar verlange § 20 Abs. 2 GWB keine Marktbeherrschung, sondern greife bereits ein, wenn von einem Unternehmen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Ware oder gewerblicher Leistung abhängig sind, da ausreichende und zumutbare Möglichkeiten auf andere Unternehmen auszuweichen nicht bestehen. Eine derartige Abhängigkeit sei aber nicht dargelegt worden. Bereits der Umstand, dass die Klägerin seit längerem ihr Geschäft betrieb und erstmals im Januar 2003 den Internethandel aufgenommen hatte, sprach in diesem Fall gegen eine Abhängigkeit. Die Klägerin hat zudem nicht vorgetragen, welchen Anteil die über die Beklagte durchgeführten Geschäfte am Gesamtumsatz und -gewinn gehabt hatten noch sein erkennbar, dass ein Ausweichen auf andere elektronische Marktplätze nicht möglich sei.

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