2009/05/24

Wenn sich eine Ehegatte nicht scheiden lassen will

Neulich hatten wir es mit der komplexen Konstellation in einer Vertretung vor dem Oberlandesgericht Köln zu tun, dass ein Ehegatte sich nach ca. zwei Jahren Trennung nicht scheiden lassen will. Dafür kann es verschiedene Gründe geben. Der Ehegatte kann krank oder hilfsbedürftig. Vielleicht will er Schwierigkeiten bereiten, um dem anderen die Chance zu eröffnen, sich neu zu verheiraten.

Wie reagieren Gerichte darauf?

Zunächst ist die Frage zu beantworten: Wann ist eine Ehe so zerrüttet, dass auch nach dem Ablauf eines Trennungsjahr auch gegen den Willen des anderen die Scheidung auszusprechen ist?

Die Ehegatten leben bekanntlich getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.

Es wird vom Gesetz unwiderlegbar vermutet, dass die Ehe gescheitert ist, wenn die Ehegatten seit einem Jahr getrennt leben und beide Ehegatten die Scheidung beantragen oder der Antragsgegner der Scheidung zustimmt. Der Scheidungsantrag eines Ehegatten ist aber lediglich ein schwaches und nicht hinreichendes Indiz für das Scheitern der Ehe. Ein Indiz (nicht Beweis) für das Scheitern der Ehe ist in der Regel die Zustimmung des anderen Ehegatten zur Ehescheidung, unbeschadet dessen, ob es sich um eine Zustimmung handelt, die in Inhalt und Form den Voraussetzungen des § 1566 Abs. 1 BGB genügt.Wenn es um die Frage der Zerrüttung geht, sind Indizien zu "sammeln".

Die Dauer des Getrenntlebens wird als wesentliches Indiz für die Zerrüttung gewertet, dessen Beweiskraft mit zunehmender Trennungsdauer wächst. Als weiteres sicheres Anzeichen für die endgültige Zerrüttung der Ehe ist die Tatsache anzusehen, wenn sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin sich mittlerweile von der Ehe abgewandt haben und jeweils neue Partnerschaften eingegangen sind.

Nach der Rechtsprechung reicht eine einseitige Zerrüttung auf Seiten eines Ehegatten aus. Es genügt, wenn aus dem Verhalten und den als glaubhaft angesehenen Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu seinem Partner zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Der Vortrag, die Parteien leben seit mehr als einem Jahr getrennt und auch der andere Ehegatte wolle geschieden sein und werde dem Begehren zustimmen, ist dagegen nicht ausreichend für einen schlüssigen Antrag.

Der unbedingte Wille eines der beiden Ehepartner, an der Ehe festzuhalten reicht für sich betrachtet nicht aus, um der Feststellung einer Zerrüttung der Ehe den Boden zu entziehen. Dabei ist es gleichgültig, warum ein Ehegatte die Ehe nicht mehr fortsetzen will. Seine Gründe müssen auch nicht vernünftig sein. Es genügt die hier erkennbare subjektive Einstellung der die Scheidung begehrenden antragstellenden Partei, wenn sie sich dahin schriftsätzlich äußert, dass die Wiederherstellung der Ehe nicht mehr zu erwarten ist. Tatsächlich genügt es, wenn aus dem Verhalten und den glaubhaften Bekundungen des die Scheidung beantragenden Ehegatten zu entnehmen ist, dass er unter keinen Umständen bereit ist, zu dem anderen Ehegatten zurückzufinden und die Ehe fortzusetzen. Eine Ehe gilt daher auch dann als zerrüttet, wenn nur ein Ehegatte sich – gleich aus welchen Gründen - endgültig abgewendet hat und die Ehe nur einseitig als zerrüttet angesehen wird, weil dann eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr erwartet werden kann.Ein Beispiel aus der Rechtsprechung: Geht das Verhalten des Scheidungswilligen gegenüber dem Antragsgegner über einen Zeitraum von rund 1 1/2 Jahren so weit, dass er (oder sie) jede Kontaktaufnahme - auch durch Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe - zu unterbinden versucht , die Wohnung wechselt, nachdem der Antragsgegner diese ausfindig gemacht hat, und mit allen zu Gebote stehenden Mitteln versucht wird, den Näherungsversuchen des Antragsgegners zu entgehen, ist die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht zu erwarten.

Rechtsanwalt Dr. Palm ist unter anderem berechtigt, vor allen deutschen Oberlandesgerichten aufzutreten.

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