2011/09/06

Formvorschriften im Familienrecht

Welche Formvorschriften gelten?

Ehevertrag

Scheidungsfolgenvereinbarung

Trennungsfolgenvereinbarung


Oft stellen uns Mandanten die Frage, ob sie im Blick auf die Ehe oder Scheidung selbst Regelungen aufsetzen können oder ob diese Regelungen formbedürftig sind.

§ 1410 BGB stellt zur Frage der Form fest: Der Ehevertrag muss bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. Sehr deutlich hat das OLG Frankfurt im Jahre 2000 festgestellt: Ein Ehevertrag hat eine weit über die Begründung von gegenwärtigen Verpflichtungen hinausgehende rechtliche Wirkung. Es bestehen auch Außenwirkungen gegenüber Dritten (z.B. § 1365 BGB). Mit der durch Ehevertrag bewirkten Änderung des Güterstandes ist eine unmittelbare Rechtsänderung eingetreten mit der Folge, dass eine erneute Änderung des Güterstandes, sei es Gütergemeinschaft oder Rückkehr zum gesetzlichen Güterstand, nur in der Form des § 1410 BGB möglich ist.

Eine Unterhaltsvereinbarung, die eine zuvor innerhalb eines notariell beurkundeten Ehevertrages getroffene Vereinbarung ändert, unterliegt unbeschadet des Umstandes, dass Unterhaltsabreden an sich nicht formbedürftig sind, dem Formerfordernis des § 1410 BGB. Der Zugewinnausgleich kann auch vor der Eheschließung nur durch notariellen Ehevertrag gemäß §§ 1408, 1411 BGB ausgeschlossen werden. Auch die Herausnahme einzelner Gegenstände aus dem Zugewinnausgleich hätte nur durch einen formpflichtigen Ehevertrag geschehen können.

Übrigens meint das OLG Köln im Jahre 2001: Eine notarielle Vereinbarung des Güterstandes der Gütertrennung nach BGB §§ 1408, 1410 ist ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht schon allein deshalb sittenwidrig oder anfechtbar, weil die Ehefrau die Einzelheiten der Vereinbarung wegen mangelnder Beherrschung der deutschen Sprache oder wegen der in dem notariellen Vertrag verwendeten juristischen Fachbegriffe nicht verstanden hat. Wer einen Vertrag schließt, dessen Inhalt er nicht voll versteht, handelt grundsätzlich auf eigene Gefahr.

Grundsätzlich gilt, dass ein Vertrag über die Aufhebung eines formpflichtigen Vertrages in der Regel nicht der Form des Begründungsvertrages bedarf, sondern formlos möglich ist. Dies gilt aber nur, wenn sich der Aufhebungsvertrag darin erschöpft, beiderseits übernommene Verpflichtungen rückgängig zu machen. Etwas anderes gilt, wenn durch den formpflichtigen Vertrag oder seiner teilweisen Umsetzung Rechtswirkungen entstanden sind, die nicht nur in dem Wegfall der im Ausgangsvertrag übernommenen Verpflichtungen bestehen.
Eine auf den ersten Blick sehr irritierende Feststellung trifft das OLG Düsseldorf am 28.04.1999. Das Gericht meint: "Treffen Ehegatten anlässlich ihrer Trennung und der bevorstehenden Ehescheidung eine Vereinbarung über die Auseinandersetzung der Vermögensmassen, so ist die Wahrung einer besonderen Form hierfür nicht erforderlich."
Warum bedarf es hier nicht der Form?

Die Vereinbarung der Parteien ließ in der konkreten Fallkonstellation ihren Güterstand indes unberührt und beschränkte sich auf die Auseinandersetzung aus Anlass der Trennung und der bevorstehenden Ehescheidung. Zwar können auch die Rechtsfolgen für die beiderseitigen Vermögen im Falle der Ehescheidung Gegenstand einer Vereinbarung über die güterrechtlichen Verhältnisse und damit eines Ehevertrages sein. Das gilt jedoch nicht mehr, wenn die Ehe bereits beendet ist oder – den Fall setzt das Gericht gleich – ihre Beendigung konkret bevorsteht. Dann ist die Vereinbarung nicht mehr auf die Ehe und ihre güterrechtliche Ausgestaltung, sondern auf die Auseinandersetzung der Vermögensmassen bezogen und unterliegt deshalb nicht dem Formerfordernis des § 1410 BGB. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Fallgestaltungen besteht darin, dass der Ehevertrag abstrakte Vereinbarungen für eine künftige Beendigung der Ehe trifft und die Gefahr von Fehleinschätzungen der Bedeutung und Tragweite deshalb ungleich größer ist als im Falle einer Auseinandersetzungsvereinbarung, bei der die Konfliktsituation bereits eingetreten und die konkreten widerstreitenden Interessen grundsätzlich bekannt sind.

Die in Rede stehende Vereinbarung war nach Auffassung des Gerichts auch nicht gemäß § 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB formbedürftig. Die Parteien wollten lediglich die beiderseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten gegenüber Dritten zusammenführen und eine Regelung über die Modalitäten des Ausgleichs treffen.

Sowohl die Vollmacht zum Abschluss eines Ehevertrages als auch die nachträgliche Genehmigung der von einem vollmachtlosen Vertreter abgegebenen Erklärungen sind formfrei möglich. Dies gilt auch dann, wenn die Vertretung nicht durch einen Dritten sondern durch den anderen Ehegatten erfolgt. War beim Abschluss eines Ehevertrages (Güterrechtsvertrag) nur ein Ehegatte anwesend, der zugleich als vom Selbstkontrahierungsverbot befreiter Bevollmächtigter des anderen Ehegatten aufgetreten ist, dann ist dem Erfordernis der gleichzeitigen Anwesenheit beider Ehegatten nach § 1410 BGB genüge getan, wenn nachträglich die Genehmigungserklärung des anderen Ehegatten notariell beglaubigt wird.

Kanzlei Dr. Palm mehr dazu

Beliebte Posts

Justiz

Justiz
Impression vor dem Justizzentrum Magdeburg