2012/09/26

Versicherungen anlässlich von Trennung/Scheidung


 
Oft werden wir gefragt, wie Versicherungen zu behandeln sind, wenn es zur Trennung und Scheidung kommt. Hier können sich empfindliche Probleme ergeben, wenn man nicht rechtzeitig vorsorgt. Geschützt ist regelmäßig nur der Versicherungsnehmer, der andere Ehegatte wird über kurz oder lang einen eigenen Versicherungsschutz begründen müssen.
 
Zu differenzieren ist hier wie folgt, wobei allerdings vorrangig ein Blick in die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Versicherungen geworfen werden sollte


Lebensversicherung Rechtsanwalt Bonn
Rechtscharakter einer Lebensversicherung


Welches Schicksal eine Lebensversicherung bei Trennung und Scheidung hat, richtet sich nach deren Rechtscharakter. Geht es um Vorsorge, gehört sie zum Versorgungsausgleich. Lebensversicherungen auf Rentenbasis werden also nicht dem Zugewinn zugerechnet, sondern dem Versorgungsausgleich. Sollten Sie Versorgungsansprüche in einem Ehevertrag ausgeschlossen haben, bleiben auf Rentenbasis beruhende Versicherungen bei der Scheidung außen vor.

Anrechte aus einer privaten Kapitalversicherung sind nach der Rechtsprechung des BGH schon deswegen nicht im Versorgungsausgleich zu berücksichtigen, weil sie nicht auf eine Rente, sondern auf Auszahlung eines Kapitalbetrages gerichtet sind, über den der Berechtigte frei verfügen kann.

Kapitalwahlrecht

Dies gilt nach dieser Rechtsprechung auch, wenn der Berechtigte einer privaten Rentenversicherung von dem vertraglich vereinbarten Kapitalwahlrecht Gebrauch gemacht hat. Unerheblich ist somit, ob sich der private Versicherungsvertrag von Beginn an auf eine Kapitalversicherung bezog oder ob im Falle einer Rentenversicherung das vereinbarte Kapitalwahlrecht ausgeübt worden ist. In beiden Fällen unterliegt das ehezeitlich erworbene Anrecht nach dem BGH nicht (mehr) dem Versorgungsausgleich, sondern ist einer Berücksichtigung im Zugewinnausgleich vorbehalten.

Stichtagsprinzip

Einer Berücksichtigung des erst nach Ende der Ehezeit ausgeübten Kapitalwahlrechts stehe auch das Stichtagsprinzip der §§ 3 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 2 VersAusglG nicht entgegen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung eines Anrechts sei zwar nach § 5 Abs. 2 Satz 1 VersAusglG das Ende der Ehezeit. Rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit sind aber nach dieser Rechtsprechung zu berücksichtigen, wenn sie auf den Ehezeitanteil zurückwirken (§ 5 Abs. 2 Satz 2 VersAusglG).
Versicherungen Roland BremenSpätere Ausübung des Kapitalwahlrechts
Die spätere Ausübung des Kapitalwahlrechts wirkt sich zwar nicht auf den Wert des Anrechts aus, aber auf dessen Ausgleichsform. Die Rechtsposition des Ehemanns aus dem Versicherungsvertrag mit der Versicherungsgesellschaft hatte sichtdurch die Ausübung des Kapitalwahlrechts in ein Anrecht auf Zahlung des vereinbarten Kapitals gewandelt. Umgekehrt ist dieses Kapitalrecht auch nicht nach dem Stichtagsprinzip des § 1384 BGB dem Zugewinnausgleich entzogen. Auch wenn das Anrecht ursprünglich noch auf ein Rentenrecht gerichtet war, war es bereits als wirtschaftlicher Wert bei Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags im Endvermögen des Berechtigten vorhanden. Der bloße Wechsel der Ausgleichsform schließt es nicht aus, das Anrecht nach Ausübung des Kapitalwahlrechts mit diesem Wert in die Zugewinnausgleichsbilanz einzustellen.
 
Krankenversicherung

In der gesetzlichen Krankenversicherung sind, wenn nur ein Ehepartner berufstätig ist, Ehepartner und Kinder beitragsfrei mitversichert. Der Mitversicherte muss sich nach Scheidung innerhalb von drei Monaten um einen eigenen Krankenversicherungsschutz bemühen. Mehr auf unserer Seite "Krankenversicherung" >>

Kfz-Versicherung

Sind Erst- und Zweitwagen gemeinsam auf einen Versicherungsnehmer zugelassen, müssen sich die beiden Ex-Partner, nachdem eine Einigung darüber erzielt wurde, wer welches Auto behält, getrennt selbst versichern. Die Übertragung von Schadensfreiheitsrabatten ist dabei möglich - die Zustimmung des Partners vorausgesetzt. Es gibt Entscheidungen, die Schadensfreiheitsrabatte übertragen. Das ist der Fall, wenn etwa eine einschlägige Nutzung durch einen Ehepartner nachweisbar ist.

Hausrat

Entscheidend ist hier die Trennung. Der Hausrat ist nach der Trennung bis maximal drei Monate nach der letzten Beitragszahlung in zwei Wohnungen mitversichert. Der Versicherungsnehmer behält bei einem Auszug den Versicherungsschutz in der neuen oder alten Wohnung. Ggf. sollte man den Vertrag anpassen, wenn weniger Werte eine geringere Versicherungssumme sinnvoll erscheinen lassen. Der bisher Mitversicherte muss einen neuen Vertrag abschließen.

Haftpflicht

Eheleute müssen als Mitversicherte bei Scheidung neue Verträge abschließen. Die Kinder bleiben mitversichert.

Rechtsschutzversicherung

Für den Rechtsschutz gilt regelmäßig dasselbe. Beratungsrechtsschutz für Familien- und Erbrecht gibt es nur für den Versicherten.
Schildern Sie uns Ihren Fall gerne per Email - Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2012/09/23

Mobbing Dienstunfähigkeit Rechtsanwalt

Mobbing bei und unter Beamten ist im Blick auf typische Verletzungshandlungen kein spezifisches Phänomen. Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn erstreckt sich auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Beamten vor rechtswidrigen persönlichen Angriffen durch Vorgesetzte und Mitarbeiter in Gestalt des Mobbings. Auch hier kommen als Konsequenzen Unterlassungen, Schmerzensgeld und Schadensersatz in Betracht. Spezifisch wird die rechtliche Auseinandersetzung mit dem Mobbing im Beamtenrecht erst durch den Umstand, dass Beamte nicht kündbar sind. Insofern kann hier lediglich die Frage der Dienstfähigkeit erörtert werden, wenn der Beamte nicht um Entlassung nachersucht - was er regelmäßig nicht tun wird. Es ist also nicht unwahrscheinlich, dass Fragen des Mobbing häufig im Kontext von Fragen der Dienstfähigkeit erörtert werden. Uns ist diese spezifische Problematik aus diversen Verfahren gut bekannt.

Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2012/09/19

Religion Religionsfreiheit Arbeitsrecht Rechtsanwalt

Zur Sicherung der Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 GG sind Fragen nach der Religionszugehörigkeit bei Bewerbung um einen Arbeitsplatz und bei den Vertragsverhandlungen grundsätzlich nicht zulässig. Erlaubt sind sie nach der Rechtsprechung nur , wenn es sich um einen religiös bestimmten Tendenzbetrieb oder eine kirchliche Einrichtung handelt.

Das ist nachvollziehbar, weil hier die Religion den maßgeblichen Inhalt der Einrichtung prägt. Es stellt einen unzulässigen Eingriff in den Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 GG dar, vom Arbeitnehmer zu verlangen, seine Religion und die Regeln seiner Religion bereits vor Arbeitsvertragsschluss dem Arbeitgeber zu offenbaren. Muss der Arbeitnehmer mitteilen, dass er Christ, Muslim etc. ist? Nein! Wenn schon ein Fragerecht nicht besteht, ist der Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung erst recht nicht zur Offenbarung verpflichtet. Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seines religiösen Bekenntnisses nur erheblich eingeschränkt oder überhaupt nicht in der Lage ist, die vertraglich geschuldeten Leistungen zu erbringen.

Schildern Sie uns Ihren Fall, wir sind gerne bereit, mit Ihnen die rechtlichen Konsequenzen zu erörtern.

2012/09/18

Türkei Beibehaltungsgenehmigung Rechtsanwalt

Unser Service

Das Gesetz zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts regelt auch die Frage der Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer ausländischen. Wir vertreten zahlreiche deutsche Mandanten, die im Ausland leben, in solchen Angelegenheiten. 

Wichtiger Hinweis: Der Antrag wird zwar bei den konsularischen Vertretungen des jeweiligen Landes, in dem Sie sich aufhalten, eingereicht, aber die Behörde, die entscheidet, ist das Bundesverwaltungsamt in Köln. Wenn wir Sie vertreten, haben Sie den Vorteil, dass wir in unmittelbarer Nähe dieser Behörde unsere Kanzlei haben. Insofern können hier - wenn es erforderlich wird - direkte Gespräche vor Ort mit Behördenvertreten geführt werden. Im Fall der Klage vertreten wir Sie dann vor dem Verwaltungsgericht in Köln bzw. dem Oberverwaltungsgericht in Münster, sodass hier keine besonderen Kosten entstehen.

Grundsätzlich gilt allerdings beim Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit, dass die deutsche Staatsangehörigkeit verloren geht (§§ 17 Nr. 2, 25 Abs. 1 StAG). Eine gesetzliche Regelung, die den Verlust der Staatsangehörigkeit an den freiwilligen, antragsgemäßen Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit knüpft, begegnet keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, denn der Verlust tritt aufgrund von Handlungen des Betroffenen ein, die auf einem selbstverantwortlichen und freien Willensentschluss gegründet sind, hat das BVerfG 2006 entschieden.
Die unter Umständen sich ergebende Notwendigkeit, sich zwischen der deutschen und der ausländischen Staatsangehörigkeit zu entscheiden, sei nicht als solche schon unzumutbar. Sie sei Folge der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine uneingeschränkte Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Die Entscheidung über den Antrag über die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit ist eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 25 Abs. 2 StAG voraussetzt, private und öffentliche Interessen abzuwägen. Bei einem Antragsteller, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, wird vor allem darauf abgestellt, ob er fortbestehende Bindungen an Deutschland hat.

Man sollte klar sehen, dass es im Blick auf die Rechtsprechung und das (folgende) Gesetz keine Routine ist, Mehrstaatigkeit zuzulassen, auch wenn gilt: Die Vermeidung oder Beseitigung von Mehrstaatigkeit hat spätestens seit der Gesetzesänderung keinen grundsätzlichen Vorrang mehr, vgl. BVerwG 2008. Vielmehr sind nach dem Bundesverwaltungsgericht die privaten Interessen des Einzelnen an der Begründung oder Beibehaltung einer doppelten oder mehrfachen Staatsangehörigkeit prinzipiell gleichrangig mit dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung von Mehrstaatigkeit abzuwägen.


Das Oberverwaltungsgericht Münster hatte in einem Fall 2010 zu entscheiden, in dem ein Deutscher, der zuvor die türkische Staatsangehörigkeit gehabt hatte, dann eingebürgert wurde und die türkische Staatsangehörigkeit verlor, nunmehr eine Beibehaltungsgenehmigung beantragte. Der Fall macht besonders deutlich, wie in diesen Fällen abzuwägen ist und wie man ggf. erreichen kann, mit einem Antrag erfolgreich zu sein, der Nebenbedingungen
Zunächst gilt der Grundsatz: Die Beibehaltungsgenehmigung kann erteilt werden, wenn öffentliche oder private Belange den Erwerb der ausländischen Staatsangehörigkeit und den zugleich Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit rechtfertigen und der Erteilung keine überwiegenden Belange entgegenstehen. Allgemeine Schwierigkeiten im Geschäftsverkehr, beim Aufbau von Geschäftsbeziehungen und bei Personenkontrollen mögen lästig und mit Kosten verbunden sein, reichen nicht aus für eine doppelte Staatsbürgerschaft. Die Wertungen des § 12 Abs. 1 Sätze 1und 2 Nr. 5 StAG eröffneten dafür alleine nicht eine solche Rechtsfolge. Hinsichtlich der beabsichtigten Geschäftsbeziehungen in die Türkei sah das Gericht nicht, dass der Antragsteller konkrete erhebliche wirtschaftliche Nachteile im Sinne des § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 5 StAG dargelegt hatte. Auch wegen eines geerbten Grundstücks ergeben sich nach dieser Entscheidung keine erheblichen vermögensrechtlichen Nachteile. Gleichwohl sah das Gericht, dass bei der vorgeschriebenen Abwägung die privaten Belange des Klägers als auch die öffentlichen Belange der Vermeidung von Mehrstaatigkeit fehlgewichtet worden wären. Die privaten Belangen habe die Behörde ein zu geringes Gewicht beigemessen, weil sie diese ausschließlich am Maßstab der Erheblichkeitsschwelle des § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 5 StAG gemessen und daher ausschließlich darauf abgestellt habe. Das sei falsch, weil auch solche, im Sinne des § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 5 StAG nicht erheblichen Nachteile die Erteilung einer Beibehaltungsgenehmigung mit Nebenbestimmungen insbesondere dann rechtfertigen können, wenn ein Antragsteller nur einen vorübergehenden Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit begehrt.

Auf der Grundlage dieses zu hohen Maßstabes habe die Behörde nicht ernsthaft geprüft, dass der Kläger Nachteilen im Alltagsleben wegen der unterschiedlichen Namensbezeichnungen in seinen Ausweisdokumenten ausgesetzt war. Dem öffentlichen Belang der Vermeidung von Mehrstaatigkeit habe die Behörde ein zu hohes Gewicht beigemessen. Dieser Belang habe ein deutlich geringeres Gewicht als im Durchschnitt der Antragsverfahren nach § 25 Abs. 2 StAG, weil der Antragsteller die Beibehaltungsgenehmigung nur für einen vorübergehenden Zeitraum von etwa einem Jahr begehrte. Diese Gewichtung werde dem Anliegen des Klägers nur unvollständig gerecht und blende ugleich aus, dass die vorübergehende Hinnahme von Mehrstaatigkeit, auch im Blick auf die Beifügung etwa einer Auflage, ein durchaus sachgerechtes Mittel sein kann, um dem Übermaßverbot Rechnung zu tragen.

Wir haben zahlreiche Beibehaltungsverfahren betrieben. Wenn wir Ihre Konstellation kennen, können wir mit einiger Erfahrung sagen, ob Erfolgsaussichten in Ihrem Fall bestehen.

Arbeitsverhältnis Facebook Kündigung Rechtsanwalt


Ein Arbeitnehmer darf nach dem Arbeitsgericht Hagen (2012), vor dem wir auch schon Mandanten vertreten haben, regelmäßig darauf vertrauen, dass diffamierende und ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und Kollegen in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen nicht nach außen getragen werden. Er ist nicht gehalten von seinem Arbeitgeber und von seinen Kollegen nur positiv zu denken und sich in seiner Privatsphäre ausschließlich positiv über sie zu äußern. Diesen Schutz der Privatsphäre und auch der Meinungsfreiheit kann jedoch nicht der Arbeitnehmer für sich in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit aufhebt, wenn er ehrverletzenden Äußerungen auf die Pinnwand bei Facebook postet, auf die auch betriebsangehörige "Freunde" Zugriff haben, so dass die Gelegenheit für Dritte, seine Äußerungen wahrzunehmen, ihm zurechenbar wird.

Gegen die Entscheidung wurde Berufung eingelegt. Das bleibt noch abzuwarten.

Sollten Sie dieses Problem haben, ob nun auf der aktiven oder passiven Seite, schildern Sie uns Ihren Fall. Wir haben sehr viel Erfahrung in der Auslegung solcher Aussagen. In einem Fall konnten wir die Kündigung einer Arbeitnehmerin abwenden, die im Fernsehen eine Stellungnahme über das Unternehmen bzw. ihren Arbeitgeber abgegeben hatte.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Befristete Arbeitsverhältnisse Entfristung Klage Rechtsanwalt

Wir haben befristete Arbeitsverhältnisse in vielen Konstellationen überprüft und erfolgreich Entfristungsklagen für Mandanten betrieben.

Das Problem befristeter Arbeitsverträge ist längst nicht erledigt. Die ständig neuen Entscheidungen der Rechtsprechung signalisieren, dass hier Unklarheiten bestehen - um nicht mehr zu bestehen - und klarere Regeln wünschbar wären. Vor allem aber geht es um den Schutz von Arbeitsverhältnissen, die mit der gegenwärtigen Regelung nicht so weit reichend ist, wie das ursprünglich mal "angedacht" war.


Das hat die Rechtsprechung erkannt. Das Ausgangsproblem des 7. Senats des BAG in seiner EuGH-Vorlage aus dem Jahre 2010: Allein die große Anzahl der mit einem Arbeitnehmer abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge führt nach der Rechtsprechung des Senats nicht dazu, dass an die Prüfung, ob der Sachgrund der Vertretung vorliegt, strengere Anforderungen zu stellen sind. Der Sachgrund der Vertretung liegt immer dann vor, wenn ein Arbeitnehmer zur Deckung eines Beschäftigungsbedarfs eingestellt wird, der durch die vorübergehende Arbeitsverhinderung eines anderen Arbeitnehmers verursacht wird. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist es unerheblich, ob der befristet eingestellte Arbeitnehmer bereits zuvor im Rahmen befristeter Arbeitsverträge bei dem Arbeitgeber beschäftigt war oder nicht.

Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs: Zur mehrfachen Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen vgl. EuGH, Urteil vom 26.01.2012 - C-586/10: Die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge kann auch dann durch einen Vertretungsbedarf gerechtfertigt sein, wenn sich dieser Bedarf als wiederkehrend oder sogar ständig erweist. Aus dem bloßen Umstand, dass ein Arbeitgeber gezwungen sein mag, wiederholt oder sogar dauerhaft auf befristete Vertretungen zurückzugreifen, und dass diese Vertretungen auch durch die Einstellung von Arbeitnehmern mit unbefristeten Arbeitsverträgen gedeckt werden könnten, folge weder, dass kein solcher sachlicher Grund gegeben ist, noch das Vorliegen eines Missbrauchs.

Es bleibt nun abzuwarten, wie das Bundesarbeitsgericht diese Entscheidung in der nationalen Rechtsprechung rezipiert.

Gerne überprüfen wir Ihren Arbeitsvertrag daraufhin, ob Chancen einer Entfristung bestehen. Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2012/09/17

Markenprüfung Markenrecht Rechtsanwalt

Wenn man eine Marke prüfen will, sollte man zunächst in einer Suchmaschine überprüfen, ob die Marke nicht längst genutzt ist. Doch selbst, wenn sich herausstellt, dass das nicht der Fall ist, löst das noch nicht alle Probleme.

Beispiel für eine Markenprüfung

Man findet einen schönen Namen und will ihn zur Marke machen. Wie prüft man das juristisch, ob der Name auch tatsächlich markentauglich ist?

Nehmen wir den Phantasienamen „Schrubbeschön“ für einen Bodenreiniger. Geht das?  Zunächst ein Blick in das Gesetz: Gesetz über den Schutz von Marken und sonstigen Kennzeichen - Markengesetz

§ 8 Absolute Schutzhindernisse

(1) Von der Eintragung sind als Marke schutzfähige Zeichen im Sinne des § 3 ausgeschlossen, die sich nicht graphisch darstellen lassen.

(2) Von der Eintragung ausgeschlossen sind Marken,

1.denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt,

2.die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können,…
Fraglich ist, ob der begehrten Eintragung in das Markenregister das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) oder auch einer beschreibenden Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehen könnten.

Beschreibende Angabe

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder sonstige Merkmale der Waren dienen können. Um den berechtigten Interessen der Mitbewerber an der freien Benutzbarkeit von Angaben zur Beschaffenheit der Ware gerecht zu werden, sind folglich solche Bezeichnungen von der Eintragung auszunehmen, die nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs als eine glatt beschreibende Angabe auffassen.

In der beanspruchten Marke „Geschmackvoll essen“ hat das BPatG München 28. Senat mit Entscheidung vom 08.03.2006 - Aktenzeichen: 28 W (pat) 221/04 eine solche beschreibende Angabe gesehen, die weder einen einzelnen, hinreichend eigenständigen, schutzfähigen Bestandteil aufweist noch in ihrer Gesamtheit einen phantasievollen Überschuss besitzt. Das Gericht bejahte ein Freihaltebedürfnis. Die Zurückweisung einer Anmeldung setzt dabei nicht voraus, dass die Zeichen und Angaben, aus denen die in § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG genannte Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die gegenständlichen Waren oder Dienstleistungen oder für ihre Merkmale im Verkehr beschreibend verwendet werden. Es genügt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können, dies also vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist (Dazu gibt es auch vom EuGH, die DOUBLEMINT-Entscheidung, GRUR 2004, 146). Ein zukünftiges Freihaltungsbedürfnis setzt eine nicht lediglich spekulative, sondern realitätsbezogene Prognose voraus, die nicht nur auf die gegenwärtigen Verhältnisse abstellt, sondern auch mögliche, nicht außerhalb der Wahrscheinlichkeit liegende zukünftige wirtschaftliche Entwicklungen berücksichtigt, die eine beschreibende Verwendung der betreffenden Angabe vernünftigerweise erwarten lassen

Für die beanspruchten Waren besagt die Wortfolge „Geschmackvoll essen“ im Sinne eines allgemein verständlichen Sachhinweises deutlich und unmissverständlich, dass sie dazu dienen oder geeignet sind, geschmackvoll zu essen, gleichgültig ob damit der aromatische oder der optische Eindruck der Waren gemeint ist. Ein möglicher Doppelsinn von "geschmackvoll" beeinträchtigt nach der Rechtsprechung das Freihaltungsbedürfnis nicht. Da die Kombination der beiden Begriffe über den Sinngehalt der Einzelwörter nicht hinausgeht, ist sie auch in der konkreten Anordnung für die Mitbewerber freizuhalten (Dazu gibt es vom EuGH GRUR 2004, 680 eine Entscheidung zum Begriff „ biomild“).

„Schrubbeschön“ ist ein zusammengesetztes Wort aus zwei unabhängig voneinander semantisch sinnvollen Wörtern. In der Kombination kann es als Imperativ gelesen werden, also als eine Art Aufforderung: „Schrubbe schön!“ Die Frage ist, ob es sich um einen über den Sinngehalt der Einzelwörter hinausgehenden Inhalt handelt. Das ist hier eher nicht zu bejahen, wenn man die beiden Wörter gedanklich trennt.
In der Travelcheck-Entscheidung des BPatG München 26. Senat vom 06.08.2008 - Aktenzeichen: 26 W (pat) 58/07 hat das Gericht zum Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zusätzlich noch einmal klar gemacht, dass die Verwendung gar nicht erfolgen muss, wenn es sich um eine sprachübliche Wortneuschöpfung handelt:

„Soweit eine Wortneuschöpfung sprachüblich gebildet und daher zur Beschreibung der Waren/Dienstleistungen geeignet ist, wird ihr Charakter auch bei weiterer Verwendung durch den "Erfinder" nicht verändert, so dass insoweit die freie Benutzung durch Dritte gewährleistet sein muss. Ob derzeit tatsächlich Mitbewerber des Anmelders den Begriff benötigen, ist dabei unerheblich; da es sich bei "Travelcheck" um eine beschreibende Angabe handelt, ist diese auch für potentielle Mitbewerber freizuhalten.“

Die Wortfolge könnte auch - wie es die vorgenannte Entscheidung untersucht hat - deshalb freihaltungsbedürftig sein, weil es im Wettbewerbsleben, aber auch in der Alltagssprache üblich geworden ist, beschreibende Angaben als Wortkombinationen wiederzugeben. Als Beispiele hat das BPatG München auf Wortpaarungen wie "Test it", "den unverfälschten Geschmack genießen" oder "delikat essen" hingewiesen. Auch bei einer nur "vereinzelten Benutzung durch Mitbewerber" ergibt sich zwangsläufig ein Freihaltungsbedürfnis. Dabei muss man sagen, dass den „unverfälschten Geschmack genießen“ bereits einen hohen Spezifikationsgrad hat und es jedenfalls nicht anzunehmen ist, dass der Verkehr darauf angewiesen ist, diese Begrifflichkeit benutzen zu können.

Unterscheidungskraft

Unterscheidungskraft im Sinn der genannten Bestimmung ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen, für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren/Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft ist zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen.

Entscheidend ist also, wie die Verkehrsauffassung auf eine potentielle Marke reagiert. Diese Prüfung kann man immer gut durchführen, wenn man möglichst viele Menschen nach ihrem Verständnis der Bezeichnung fragt. Würde bei einer Sachaussage der Wortfolge von größeren Verkehrskreisen eine betriebskennzeichnende Bedeutung beigemessen oder würde man nur den werbemäßig anpreisenden Charakter darin erkennen. Keine Unterscheidungskraft weisen vor allem solche Marken auf, denen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt zuordnen. Hier könnte man argumentieren, dass „Schrubbeschön“ keinen besonders spezifischen Charakter hat, was nun den jeweiligen Umgang mit einem Reinigungsmittel betrifft. Die Beschreibung liegt hier darin, dass „schön geschrubbt“ wird, also eine Qualitätsaussage sich mit der Produktanwendung verbindet. Selbst wenn man darin nun eine Wortneuschöpfung sehen würde, wäre das, wie mehrfach von der Rechtsprechung entschieden worden ist, für sich allein betrachtet, auch nicht ausschlaggebend (Vgl. dazu aber unten die Ausführungen zu „coverderm“).

Rechtsprechung

Die Rechtsprechung ist kasuistisch, d.h. es kommt schon sehr auf den Einzelfall an und Übertragungen sind nicht immer leicht möglich, weil insbesondere Recherchen zu Verkehrsauffassungen nicht so ohne weiteres vorwegzunehmen sind.

Die Rechtsprechung hat andererseits in der PAPER MADE RIGHT-Entscheidung, BPatG München 29. Senat vom 08.11.2006 – Aktenzeichen 29 W (pat) 48/05 darauf hingewiesen, dass die Prägnanz einer Wortschöpfung eine gewichtige Rolle spielen kann: „Anhaltspunkte für die Unterscheidungskraft einer Wortfolge können nach der Rechtsprechung in der Kürze, einer gewissen Originalität und Prägnanz der jeweiligen Wortkombination oder auch deren Mehrdeutigkeit oder Interpretationsbedürftigkeit sein. Ein selbständig kennzeichnender Bestandteil oder ein fantasievoller Überschuss sind jedenfalls nicht Voraussetzung einer unterscheidungskräftigen Wortfolge. Der Senat argumentierte so, dass sich eine Verwendung der Wortfolge „Papier richtig gemacht“ nicht ermitteln lasse. Das angesprochene Publikum würde in der angemeldeten Wortfolge keine reine Werbeaussage oder nur einen Sachhinweis auf die beanspruchten Papier- und Pappwaren erkennen. Denn anders als bei Tätigkeiten, bei denen es maßgeblich auf die richtige Ausführung ankommt, handele es sich bei den beanspruchten Waren um fertige Produkte. Überträgt man das auf den vorliegenden Fall lässt sich feststellen, dass es sich nicht um die Angabe zu einem fertigen Produkt handelt, sondern zu einer Tätigkeit. So könnte eine Recherche ergeben, dass man etwa sagt, das etwas „schlampig“ oder „schlecht“ geschrubbt sei. Das „Schön schrubben“ beinhaltet dagegen eher eine werbende Aussage, die als Wortfolge zunächst gut vorstellbar ist.

In dem Parallelverfahren wurde entsprechend festgestellt, dass die angemeldete Bezeichnung "PAPER MADE SIMPLE" für die Waren "Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, insbesondere Papier für Telekommunikationszwecke, Computerpapier, Büropapier, Kopierpapier, Druckpapier, Spezialpapier, insbesondere für Dokumente, Geschäftsbriefe und Vordrucke" keine reine Werbeaussage oder einen Sachhinweis darstelle. Die Begriffe würden auch nicht nur Merkmale oder Eigenschaften der Waren beschreiben.

Wichtig für unseren vorliegenden Beispielfall ist die Entscheidung des BPatG München 25. Senat - COVERDERM – vom: 13.09.2005 -Aktenzeichen: 25 W (pat) 184/03. Der Senat vertrat die Auffassung, dass der Bezeichnung "COVERDERM" trotz der beschreibenden Einzelbestandteile "Cover = abdecken, Abdeckung" und "Derm = Haut" nicht an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle, da die Kombination eine ungewöhnliche Wortneuschöpfung darstellt, die über die bloße Aneinanderreihung schutzunfähiger Angaben hinausgehe. „Auch wenn den einzelnen Bestandteilen der angegriffenen Marke für die in Rede stehenden Waren eine beschreibende Bedeutung zukommt, da "COVER" im Sinne von "abdecken", "Abdeckung" und "DERM" im Sinne von "Haut" verstanden werden kann, und die Antragstellerin auch eine Reihe von Belegen eingereicht hat, in denen diese Wörter in beschreibendem Sinne verwendet werden, kommt es für die Beurteilung der Schutzfähigkeit auf die angegriffene Marke in ihrer Gesamtheit an. Beschreibende Verwendungen der Wörter "COVER" oder "DERM" seien für die Frage der Schutzunfähigkeit allein nicht ausschlaggebend. Um eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG ansehen zu können, genügt es nicht, dass für jeden dieser Bestandteile gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter müsse auch für die Neuschöpfung oder das Wort selbst festgestellt werden.

Das Gericht argumentiert dann so: Eine Übersetzung von "COVERDERM" mit "Haut abdecken" sei nicht sprachüblich und auch nicht nahe liegend. Dies gilt um so mehr, als der Ausdruck "to cover the derm" – wenn auch als beschreibende Angabe verständlich - keine feststellbare oder gar gängige Übersetzung für "die Haut abdecken" ist, was von den angesprochenen Verkehrskreisen eher mit "to cover the skin" übersetzt würde. Eine Verwendung der Bezeichnung lasse den Verkehr jedoch noch nicht ohne weiteres darin lediglich eine beschreibende Angabe sehen, wenn es eine ihm unbekannte, sprachunüblich gebildete und erst aufgrund weiterer Gedankenschritte beschreibende Anklänge aufweisende Bezeichnung ist. Nach der Rechtsprechung des EuGH (GRUR 2004, 680 – BIOMILD; GRUR 2004, 674 - Postkantoor) sei davon auszugehen, dass eine Marke, die sich aus einer sprachlichen Neuschöpfung mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren beschreibt, für welche die Eintragung beantragt wird, selbst einen die Merkmale dieser Waren beschreibenden Charakter hat, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht. Das heißt, dass die Neuschöpfung aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht. Bei dieser Beurteilung spielt es keine Rolle, ob es Synonyme gibt, mit denen dieselben Merkmale der Waren bezeichnet werden könnten. Insofern war es bei der angegriffenen Marke im Zusammenhang mit den registrierten Waren auch unschädlich, dass sich teilweise beschreibende Assoziationen einstellen. Gleichwohl sei das kein Schutzhindernis, wenn der gewählten sprachlichen Ausdrucksform kennzeichenmäßige Bedeutung zukommt und es sich nicht um eine – wenn auch etwa nur in Fachkreisen bekannte – Merkmalsbezeichnung handelt. In dem Fall war es so, dass „coverderm“ sogar von anderen Herstellern als Begriff verwendet wurde.

Hier könnte sich etwas anderes noch daraus ergeben, dass „Schrubbeschön“ ein Slogan ist, für den andere Regeln gelten. Das hat aber die Rechtsprechung inzwischen auch entschieden, wie in der Entscheidung des BGH 1. Zivilsenat zum Slogan „Test it, Test it, Test it“ vom 23.11.2000 - Aktenzeichen: I ZB 34/98: Von mangelnder Unterscheidungskraft ist deshalb auch bei sloganartigen Wortfolgen lediglich bei beschreibenden Angaben oder Anpreisungen und Werbeaussagen allgemeiner Art auszugehen. Grundsätzlich nicht unterscheidungskräftig werden in der Regel längere Wortfolgen sein.
Indizien für die Eignung, die konkret angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden, können dagegen Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sein; solche Umstände können eine Wortfolge zu einem eingängigen und aussagekräftigen Werbeslogan machen. Auch die Mehrdeutigkeit und daher Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage kann einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten. Dabei dürfen die Anforderungen an die Eigenart im Rahmen der Bewertung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen nicht überspannt werden. Auch einer für sich genommen eher einfachen Aussage könne nicht von vornherein die Eignung zur Produktidentifikation abgesprochen werden.

Das Gericht kam zu dem Ergebnis: Stellt eine Wortmarke eine ohne weiteres erkennbare Aufforderung zum Testkauf dar, fehlt ihr für bestimmte Warenbereiche (hier: Genussmittel) die zu einer Eintragung erforderliche (konkrete) Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Für ein Freihaltebedürfnis nach MarkenG § 8 Abs 2 Nr 2 fehlt es dagegen bei der Wortfolge "Test it." hinsichtlich der Waren Raucherartikel und Streichhölzer an der notwendigen Eindeutigkeit einer beschreibenden Angabe. Diese enthält keine konkret warenbezogene beschreibende Sachaussage, die auf eine für den Verkehr bedeutsame Eigenschaft der Waren Raucherartikel und Streichhölzer selbst Bezug nimmt. Das Bundespatentgericht hat der angemeldeten Wortfolge lediglich eine Aufforderung zum Kauf entnommen. Von einer unmittelbaren Angabe über die Beschaffenheit oder den Wert der Waren ist es nicht ausgegangen. Das ist auch bei „Schrubbeschön“ anders gelagert, weil es eben spezifischer auf Reinigungsmittel verweist, während Test it“ sich auf fast jedes Produkt beziehen kann.

Es gibt auch eine „Putzmittel“-Entscheidung - BPatG München 24. Senat - REIN IN DIE ZUKUNFT vom 09.10.2007 -Aktenzeichen: 24 W (pat) 109/06 mit folgendem Ergebnis: Der u. a. für diverse Putzmittel und –gerätschaften angemeldete Werbeslogan "REIN IN DIE ZUKUNFT" bringt die Zukunftsorientiertheit und Fortschrittlichkeit der so beworbenen Produkte zum Ausdruck, mit denen der Verbraucher bzw. sein Umfeld entweder "sauber, gereinigt" oder überhaupt "hinein in die Zukunft" gelangt. Bei der Marke steht eine rein werblich anpreisende Aussage im Vordergrund, nicht hingegen die Funktion eines betrieblichen Herkunftshinweises. Daher fehlt der Wortfolge die erforderliche Unterscheidungskraft.
Weiterhin sei noch auf die Königstest-Entscheidung BPatG München 33. Senat vom 03.11.2005 Aktenzeichen: 33 W (pat) 215/03 hinzuweisen, die dieses Ergebnis dann wieder bestätigt. Aufgrund ihres im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakters fehle der sprachüblich gebildeten Anmeldemarke "Königstest" in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die geistige Inhalte aufweisen können (z. B. Datenträger, Bücher, Erstellen von Datenverarbeitungsprogramme; Dienstleistungen einer Datenbank), die erforderliche Unterscheidungskraft. Angesichts der häufigen Verwendung des Markenwortes sowie gleichbedeutender Parallelbegriffe in der Alltagssprache ist ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei einem Königstest um einen besonders wichtigen und aussagekräftigen Test handelt. Hinsichtlich der beanspruchten Waren der Klasse 16, die keine geistigen Inhalte aufweisen, kann der Wortkombination weder ein im Vordergrund stehender Charakter zugeordnet werden noch ist sie zur freien beschreibenden Verwendung durch die Mitbewerber freizuhalten. Daher besitzt die Marke diesbezüglich die erforderliche Unterscheidungskraft und unterliegt keinem Freihaltungsbedürfnis.

Fraglich ist noch, ob sich aus der „Imperativ-Form“ etwas anderes ergibt. Auch hierzu hat die Rechtsprechung aktuell Stellung genommen. BPatG München 27. Senat vom 27.11.2007 - Aktenzeichen: 27 W (pat) 90/07 zu dem Begriff „SchauHör“. Aufgrund ihrer besonderen Gestaltung bzw. ihrer ungewöhnlichen Schreibweise kann der für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 28 und 41 angemeldeten Marke "SchauHör" weder die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden noch unterliegt die Bezeichnung einem Freihaltungsbedürfnis, entschied das Gericht mit einer Begründung, die auch für den vorliegenden Fall nutzbar gemacht werden könnte. Die Ausgangssituation ist ähnlich wie im vorliegenden Fall: „Allerdings werden die angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich wegen der Art der beanspruchten Waren und Dienstleistungen um alle Inlandsverbraucher handelt, die die Wortteile der angemeldeten Marke ohne jede Mühe nur als Imperativformen der Verben "schauen" und "hören" und damit lediglich als bloßen Sachhinweis auf die sinnlichen Wahrnehmungsformen des Schauens bzw. Hörens verstehen. Soweit die beanspruchten Waren und Dienstleistungen damit in irgendeinem Zusammenhang mit diesen Wahrnehmungsformen stehen können, was bei den meisten Waren und Dienstleistungen, für welche die Anmelderin einen Schutz anstrebt, der Fall ist, handelt es sich daher um glatt beschreibende und damit für sich genommen dem Markenschutz nicht zugängliche Angaben.

Warum kommt das Gericht gleichwohl zu einem Schutz?

Auch wenn die Marke somit aufgrund ihrer Einzelelemente nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht schutzfähig ist, bedeutet dies aber noch nicht, dass ihr ein Schutz als Marke zur Gänze zu versagen ist. Marken, die aus für sich genommen schutzunfähigen Einzelbestandteilen bestehen, kann nämlich ein geringer Schutz gewährt werden, wenn sie aufgrund ihres Gesamteindrucks, auf den allein abzustellen ist, von einem bloßen Verständnis als sachbeschreibende Angabe wegführen. Dabei kommt ein Markenschutz auch dann in Betracht, wenn die Kennzeichnung nur in optischer, akustischer oder semantischer Hinsicht als Produktkennzeichnung und nicht nur als Sachhinweis wirkt.

Dass in einem solchen Fall der Schutz auf das Mindestmaß beschränkt ist, also dann, wenn die Marke nur in optischer, akustischer oder semantischer Hinsicht Schutz genießt, dieser Schutz lediglich gegenüber solchen Drittmarken besteht, welche mit ihr in genau derselben schutzbegründenden Weise - also bei optischer, akustischer oder semantischer Wiedergabe - identisch sind, ist dabei hinzunehmen. Ein solcher geringer Schutz kann der Anmeldemarke vorliegend aufgrund ihrer besonderen Gestaltung nicht abgesprochen werden. Denn auch wenn sie aus für sich genommen schutzunfähigen Wortteilen besteht, so ist doch ihre aus dem üblichen Rahmen fallende Schreibweise zu berücksichtigen, die darin zu sehen ist, dass die beiden Imperativformen der Verben "schauen" und "hören" zusammengeschrieben sind und aus jeweils einem beginnenden Großbuchstaben und hieran anschließenden Kleinbuchstaben zusammengesetzt sind, wobei auch die Anlehnung der Wortfolge an die geläufige Aufforderung "schau her" ihr eine gewisse Eigenart verleiht, die schutzbegründend wirkt. Diese Besonderheiten, die allein schutzbegründend sind, reichen aus, um den Verkehr von der Vorstellung einer bloßen Sachangabe wegzuführen und ihm nahe zu legen, in der Anmeldemarke den für eine Produktkennzeichnung unentbehrlichen Hinweis auf die Herkunft der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen zu sehen. Damit erfüllt die Anmeldemarke in der angemeldeten Form noch die geringstmöglichen Anforderungen an die Hauptfunktion einer Marke, so dass ihr insoweit die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft eben noch zuzubilligen ist.

Wäre hier „Schrubbeschön“ mit „SchauHör“ gleichzusetzen? Die Zusammenschreibung spricht für die Vergleichbarkeit, weil man die Aufforderung „Schrubbe schön“ als reinen Imperativ nicht zusammenschreiben würde. Allerdings ist die Schreibweise nicht relevant verändert gegenüber der, die man syntaktisch wählen würde, außer eben dem fehlenden Zwischenraum zwischen den Wörtern. „SchauHör“, darauf weist das Gericht hin, hat einen sprachliche Nebenbedeutung, die “Schrubbeschön“ fehlt. Andererseits kann man nicht leugnen, dass „Schrubbeschön“ gerade in der Verschmelzung der beiden Worte einen eigenständigen Charakter haben könnte, der aber durch die relative Biederkeit der Formulierung wieder relativiert wird.

Aus denselben Gründen steht der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung nach Auffassung des Gerichts auch nicht das Eintragungshindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, weil die angemeldete Bezeichnung aufgrund ihrer ungewöhnlichen Schreibweise nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, die im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der Waren oder Dienstleistungen dienen können, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände angeben (vgl. hierzu BGH GRUR 1999, 1093, 1094 - FOR YOU; GRUR 2000, 211, 232 - FÜNFER) und hinreichend eng mit einer Ware oder Dienstleistung in Bezug stehen (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - Berlin Card).

In der "TIME TO RELAX"-Entscheidung hat das BPatG München 29. Senat am 28.02.2007 -Aktenzeichen: 29 W (pat) 6/05 für die u.a. beanspruchten Dienstleistungen „Werbung einschließlich Rundfunkwerbung sowie Print- und Internetwerbung, nämlich betreffend Immobilien; Live-Events zu gewerblichen und Werbezwecken, nämlich betreffend Immobilien; Durchführung von Werbeveranstaltungen, nämlich betreffend Immobilien; Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Verkaufsförderung, nämlich betreffend Immobilien“ als beschreibende Angabe nicht geeignet. Das Zeichen besitzt damit die erforderliche Unterscheidungskraft und unterliegt keinem Freihaltungsbedürfnis. Allerdings wurde hinsichtlich zahlreicher anderer Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35 und 41 (u.a. Druckereierzeugnisse, Druckschriften, ...Poster; Bilder,...; Dienstleistungen eines Verlags...; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen,...") in der Wortfolge eine beschreibende Angabe zu sehen. Diesbezüglich fehlt dem Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft und es unterliegt einem Freihaltungsbedürfnis.
Die Verfremdung ist somit ein wichtiger Punkt, d.h. man rechnet in bestimmten Zusammenhängen nicht mit diesem Namen, was dann für die Zulässigkeit der Marke spricht. So hat das BPatG München in der TRINK WASS-Entscheidung – vom 15.11.2005 - 33 W (pat) 402/02 festgestellt: In Bezug auf die beanspruchten Waren "Maschinen und daraus zusammengestellte Anlagen zur Herstellung und Abfüllung von Tafelwasser …" weist die angemeldete Marke "TRINK WASS" eine gewisse Verfremdung auf, so dass die angesprochenen Verkehrskreise (es ging dabei um gewerbliche Abnehmer) erst aufgrund weiterer Überlegungen einen Zusammenhang zwischen der imperativen Aufforderung im Sinne von "Trink Wasser" und den beanspruchten Waren herstellen.

Die für den Endabnehmer wohl noch beschreibend wirkende Aufforderung geht ins Leere. Der Eintragung steht weder das Hindernis der fehlenden Unterscheidungskraft noch ein Freihaltungsbedürfnis entgegen. Mit anderen Worten: Irritation und Verfremdung führen hier zur Markenrechtsfähigkeit. Jeder, der also eine Marke kreiert, sollte um im Wortspiel zu bleiben, kreativ sein.

Hier sind die Unterschiede zweifelsohne hauchdünn, weil etwa die angemeldete Marke "surf24" für "Dienstleistungen eines Internetproviders" eine reine Sachangabe darstellt, nämlich als verkehrsüblicher Hinweis, dass diese Dienstleistungen ein Surfen im Internet rund um die Uhr ermöglichen. Dies gilt ebenso für die "Bereitstellung von Speicherplatz auf Servern", da dies Voraussetzung für das Surfen, den Download von Dokumenten und Programmen sowie den Zugang zu Homepages und das Navigieren im Internet ist. Auch bei "Druckereierzeugnissen und Verlagsprodukten" kommt "surf24" als inhaltsbeschreibender Titel in Betracht, etwa als Anleitung zum Surfen rund um die Uhr oder zur Einrichtung einer Verbindung, die ein Surfen rund um die Uhr ermöglicht. Es fehlt daher an der erforderlichen Unterscheidungskraft (Vgl. BPatG München 24. Senat vom 24.06.2003 - Aktenzeichen: 24 W (pat) 126/02)

Fazit für unsere Beispielprüfung

Die „Coverderm“-Entscheidung ist im Blick auf den vorliegenden Fall exemplarisch, denn es handelt sich in beiden Fällen um Tätigkeiten, die sogar phänotypisch Ähnlichkeiten aufweisen: Schützen/Schrubben. Wie es die zitierte Entscheidung klar macht, kommt es auf die Ungewöhnlichkeit der Kombination an, also z.B. nicht auf die Sprachwahl, wenngleich das sekundär sicher auch einen Effekt machen kann. Ungewöhnlich heißt, dass im Prinzip die Wortkombination nicht alltäglich auftreten würde. Darin sehen wir hier den entscheidenden Unterschied auch zu den genannten Entscheidungen zu Kurzsätzen bzw. Imperativen, obgleich es völlig klar ist, dass diese Unterscheidungen der Rechtsprechung – wie so oft - absolut grenzwertig sind. „Schrubbeschön“ klingt wie eine normale, beschreibende Tätigkeit, die werbenden Charakter haben kann. Was allerdings wie hervorgehoben für „Schrubbeschön“ spricht, ist die Verwendungsunüblichkeit in dieser konkreten Kombination, wie der – s.o. – Blick in die Suchmaschine zeigt. Andererseits könnte man sich potentielle Texte vorstellen mit dem Inhalt „Schrubbe schön mit xxx“, was dann das Freihaltebedürfnis indiziert. „Rein in die Zukunft“ ist auch nicht unorigineller und wurde nicht akzeptiert (siehe oben).

In ihrer kennzeichenrechtlichen Prägnanz würde man diese potentielle Marke daher nicht als so hoch ansehen, dass es ausreicht, den genannten Voraussetzungen des Markenrechts zu genügen, weil auch Mitbewerber bzw. der Verkehr ihre Produkte so vorstellen könnte, dass sie „schön schrubben“. Letzteres wird auch gerade in der „surf24“-Entscheidung deutlich, die keinen Satz bildet, den man in der deutschen Sprache sprechen würde und der doch nach dieser Rechtsprechung keine großen Fragen aufwirft, was damit gemeint ist, sodass ein Freihaltebedürfnis besteht. Würde man – um noch einmal den Hintergrund dieser unübersichtlichen Rechtsprechung deutlicher zu machen – den Begriff „surf24“ etwa für Tabakwaren einsetzen, kann das zu völlig anderen Beurteilungen führen.

Also – wie so oft – kann man es auch hier nicht absolut vorentscheiden, aber nach dieser Rechtsprechungsrecherche spricht mehr dafür, dass die Marke auf die genannten Schutzhindernisse stößt, wenn sie für Reinigungsprodukte eingesetzt würde.

Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm


Aufhebungsvertrag - Was muss ich beachten? - Rechtsanwalt

Wir befassen uns ständig mit Aufhebungsverträgen. Wir beobachten dabei, dass bei anwaltlicher Vertretung die Bereitschaft, höhere Abfindungen zu zahlen, zu wachsen scheint. Mit Aufhebungsverträgen sollen gerichtliche Auseinandersetzungen vermieden werden. Insofern sollten auch Arbeitnehmer bedenken, dass sie hier zu schnelleren und - letztlich - kostengünstigeren Lösungen kommen können. Denn ein nach einiger Prozessdauer erfolgreich geführter Kündigungsrechtsstreit ist auch keine ideale Verlaufsform. Insbesondere besteht hier eine Ungewissheit, die ein zügig und gut ausgehandelter Aufhebungsvertrag nehmen kann. Solche Verhandlungen haben wir sehr oft geführt.


Aufhebungsvertrag abhängig vom Arbeitnehmer-Angebot

Im Streit um einen Aufhebungsvertrag muss der Arbeitnehmer auch weiterhin seine Arbeitsbereitschaft zeigen. Denn nur in diesem Falle ist für den Arbeitgeber klar ersichtlich, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer nicht akzeptiert wird. Dann muss das Gehalt weiter gezahlt werden, das geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes in Erfurt hervor (Az 5 AZR 19/05). Akzeptiert der Arbeitnehmer jedoch den Vertrag und ficht ihn erst später an, so muss der Arbeitgeber für die Vergütung in der Zwischenzeit nicht aufkommen. Das Gericht wies die Klage einer Diplom-Psychologin zurück, die im Streit um Arbeitszeiten mit einer Erziehungsberatungsstelle einen Aufhebungsvertrag geschlossen hatte. Daraufhin wurde ihr die Abfindung überwiesen. Sie selbst schickte den Dienstschlüssel zurück. Erst sieben Monate später klagte sie erfolgreich auf Weiterbeschäftigung und erst nach neun Monaten bot sie ihre Arbeitskraft ausdrücklich an. Nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichtes hat sie deshalb für die Monate dazwischen kein Anrecht auf Bezahlung.

Schicken Sie uns ein E-Mail oder rufen Sie uns an (0228/63 57 47) und sagen Sie uns, wie wir Ihnen weiterhelfen können.

Zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses werden oft Aufhebungsverträge geschlossen, um eine Kündigung zu vermeiden. Der Abwicklungsvertrag entfaltet demgegenüber keine das Arbeitsverhältnis beendende Wirkung. Ein Abwicklungsvertrag unterscheidet sich dadurch von einem Aufhebungsvertrag, dass ein Abwicklungsvertrag das Arbeitsverhältnis nicht beendet, sondern auf eine bereits zuvor ausgesprochene Kündigung Bezug nimmt.

Folgende Punkte sind wegen der Komplexität dieser Rechtsmaterie zentral zu beachten:

Grundsätzlich sollte der Vertrag schriftlich geschlossen werden. Zentral ist, dass die Abfindung "für den Verlust des Arbeitsplatzes" gezahlt wird. Von der Formulierung "für geleistete Dienste" ist abzuraten. Alternativ sonst und besser: sich betriebsbedingt kündigen lassen wegen Wegfall des Arbeitsplatzes und Abschluss einer Sozialabfindung. Hier sind allerdings auch einige Punkte zu beachten, die wir Ihnen gerne erläutern können.

Der Beendigungszeitpunkt und der Beendigungsgrund sind aufzunehmen. Dabei ist zu beachten, dass bei Aufnahme verhaltensbedingter Gründe eine Sperrfrist vom Arbeitsamt verhängt werden kann. Weiterhin ist zu beachten, dass bei Nichteinhaltung der Kündigungsfrist eine Anrechnung der Abfindung erfolgen kann. Vor einem rückdatierten Aufhebungsvertrag ist nicht nur wegen Umgehung des früheren § 143a SGB III (§ 158 SGB III - Neuregelung), sondern auch wegen der Vorbereitung einer Straftat zu warnen. Unter Umständen hat der Arbeitgeber bei Abschluss eines einvernehmlichen Aufhebungsvertrages den Arbeitnehmer auf die möglichen nachteiligen sozialversicherungsrechtlichen Folgen hinzuweisen. Der Verstoß gegen die Hinweispflicht kann gegebenenfalls Schadenersatzansprüche auslösen.

Die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann unter Umständen auch zu Nachteilen bei der betrieblichen Altersversorgung führen.

Zu regeln ist auch die Freistellung und der Urlaub. Grundsätzlich sollte darauf geachtet werden, dass restliche Urlaubsansprüche miterledigt werden.

Grundsätzlich ist zu beachten, dass der Arbeitnehmer trotz Freistellung ein Wettbewerbsverbot einzuhalten hat.

Die Zahlung einer eventuell vereinbarten Abfindung ist häufig der zentrale Punkt. Dabei ist der steuerfreie Betrag zu beachten, der sich bei einem Dienstverhältnis von mindestens 15 Jahren und einem Lebensalter von mindestens 50 Jahren zusammensetzt. Hinsichtlich des darüber hinaus gehenden Betrages ist der hälftige Steuersatz abgeschafft worden. Es gilt lediglich eine fiktive Aufteilung auf einen fünfjährigen Zeitraum. Die Steuerermäßigung tritt grundsätzlich nur dann ein, wenn die Entschädigung als Einmalzahlung in einem Veranlagungszeitraum fließt. Vereinbarte Abfindungen sind regelmäßig "brutto gleich netto" zu zahlen. Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, können beide Parteien vor Abschluss des Aufhebungsvertrages eine Lohnsteueranrufungsauskunft beim Finanzamt einholen.

Weiterhin sind folgende Punkte wichtig: Fälligkeit der Abfindung, Erteilung des Zeugnisses, betriebliche Altersversorgung ist ebenfalls Gegenstand des Vertrages, soweit eine Zusage erfolgte, nachvertragliches Wettbewerbsverbot, allgemeine Erledigungsklausel aufgenommen werden, wonach mit Abschluss des Aufhebungsvertrages alle finanziellen Ansprüche erledigt sind. Besondere Regelungen bedürfen die besonders geschützten Arbeitnehmer wie Betriebsratsmitglieder, Schwerbehinderte, werdende Mütter, Auszubildende, ältere Arbeitnehmer. Bei älteren Arbeitnehmern ist auf die negativen Folgen des § 147a SGB III hinzuweisen.

Vertrauen Sie unserer Erfahrung. Schildern Sie uns Ihren Fall. Wir melden uns kurzfristig.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Dienstunfähigkeit Gutachten Attest Amtsarzt Privatarzt Rechtsanwalt

Begriff der Dienstunfähigkeit

Der Begriff der Dienstunfähigkeit beinhaltet nach der Rechtsprechung nicht nur die aktuelle Dienstunfähigkeit im Sinne einer "Arbeitsfähigkeit". Es ist auch eine Prognose notwendig, ob bei Weiterbeschäftigung des Beamten angenommen werden kann, dass sich der Dienstbetrieb ohne nachhaltige Beeinträchtigungen aufrechterhalten lässt. Das wäre zu verneinen, wenn eine Prognose ergibt, dass künftig weiterhin mit überdurchschnittlichen Fehlzeiten des Beamten gerechnet werden muss, die es nicht zulassen, ihn bei der Festlegung der Betriebsabläufe einzuplanen.

Privatärztliche Atteste

Privatärztliche Atteste sind nicht ohne weiteres geeignet, amtsärztliche Feststellungen zur Dienstfähigkeit des Klägers in Frage zu stellen. Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kommt der Einschätzung des mit den besonderen Anforderungen des öffentlichen Dienstes vertrauten Amtsarztes grundsätzlich ein höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Bescheinigungen. Widerspricht eine privatärztliche Bescheinigung über die Dienstfähigkeit eines Beamten mit ihrer medizinischen Beurteilung den Feststellungen des Amts- oder Betriebsarztes substantiiert und ist ihm dies bekannt, kommt seinen Feststellungen nur unter der Voraussetzung Vorrang zu, dass er sich mit den entgegenstehenden Erwägungen des privaten Arztes auseinander setzt und nachvollziehbar darlegt, warum er diesen nicht folgt. Im Vergleich zu einem Privatarzt, der interessiert daran ist, das Vertrauen des Patienten zu ihm zu erhalten, wird ein Amtsarzt seine Beurteilung von seiner Aufgabenstellung her unbefangen und auch unabhängig abgeben. Diese Neutralität und Unabhängigkeit verleiht der Beurteilung durch solche Ärzte auch im Blick auf ihren besonderen Sachverstand ein höheres Gewicht. 

Weigerung, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen (Zu einer wichtigen Entscheidung des VG Magdeburg 2010)

Nach der Rechtsprechung ist es zwingend, dass der Beamte verpflichtet ist, sich bei Zweifeln an seiner Dienst- oder -unfähigkeit amtsärztlich untersuchen zu lassen. Diese Untersuchungspflicht besteht nach dem Bundesverwaltungsgericht selbst dann, wenn der Beamte sich selbst für dienstfähig hält und seinen Dienst regelmäßig verrichtet. Demnach ist der Beamte zur Mitwirkung bei der Überprüfung seiner Dienstfähigkeit oder -unfähigkeit verpflichtet. Der Beamte muss seinen Teil dazu beitragen, seinen Dienstvorgesetzten die Überprüfung zu vermitteln, dass er voll dienstfähig ist. Die Mitwirkungspflicht umfasst auch die Offenlegung der gesamten Krankengeschichte mit den dazugehörigen Unterlagen. Die Weisung des Dienstherrn an den Beamten, sich wegen bestehender Zweifel an seiner Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen, ist gesetzlich ausdrücklich normiert und gilt nicht als diskriminierend. Krankheit und Zweifel an der Dienstfähigkeit begründen objektiv keinen "Makel", was selbst dann gilt, wenn es sich um eine psychische Erkrankung handelt. Die Weisung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, dann gerechtfertigt, wenn sich die Zweifel des Dienstherrn an der Dienstfähigkeit des Beamten auf konkrete Umstände stützen und nicht willkürlich sind. Die eine Untersuchungsanordnung tragenden Zweifel des Dienstherrn können sich hierbei auch aus einer Summe von Umständen ergeben, die - je für sich gesehen - noch keinen hinreichenden Anlass zu Zweifeln an der Dienstfähigkeit begründen. Art und Umfang einer amtsärztlichen Untersuchung sind dabei grundsätzlich der ärztlichen Entscheidung überlassen; das Ausmaß der ärztlichen Untersuchung muss indes durch den Anlass gerechtfertigt sein. Nur wenn dies nicht auf der Hand liegt und auch für einen Arzt nicht ohne weiteres erkennbar ist, bedarf es zudem eines entsprechenden Hinweises auf den Anlass für die dienstärztliche Untersuchung an den untersuchenden Amtsarzt. Mit der Verpflichtung des Beamten, sich ärztlich untersuchen zu lassen, ist noch nichts darüber gesagt, welche Folgerungen aus einer Verweigerung des Beamten für die vom Dienstherrn anzustellende Prognoseentscheidung hinsichtlich der Dienstunfähigkeit des Beamten zu ziehen sind. Die Argumentation des Dienstherrn erschient dem Gericht nicht ausreichend.

Denn auch soweit er davon ausgeht, dass aufgrund des langjährigen dienstlichen Verhaltens des Klägers und der übrigen aus dem Akteninhalt zu entnehmenden Feststellungen über seine Person der dringende Verdacht der Dienstunfähigkeit bei dem Kläger bestehe, muss gerade in einem Fall, bei dem von festgestellten Verhaltenswesen auf krankheitsbedingte Ursachen geschlossen wird, die vom Dienstherrn zu treffende Prognoseentscheidung hinsichtlich der Dienstfähigkeit bzw. Dienstunfähigkeit des Beamten auf eine hinreichend gesicherte Erkenntnisbasis gestellt sein. Diese Prognoseentscheidung ist also vordringlich bzw. alleine aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens vorzunehmen, was sich aus dem Gesetz ergibt. Die Feststellung der gesundheitlichen Eignung durch den Amtsarzt bzw. sonstiger dazu berufener öffentlich tätiger Ärzte kommt gegenüber privatärztlichen Bescheinigungen ein größerer Beweiswert zu. Dafür spricht bereits die mehrfache Nennung der Notwendigkeit der amtsärztlichen Untersuchung im Gesetz selbst. Der Stellenwert der amtsärztlichen Begutachtung ist in der Rechtsprechung uneingeschränkt anerkannt.

Für Gutachten, in denen die Dienstfähigkeit zu beurteilen ist, bedarf es eines speziellen zusätzlichen Sachverstandes, der einerseits auf der Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung, andererseits auf der Erfahrung aus einer Vielzahl von „gleich“ oder ähnlich liegenden Fälle beruht.  Demnach bestehen ohne ein amtsärztliches Gutachten erhebliche rechtliche Probleme bezüglich der Entscheidung über die Dienst- bzw. Dienstunfähigkeit des Beamten. Das gilt auch bei für den Dienstherrn auftretenden Probleme, wenn sich der Beamte weigert, an dem Verfahren mitzuwirken und sich in dem vorstehenden Sinne ärztlich bzw. fachärztlich untersuchen zu lassen. Aber gerade bei langjährig bekannten und vorhandenen Auffälligkeiten des Beamten sieht diese Rechtsprechung die zwingende Notwendigkeit, die näheren gesundheitlichen Auswirkungen dieses Verhaltens auf die Dienst- bzw. Dienstunfähigkeit des Klägers durch ein amtsärztliches und ggf. fachärztliches Gutachten feststellen zu lassen. Daran wird man nicht vorbeikommen, erklärte die 5. Kammer des VG Magdeburg in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2010. Das Gericht musste aber letztlich nicht entscheiden, wie zu verfahren wäre, wenn es sich um eine offensichtlich grundlose Verweigerung der amtsärztlichen Untersuchung handelt oder um eine, die auf Gründe verweisen kann. Gerade die „mittlerweile unüberbrückbaren Schwierigkeiten“ bzw. Persönlichkeitsstörungen sowie der neurotischen Fehlentwicklung des Beamten und damit der Dienstunfähigkeit machten für das Gericht deutlich, dass ohne ein aussagekräftiges fachpsychiatrisches Gutachten der Gesundheitszustand des Beamten nicht hinreichend geklärt sei. Danach kann überhaupt keine Prognoseentscheidung ergehen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass eine andere Entscheidung ergangen wäre, wenn die Weigerung völlig grundlos erfolgt wäre.

Beurteilungszeitpunkt

Entscheidend für das Gericht ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, also des Widerspruchsbescheides. Entwicklungen, die danach eingetreten sind, haben außer Betracht zu bleiben. Nach der für das Gericht bindenden alten und jedenfalls zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides geltenden Gesetzeslage hätte der Dienstherr in Fällen wie dem oben dargestellten zunächst die unvoreingenommene Begutachtung seiner Dienstfähigkeit/-unfähigkeit veranlassen müssen, um sodann durch disziplinarrechtliche Maßnahmen den Beamten zur Mitwirkung hinsichtlich der Feststellung der Dienst- bzw. Dienstunfähigkeit zu bewegen. Hält der Dienstvorgesetzte den Beamten aufgrund eines ärztlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand für dienstunfähig und ist eine anderweitige Verwendung nicht möglich oder liegen die Voraussetzungen für die begrenzte Dienstfähigkeit nicht vor, wird dem Beamten mitgeteilt, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist. Dabei sind die Gründe für die Versetzung in den Ruhestand anzugeben. DerBeamte kann innerhalb eines Monats Einwendungen erheben. Danach entscheidet die für die Ernennung zuständige Behörde über die Versetzung in den Ruhestand im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.Der Ruhestand beginnt mit dem Ende des Monats, in dem die Versetzung in den Ruhestand der Beamtin oder dem Beamten bekannt gegeben worden ist. Zu diesem Zeitpunkt wird die Besoldung einbehalten, die das Ruhegehalt übersteigt. Wenn also die Verfügung keinen Bestand hat, wird das überschießende Gehalt ausgezahlt. So ist es im BBG und im LBG NRW geregelt.

Rechtsanwalt Dr. Palm

2012/09/15

Recht am eigenen Wort Rechtsanwalt

Viel ist die Rede vom Recht am eigenen Bild. Wie ist aber mit dem Recht am eigenen Wort - jenseits des gedruckten Wortes, wo der Schutz der Publikation sehr umfassend ist. Gibt es aber auch ein Recht für eigene Äußerungen in der Öffentlichkeit?

Das OLG Köln hat im Jahre 1978 eine interessante Entscheidung zur Frage, wie weit das Recht am eigenen Wort reicht, getroffen. Im Gebäude des Rathauses fand eine öffentliche Gemeindesitzung statt, auf der sich die Antragsteller mehrfach äußerten. Es ging dabei um den Ausbau einer Straße, gegen den sich die Anlieger wehrten. Der Antragsgegner ist Mieter in einem Haus, das an dieser Straße liegt. Er nahm die Wortbeiträge der Antragsteller ohne deren Genehmigung und ohne deren Wissen auf Tonband auf. Das wurde bei Sitzungsende bemerkt und die Herausgabe des Bandes verlangt, jedoch erfolglos. In der Folge kam es zu der juristischen Auseinandersetzung. Dabei verwies das OLG Köln auch auf die Verfassungsrechtsprechung:

Das Bundesverfassungsgericht hat Artikel 2 Abs 1 GG dahin konkretisiert, dass das Persönlichkeitsgrundrecht auch das Recht am gesprochenen Wort schütze (BVerfGE 34, 238, 246). Das Grundrecht aus GG Art 2 Abs 1 schützt auch Rechtspositionen, die für die Entfaltung der Persönlichkeit notwendig sind. Dazu gehört in bestimmten Grenzen, ebenso wie das Recht am eigenen Bild, das Recht am gesprochenen Wort. Deshalb darf grundsätzlich jedermann selbst und allein bestimmen, wer sein Wort aufnehmen soll sowie ob und vor wem seine auf einen Tonträger aufgenommene Stimme wieder abgespielt werden darf. Wort und Stimme des Menschen sind auf dem Tonband von ihm losgelöst und in einer verfügbaren Gestalt verselbständigt. Die Unantastbarkeit der Persönlichkeit würde erheblich geschmälert, dürften andere ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen über sein nicht öffentlich gesprochenes Wort nach Belieben verfügen. Die Unbefangenheit der menschlichen Kommunikation würde gestört, müsste ein jeder mit dem Bewusstsein leben, dass jedes seiner Worte, eine vielleicht unbedachte oder unbeherrschte Äußerung, eine bloß vorläufige Stellungnahme im Rahmen eines sich entfaltenden Gesprächs oder eine nur aus einer besonderen Situation heraus verständliche Formulierung bei anderer Gelegenheit und in anderem Zusammenhang hervorgeholt werden könnte, um mit ihrem Inhalt, Ausdruck oder Klang gegen ihn zu zeugen. Private Gespräche müssen geführt werden können ohne den Argwohn und die Befürchtung, dass deren heimliche Aufnahme ohne die Einwilligung des Sprechenden oder gar gegen dessen erklärten Willen verwertet wird. Das ist auch die Auffassung des Bundesgerichtshofes, der in BGHZ 27, 284 (288) zusätzlich auf die Möglichkeit missbräuchlicher Verwendung allein schon durch sinnentstellende Kürzungen hingewiesen hat. Zwar gibt es Konstellationen, in denen auch eine ohne Wissen des Sprechenden hergestellte Tonbandaufnahme von vornherein aus dem Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG herausfällt, weil in diesen Fällen nach allgemeiner Auffassung von einem Recht am eigenen Wort nicht mehr die Rede sein kann. Soweit es etwa im geschäftlichen Verkehr üblich geworden ist, fernmündliche Durchsagen, Bestellungen oder Börsennachrichten mittels eines Tonabnehmers festzuhalten, ist in aller Regel das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit des Sprechers noch nicht betroffen. Bei derartigen Mitteilungen steht der objektive Gehalt des Gesagten so sehr im Vordergrund, dass die Persönlichkeit des Sprechenden nahezu vollends dahinter zurücktritt und das gesprochene Wort damit seinen privaten Charakter einbüßt.

Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in BGHSt 10, 205 ausgeführt, der Verteidiger in einer Strafsache dürfe es ablehnen, bei laufendem Tonband zu plädieren. Inhalt seines Persönlichkeitsrechtes sei "auch die ausschließliche Befugnis, darüber zu bestimmen, ob, wann und wo sprachliche Äußerungen auf einem Tonbandgerät aufgenommen werden dürfen". Dieser Sachverhalt ist schon weitgehend vergleichbar mit demjenigen des Streitfalles. Allenfalls dann, wenn "ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit" dies fordert, kommt ein Zurücktreten des Persönlichkeitsrechts in Betracht (BVerfGE 34, 248). Fraglich kann allein sein, ob ihr Abwehrinteresse deshalb als nachrangig zu bewerten ist, weil an der nichtgenehmigten Tonbandaufnahme des Antragsgegners "ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit" besteht. Hierfür hat der Antragsgegner eine Reihe von Gründen vorgetragen, die zwar ihr Gewicht haben, letztlich jedoch nicht hinreichen, den Antragstellern den verfassungsrechtlichen Schutz ihres gesprochenen Wortes zu entziehen. Unerheblich ist zunächst, dass der Verlauf der Sitzung auf ein von der Gemeindeverwaltung gestelltes Protokoll-Tonband aufgenommen worden ist. Damit waren die Antragsteller einverstanden. Hieraus folgt jedoch kein Einverständnis mit Tonbandaufnahmen des Antragsgegners. Die Einwilligung Jemandes dazu, dass ein anderer sein gesprochenes Wort auf Tonträger aufnimmt, ist personengebunden. Es steht im freien Belieben des Sprechenden, anderen die Genehmigung zu versagen. Nicht vertretbar erscheint auch die Auffassung des Antragsgegners, ein Ratsmitglied oder ein Beigeordneter, der sich in einer öffentlichen Ausschusssitzung zu Wort melde, verzichte damit auf den Schutz seines Persönlichkeitsrechts. Hierin liegt eine nicht gerechtfertigte Unterstellung, die die Beantwortung der umstrittenen Rechtsfrage einfach vorwegnimmt. Das gilt erst recht für den Hinweis, in dem vergleichsweisen Angebot der Antragsteller, dem Antragsgegner das Abhören des Protokoll-Tonbandes zu gestatten, liege das stillschweigende Eingeständnis, auf den Schutz des gesprochenen Wortes keinen Wert zu legen. Hierauf näher einzugehen erübrigt sich schon deshalb, weil es schlechthin verfehlt ist, aus dem Entgegenkommen einer Partei anlässlich des Versuchs der gütlichen Beilegung eines Rechtsstreits irgendwelche Schlussfolgerungen zu ihren Lasten zu ziehen. Ein Zurücktreten des Rechts am gesprochenen Wort der Antragsteller leitet der Antragsgegner weiter aus dem sog Öffentlichkeitsprinzip für kommunale Sitzungen her. Auch eine solche Schlussfolgerung ist jedoch nicht gerechtfertigt.

Daraus, dass bestimmte Vorgänge der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen, folgt nicht, dass Persönlichkeitsrechte der Anwesenden unbeachtlich seien. Ein wesentlicher Gesichtspunkt gegen die Zulassung ungenehmigter Tonbandaufnahmen liegt in der technischen Form dieser Informationsweise. Was ein Zuhörer selbst notiert - sei es in Langschrift oder in Kurzschrift -, ist seine gedankliche Festlegung; es ist Ausdruck seiner Persönlichkeit. Die Persönlichkeit eines anderen wird durch derartige Notizen und Niederschriften seiner öffentlich gesprochenen Äußerung nicht berührt. Bei der Tonbandaufnahme verhält es sich anders. Hier entfällt der eigene, persönliche Beitrag desjenigen, der sich informieren will, beim Sammeln der Information vollständig. Er eignet sich stattdessen gewissermaßen einen Teil der Persönlichkeit eines anderen an, indem er dessen individuelle Wortbildungen, seine Sprechweise, seine Gefühlslage etc. dauerhaft und reproduzierbar fixiert. Gerade darin, in diesem Übermaß an Information, liegt die verfassungsrechtlich grundsätzlich missbilligte Beeinträchtigung des fremden Persönlichkeitsrechts.

Schildern Sie uns Ihren Fall gerne per Email.

Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

Wiederaufnahme eines Verfahrens - § 153a StPO - Rechtsanwalt

Mitunter wird ein strafrechtliches Verfahren gegen eine Geldbuße eingestellt. Später stellt man fest, dass man sich gegen diesen Verlauf hätte besser wehren sollen, weil die Zeugensituation sich anders darstellt.  Das ist nicht so einfach möglich.

Bei einer  Einstellung nach § 153  bzw. § 153a StPO bleibt für eine Wiederaufnahme des Verfahrens schon
deshalb kein  Raum, weil es an der notwendigen Beschwer fehlt. Eine sich auf § 47 JGG  gründende Verfahrensbeendigung ist einer Einstellung nach Maßgabe der §§ 153,  153a StPO gleich zu  erachten, hat das LG Baden Baden z.B. 2004 entschieden.

Schildern Sie uns Ihren Fall, um zu sehen, ob hier aufgrund besonderer Umstände noch andere Möglichkeiten verbleiben, die eigenen Interessen zu wahren.

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Wohnungseigentum Ärger Verwaltung Rechtsanwalt

Wir helfen Wohnungseigentümern, Wohnungseigentümergemeinschaften, Verwaltern und Verwaltungen ihre Rechte effektiv geltend zu machen. Einige unsere Themen finden Sie hier:


Bauliche Veränderungen Nutzung des Sonder- und Gemeinschaftseigentums
Eigentümerversammlung Prozess
Finanzen Schaden
Hausordnung Sondereigentum/Gemeinschaftseigentum
Haftung Unabdingbare Klauseln
Klage Verwalter
Kosten, Instandsetzungsrücklage und Sonderumlage Verwaltungsbeirat

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2012/09/14

Immer Ärger mit den Nachbarn


Fast jeder kennt das. Man ärgert sich über den Nachbarn, den Mitbewohner. Eine Welt von Störern. Manchmal sind es Bagatellen oder eigene Überempfindlichkeiten. Doch irgendwann ist die Grenze überschritten. Lärm, Gerüche, Beleidigungen, offen stehende Fenster, demontierte Thermostate, durchschnittene Elektroleitungen oder Wäscheleinen, Vandalismus der unterschiedlichsten Art. In zahlreichen Konstellationen dieser Art kann einem  ein Abwehranspruch aus § 1004 in Verbindung mit § 823 BGB auf Unterlassung zustehen. Doch den muss man erst mal durchsetzen. Wir vertreten ständig Mandanten in solchen Verfahren. Kein geringes Problem ist dabei die Beweisführung, die auch einem Gerichtsverfahren standhalten muss. Daher sollte man sehr genau darauf achten, dass Zeugen, wenigstens aber Fotografien oder andere Belege existieren, um wenigstens den eigenen Vortrag plausibel zu machen.

"Ein Verhalten von Wohnungseigentümern muss dem unter zivilisierten Menschen üblichen Anstand entsprechen" entscheidet das AG Freising im Jahre 2010. Ein Wohnungseigentümer im Erdgeschoss hat nach dieser Entscheidung gegen einen Wohnungseigentümer im Obergeschoss einen Unterlassungsanspruch dahin, mutwillige Lärmerzeugung (durch laute Musik, Ballspielen, Trampeln, Springen innerhalb der Wohnung und durch häufiges geräuschvolles Zuwerfen der Haus- und Wohnungseingangstüren) zu unterlassen. Auch steht dem Betroffenen ein Unterlassungsanspruch zu, wenn der Wohnungseigentümer im Obergeschoss und seine Familienangehörigen beim Gießen von Pflanzen auf einer Dachterrasse mutwillig Wasser auf die Sondereigentums- und Sondernutzungsflächen des Erdgeschosseigentümers heruntergießen (beliebte Belästigungsform!). Manipulationen in den  Gemeinschaftsräumen, um - wie im Fall - die Trocknung ihrer Wäsche sicher zu stellen, gehören auch oft zu solchen Beeinträchtigungen. Selbst redend ist ein Unterlassungsanspruch weiter gegeben, wenn der Wohnungseigentümer im Erdgeschoss mehrfach den klagenden Wohnungseigentümer beleidigt hat und ihn sowie seine Gäste fotografiert hat.  

Reicht ein Verstoß? Im Prinzip schon. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB sind regelmäßig erfüllt, wenn angesichts des bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriffs eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der erforderlichen Wiederholungsgefahr spricht (BGH 1986).

2012/09/13

Geschenke Taki Scheidung Anwalt

Das LG Limburg hat Anfang 2012 eine interessante Entscheidung getroffen zu der Fragen von Goldgeschenken nach türkischer Tradition: Auch wenn Schenkungen der Schwiegereltern an das Schwiegerkind anlässlich einer Heirat in Erwartung des Fortbestandes der Ehe unter bestimmten, besonderen Umständen zurückgefordert werden können, gilt dies nicht für Goldgeschenke, die nach der türkischen Tradition im Rahmen Hochzeit der Braut oder den Brautleuten übergeben und angehängt werden. Diese nach türkischem Ritus sog. "Brautgabe" (türkisch: "taki") dient nach der Rechtsprechung der türkischen Obergerichte zur Absicherung der Ehefrau für den Fall des Scheiterns der Ehe. Dies entspricht auch islamischen Rechtsgrundsätzen der Scharia.


Auf diese Grundsätze eines fremden Kulturkreises darf nach Auffassung des Gerichts dann abgestellt werden, wenn es auf die Frage ankommt, welche Vorstellungen sie bei einem Rechtsgeschäft zur Geschäftsgrundlage gemacht haben, solange diese Grundsätze nicht gegen das Wertesystem des Grundgesetzes verstoßen. Dies ist aber nicht der Fall, wenn die besonderen kulturellen Regeln dem Schutz der Ehefrau von Mittellosigkeit für den Fall der Scheidung dienen. Grundsätze gelten sie auch dann, wenn offen bleibt, ob der Goldschmuck der Braut alleine oder den Eheleuten gemeinsam gemacht wurde.

Schildern Sie uns Ihren Fall! Wir können Ihnen weiterhelfen.

Rechtsanwalt Dr. Palm

Adoption Aufhebung Rechtsanwalt Wichtiger Grund

Aufhebung nach Adoption

Gemäß § 1771 BGB kann das Annahmeverhältnis, das zu einem Volljährigen begründet worden ist, auf Antrag des Anzunehmenden und des Angenommenen aufgehoben werden, wenn "ein wichtiger Grund vorliegt". Wann ein wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift vorliegt, wird im Gesetz nicht erklärt. In der Rechtsdogmatik werden verschiedene Auffassungen zu diesem Begriff vertreten. Einige verlangen ein schuldhaftes schweres Fehlverhalten des Angenommenen oder des Annehmenden oder eine schuldlose Zerrüttung der Beziehungen, wobei eine bloße Lästigkeit nicht ausreicht.

Ein "wichtiger Grund" für die Aufhebung des Adoptionsverhältnisses dürfte dann vorliegen, wenn der Fortbestand des Annahmeverhältnisses nicht mehr verlangt werden kann, weil dies für den einen oder anderen Beteiligten unzumutbar ist. Dabei hat das Vormundschaftsgericht festzustellen, ob die Beteiligten nicht etwa einen wichtigen Grund nur vorschieben, dessen Vorliegen nicht schon durch den beiderseitigen Antrag indiziert wird.

Die Rechtsdogmatik zur Frage der Aufhebbarkeit

Kann entgegen dem eindeutigen Wortlaut von § 1771 S. 2 BGB eine Adoption auch auf einseitigen Antrag des Angenommenen aufgehoben werden?  Die überwiegende Meinung in der Rechtsdogmatik lehnt das ab, eine Mindermeinung hält dies für möglich. Allerdings muss die Voraussetzung des wichtigen Grundes gemäß  § 1771 S. 2 BGB vorliegen. Der BGH hat im Jahre 1987 diese letztere Möglichkeit nicht völlig ausgeschlossen, musste das aber im konkreten Fall nicht entscheiden: Haben der Annehmende und der als Volljähriger Angenommene die Annahme als Kind durch gemeinsame Vortäuschung eines bestehenden Eltern-Kind-Verhältnisses erreicht, kann das Annahmeverhältnis auch nicht ausnahmsweise allein auf den Antrag des Annehmenden aufgehoben werden. Damit ist eine Ausnahme gerade nicht, wie es ein Teil der OLG-Senatsrechtsprechung darstellt, durch diese Entscheidung völlig ausgeschlossen worden. Immerhin ist aber der Wortlaut der gesetzlichen Regelung eindeutig. In der Literatur wird von einigen Autoren  in besonders gelagerten Fällen katastrophal fehlgeschlagener Adoptionen eine Aufhebung auch lediglich  auf einseitigen Antrag hin für möglich gehalten. Wie die Rechtsprechung plausibel erläutert, wird den durch die Adoption verbundenen Beteiligten nicht mehr zugemutet als die Beziehung, der auch durch natürliche Abstammung miteinander verbundene Angehörige nicht entsagen können. Immerhin besteht die Möglichkeit durch Enterbung, Pflichtteilsentziehung, Schenkungswiderruf, Beschränkung der Unterhaltsverpflichtung etc. die Adoption rückgängig zu machen.  

Wir haben äußerst zahlreiche Verfahren der Volljährigen- bzw. Erwachsenenadoption betrieben und kennen daher wohl sämtliche Aspekte dieser Konstellationen. Schildern Sie uns Ihr Problem.

Rechtsanwalt Dr. Palm  

2012/09/12

Kündigung NPD Außerdienstlich Rechtsanwalt

Aus der Pressemitteilung Nr. 64/12 des BAG:   

"Außerdienstliche Aktivitäten für die NPD und JN als Kündigungsgrund
 
Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes müssen ein bestimmtes Maß an Verfassungstreue aufbringen. Welchen Anforderungen sie insoweit unterliegen, richtet sich nach ihrer vertraglich geschuldeten Tätigkeit und der Aufgabenstellung des öffentlichen Arbeitgebers. Mitgliedschaft in und Aktivitäten für die NPD oder ihre Jugendorganisation (JN) stehen regelmäßig nicht schon als solche einer Weiterbeschäftigung im öffentlichen Dienst entgegen, selbst wenn man die Verfassungsfeindlichkeit der Organisationen - nicht ihre nur vom Bundesverfassungsgericht festzustellende Verfassungswidrigkeit - unterstellt. Allerdings dürfen auch Beschäftigte, die keiner „gesteigerten“, beamtenähnlichen Loyalitätspflicht unterliegen, nicht darauf ausgehen, den Staat oder die Verfassung und deren Organe zu beseitigen, zu beschimpfen oder verächtlich zu machen. Entfaltet ein Arbeitnehmer - und sei es nur außerdienstlich - Aktivitäten dieser Art, kann dies ein Grund für eine Kündigung durch seinen Arbeitgeber auch dann sein, wenn das Verhalten nicht strafbar ist.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt, die die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten des öffentlichen Dienstes für wirksam erachtet haben. Der Kläger ist Mitglied der NPD und war seit dem Jahr 2003 in der Finanzverwaltung des beklagten Landes tätig. Er war in einem Versandzentrum für die Planung, Steuerung und Überwachung von Druckaufträgen zuständig. Im Rahmen seiner Tätigkeit hatte er Zugriff auf personenbezogene, dem Steuergeheimnis unterliegende Daten der Steuerpflichtigen. In seiner Freizeit verbreitete er mittels elektronischer „Newsletter“ Informationen zu Treffen und Veranstaltungen eines NPD-Kreisverbands und der JN sowie Rundbriefe verschiedener Art. Im Jahr 2009 verschickte er einen Aufruf zur Teilnahme an einer Demonstration in Halle/Saale. Unter der Überschrift „17. Juni - Ein Volk steht auf und kämpft sich frei - Zeit einen neuen Aufstand zu wagen!“ heißt es darin, auch die „BRD“ könnte „Angst davor haben“, das Volk könne sich eines Tages erneut „gegen den Alles über Alles raffenden und volksverratenden Staat erheben“. Falls „die bürgerliche Revolution“ erfolgreich wäre, könne es „gut möglich“ erscheinen, dass „diesmal … Tode nicht bei den Demonstranten, sondern bei den etablierten Meinungsdiktatoren zu verzeichnen (wären). - Dem Volk wär´s recht“. Die Passage endet mit der Aussage: „Hoffen wir mal, die nächste Revolution verläuft erfolgreicher. In diesem Sinne: Volk steh auf, kämpf dich frei!“

Nach dem Gesamtkontext der Äußerungen treten die Verfasser des Demonstrationsaufrufs für einen gewaltsamen Umsturz ein. Eine andere Deutung erscheint nicht möglich. Der Kläger hat sich den Inhalt des Aufrufs zumindest dadurch zu eigen gemacht, das er ihn weiterverbreitete. Sein Vorgehen macht deutlich, dass er das auch ihm abzuverlangende Mindestmaß an Verfassungstreue nicht aufbringt. Die Kündigung ist jedenfalls aus Gründen in seiner Person gerechtfertigt. Grundrechtlich geschützte Rechtspositionen etwa aus Art. 5 GG und Art. 12 GG stehen dem nicht entgegen."  
 
Das Bundesarbeitsgericht entschied am 6. September 2012 - 2 AZR 372/11.

2012/09/10

Norwegen Scheidung Familienrecht Fylkesmann Rechtsanwalt

Mehrfach hatten wir mit familienrechtlichen Konstellationen zu tun, die "zwischen" Deutschland und Norwegen spielen. Dabei kann es in solchen Fällen typischerweise zur Frage kommen, welches nationale Gericht überhaupt zuständig ist und welches "materielle" Recht, d.h. welche Regeln aus welcher Rechtsordnung heranzuziehen sind. So könnte also z.B. ein deutsches Gericht norwegisches Recht anwenden, was zu einigen Rechtsanwendungsschwierigkeiten führen kann. Abgesehen davon ist es lästig und teuer, "über die Rechtsordnungen hinweg" zu prozessieren. Wir versuchen das Verfahren hier in Deutschland zu halten, wenn die Voraussetzungen begründbar sind.

Den Anforderungen des Bundesgerichtshofes an die materiell-rechtliche Kontrolle der Scheidungsvoraussetzungen kann, wie von anderen Gerichten bestätigt wurde, auch durch ein Verwaltungsverfahren entsprochen werden. Das Scheitern der Ehe und die Einhaltung des Trennungsjahres werden nach norwegischem Familienrecht dadurch kontrolliert, dass nach der Trennung auf Antrag eines Ehegatten gemäß § 26 des norwegischen Gesetzes über die Eheschließung und Ehescheidung ein Schlichtungstermin durchgeführt wird, an dem beide Ehegatten teilnehmen müssen. . Im Anschluss erteilt der Fylkesmann die Separationsbewilligung.

Ähnlich wie in Deutschland kann jeder Ehegatte gemäß § 21 die Scheidung verlangen, wenn die Trennung der ehelichen Gemeinschaft mindestens 1 Jahr andauert. Bei Schweigen auf eine entsprechende Mitteilung des Fylkesmann kann davon ausgegangen werden, dass die eheliche Lebensgemeinschaft während des Trennungszeitraumes nicht wieder hergestellt worden ist. Wenn daraufhin der Fylkesmann nach erfolglosem Ablauf der Stellungnahmefrist die Scheidung der Ehe ausspricht, führt das nicht zu einem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, zumal die Eheleute unstreitig die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wieder hergestellt hatten.

Haben Parteien nach der Eheschließung bis zum Umzug der Antragstellerin nach Norwegen in Deutschland gelebt und hat der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland nicht aufgegeben, auch wenn er etwa die Hälfte des Jahres in Norwegen verbringt, ist nach einer Entscheidung des OLG Oldenburg aus dem Jahre 2010 hinsichtlich des Anspruchs der Antragstellerin auf Nachehelichenunterhalt einschließlich der Auskunftspflicht deutsches Sachrecht anzuwenden.

Schicken Sie uns ein E-Mail oder rufen Sie uns an (0228/63 57 47) und sagen Sie uns, wie wir Ihnen weiterhelfen können. Wir werden im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen tätig.


Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm



Kann ich meinen Namen bei einer Adoption weiterführen?

Diese Frage hören wir häufig, da wir Mandanten oft bei Volljährigenadoptionen vertreten.

Der Ausgangspunkt für diese Frage kann hier liegen: Die Ehegatten sollen einen gemeinsamen Familiennamen (Ehenamen) bestimmen. Die Ehegatten führen den von ihnen bestimmten Ehenamen. Bestimmen die Ehegatten keinen Ehenamen, so führen sie ihren zur Zeit der Eheschließung geführten Namen auch nach der Eheschließung.

Was gilt jetzt für Kinder?


Einschlägig ist § 1757 BGB (Name des Kindes), der auch in Fällen der Annahme Volljähriger als Kind gilt und uneingeschränkt anwendbar ist: Das Kind erhält als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden. Der geänderte Geburtsname dokumentiert die durch Adoption gewollte Zugehörigkeit zum neuen Familienverband. Mit der Änderung des Geburtsnamens als Adoptionsfolge hat der Gesetzgeber den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum eingehalten, ohne Verhältnismäßigkeits- und Übermaßgesichtspunkte zu missachten. Mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Anzunehmenden ist es vereinbar, die Adoption mit der Änderung des Geburtsnamens zu verknüpfen.
Als Familienname gilt nicht der dem Ehenamen oder dem Lebenspartnerschaftsnamen hinzugefügte Name. Nimmt ein Ehegatte ein Kind des anderen Ehegatten an und führen die Ehegatten keinen Ehenamen, so bestimmen sie den Geburtsnamen des Kindes vor dem Ausspruch der Annahme durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht, § 1617 BGB analog. Eltern, die keinen Ehenamen führen, können bei der Bestimmung des Geburtsnamens des Kindes zunächst zwischen den Namen, die der Vater oder die Mutter führen, wählen. Diese Regelung soll grundsätzlich die Namenseinheit der Geschwister gewährleisten und erstreckt sich auch auf spätere adoptierte Kinder.
Ein Verfassungsverstoß lässt sich nicht damit begründen, dass ein verheirateter Volljähriger im Falle seiner Adoption den bisherigen Namen behalten kann, wenn dieser sein Ehename ist und sein Ehegatte nicht damit einverstanden ist, dass der Familienname des Annehmenden zum Ehenamen wird. Bei Adoption eines Volljährigen erhält der Angenommene zwar als Geburtsnamen den Familiennamen des Annehmenden, was aber insoweit meistens keine besondere Bedeutung hat, wenn dem Geburtsnamen nur eine untergeordnete Bedeutung zu, weil der Annehmende verheiratet ist.
Bei der Adoption eines Volljährigen nach den Vorschriften über die Annahme eines Minderjährigen fehlt es für den Antrag der Beteiligten, dem Anzunehmenden die Fortführung seines bisherigen Familiennamens - als alleinigen Familiennamen zu gestatten, an einer gesetzlichen Grundlage (OLG Celle - 17 W 15/96).

Bei der Adoption kann nicht gerichtlich ausgesprochen werden, dass der Anzunehmende seinen bisherigen Geburtsnamen anstelle des Familiennamens des Annehmenden weiterführt. Es ist dem Vormundschaftsgericht verwehrt, im Adoptionsdekret zu bestimmen, dass der als Kind Angenommene seinen bisherigen Geburtsnamen unverändert fortführt.
Man hätte das anders entscheiden können, aber das Gesetz ist eindeutig, wie das Bayerische Oberste Landesgericht 2003 konstatiert:
Zwar führt eine Volljährigenadoption nicht gleichzeitig zu einer vollständigen Herauslösung des Angenommenen aus seinem bisherigen Familienverband, vielmehr bleiben die Rechtsbeziehungen zu leiblichen Verwandten bestehen (§ 1770 Abs. 2 BGB), so dass in einem solchen Falle auch andere namensrechtliche Regelungen als die des § 1757 Abs. 1 Satz 1 BGB denkbar wären. Von Verfassungs wegen ist es aber nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber im Namensrecht der Verbindung des volljährigen Adoptierten zur neuen Familie den Vorrang gegeben hat.

Die Änderung des Geburtsnamens erstreckt sich nach dem Gesetz auf den Ehenamen des Kindes nur dann, wenn sich auch der Ehegatte der Namensänderung vor dem Ausspruch der Annahme durch Erklärung gegenüber dem Familiengericht anschließt; die Erklärung muss öffentlich beglaubigt werden. Wenn der Angenommene den Geburtsnamen des Ehepartners als Ehenamen führt, hat die Adoption auf diesen Namen keine Auswirkung. Es ändert sich lediglich der Geburtsname der angenommenen Beteiligten.

Weitere Möglichkeiten, den Namen doch nicht zu führen?

I. Das Familiengericht kann auf Antrag des Annehmenden mit Einwilligung des Kindes mit dem Ausspruch der Annahme, dem neuen Familiennamen des Kindes den bisherigen Familiennamen voranstellen oder anfügen, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Damit wird nach der Rechtsprechung dem Interesse der Kinde, den bisherigen Familiennamen beizubehalten, unter dem sie bislang bekannt sind, mit dem sie ihre Identität verbinden hinreichend Rechnung getragen. Im Übrigen argumentiert die Rechtsprechung so: Von offiziellen Anlässen abgesehen könnte sich der Angenommene, dessen bisheriger Name beigefügt wird, im täglichen sozialen Leben sogar darauf beschränken - wie nicht selten von Doppelnamensträgern praktiziert -, allein seinen bisherigen Namen weiterzuführen. Im täglichen Leben können sie sich auch bei "offizieller" Führung eines Mehrfachnamens darauf beschränken, unter ihrem bisherigen Familiennamen aufzutreten. Bürgerlich-rechtlich kann eine unvollständige Namensangabe nur in Ausnahmefällen Rechtsfolgen auslösen. Solange die Identität des Namensträgers feststeht, bleibe die unvollständige Namensangabe bedeutungslos. Lediglich gegenüber Behörden, namentlich im Bereich der amtlichen Registerführung und der Identitätsfeststellung, besteht die Verpflichtung zum Führen des vollständigen Namens. Diese Regelungen betreffen jedoch nur eng umgrenzte Bereiche, in denen die vollständige Namensangabe im öffentlichen Interesse zur Sicherung eines geordneten Zusammenlebens ausdrücklich vorgesehen ist.

Das AG Leverkusen hat das noch extensiver behandelt: Bei der Annahme eines Volljährigen als Kind kann das Familiengericht auf Antrag anordnen, dass der Angenommene ausnahmsweise seinen Geburtsnamen behält, wenn dies aus schwerwiegenden Gründen erforderlich erscheint. Dies folge aus einer verfassungsrechtlich gebotenen erweiternden Auslegung des § 1757 Abs. 3 BGB, wonach die Folgen der Regelung des § 1757 Abs. 1 BGB relativiert werden können, wenn der Wunsch des Angenommenen nach Namenskontinuität das Integrationsinteresse überwiege.

Ist der Angenommene verheiratet, besteht die Möglichkeit den Ehenamen auch weiter zu führen.

II. Wir haben zahlreiche Namensänderungsverfahren betrieben. Solche Verfahren sind nicht ganz einfach, wenn der Name, der geändert werden soll, nicht einen schon bei oberflächlicher Betrachtung negative Konnotation hat oder die Schreibweise völlig unklar ist. Nach § 3 Abs. 1 Namensänderungsgesetz darf der Familienname einer Person nur dann geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Diese Voraussetzung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der in vollem Umfang verwaltungsgerichtlich kontrolliert werden kann. Ein die Namensänderung rechtfertigender „wichtiger Grund“ liegt vor, wenn das schutzwürdige Interesse des die Namensänderung Beantragenden so erheblich ist, dass es die Belange der Allgemeinheit, die vor allem in der sozialen Ordnungsfunktion des Namens und in dem sicherheitspolizeilichen Interesse an der Beibehaltung seines bisherigen Namens zum Ausdruck kommen, sowie die Interessen Dritter überwiegt (Rechtsprechung des BVerwG). Dabei sind die Wertungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Namensrecht für den entsprechenden Lebensbereich in diese Prüfung miteinzubeziehen. Das öffentlich-rechtliche Namensänderungsrecht dient dazu, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen, nicht aber die Wertungen des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu revidieren (VG Ansbach - AN 15 K 04.01600). Wir haben zwar auch Namensänderungen praktiziert, wenn die Erwachsenenadoption zur Vergabe eines unglücklichen Namens geführt hatte, aber hier ist immer einiger Erklärungsaufwand notwendig.
Allgemeine Gründe wie die Änderung des Namens im Berufleben stellt keinen wichtigen Grund dar, diese wieder durch öffentlich-rechtliche Namensänderung rückgängig zu machen. Eine Namensänderung, z.B. durch Heirat, bringt nach dem Verwaltungsgericht Ansbach in der vorgenannten Entscheidung von Natur aus gewisse Erschwernisse mit sich, die deshalb noch keinen wichtigen Grund darstellen - beispielsweise die Beantragung neuer Ausweispapiere und Benachrichtigung von Banken, Versicherungen, Arbeitgeber oder Geschäftspartnern. Ein wichtiger Grund kann in solchen Pflichten, die auf alle von einer Namensänderung betroffenen Bürger zutreffen, nicht gesehen werden.


Schicken Sie uns ein E-Mail oder rufen Sie uns an (0228/63 57 47) und sagen Sie uns, wie wir Ihnen weiterhelfen können. Wir werden im gesamten Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in diesen Fällen tätig.

Ihre Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm.



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