2012/07/05

Scheinehe - Aufenthalt - Ausländerbehörde

Ein ehrlicher Ehepartner reicht nicht!

Ein eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten erfordert das zweijährige Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft.

Erforderlich hierfür ist, dass überhaupt der Wille beider Ehegatten bestand, eine eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland herzustellen und zu führen. genügt der Wille nur des einen Ehepartners allerdings nicht zur Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft wenn der andere Ehepartner diesen Willen nicht teilt. An einer schützenswerten, tatsächlich gelebten Ehe fehlt es, wenn die Partnerschaft ohne gemeinsamen Lebensmittelpunkt geführt wurde, Indizien für eine getrennte Lebensführung sprechen und nur eine einseitige persönliche Verbundenheit eines Ehegatten, der die Lebenspartnerschaft herstellen und wahren will, besteht, so das Verwaltungsgericht Köln 2011. Weiterhin gilt: Für das Vorliegen einer Scheinehe (Fall einer einseitigen Scheinehe) spricht das Fehlen einer gemeinsamen Wohnung, die Bemühungen eines Ehegatten, den Anschein einer Lebensgemeinschaft nur für die erforderliche Zeit bis zum eigenständigen Aufenthaltsrecht zu wahren, und unter anderem nur in Erscheinung zu treten, wenn es gilt, der Feststellung getrennter Lebensgemeinschaft entgegen zu treten.


Typische Verdachtsmomente einer Scheinehe nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg 2010 

Zweifel können resultieren aus der aufenthaltsrechtlichen Vorgeschichte eines Klägers, der stets mit Nachdruck und unter verschiedenen rechtlichen Ansätzen, aber auch durch illegales Verhalten, versucht hat, ein Aufenthaltsrecht in der Bundesrepublik Deutschland zu erwirken oder seinen tatsächlichen Aufenthalt zeitlich auszudehnen. Asylanträge können hier auch einschlägig sein. So kann sich der unbedingte Wille des Klägers, seinen Inlandsaufenthalt mit allen Mitteln zu erwirken, darin zeigen, dass er zeitweise bereit war, seinen aktuellen Aufenthaltsort zu verheimlichen und hier illegal zu leben. Eine frühere Scheinehe kann auch verdächtig sein. Darüber hinaus begründen bei zeitgleicher Befragung der Eheleuten zutage getretenen Unstimmigkeiten und Kenntnislücken über die Verhältnisse des jeweils anderen Ehegatten durchgreifende Zweifel an einer beiderseitigen nachhaltigen Eheführungsabsicht. Gefragt wird nach beruflichen Themen, Freizeitverhalten, gemeinsamen Bekannten, Wohnort etc. Verdächtig kann es auch sein, wenn Zweifel an einer hinreichenden sprachlichen Kommunikationsbasis bestehen, also die Deutschkenntnisse des Ausländers schlecht sind. Im Übrigen hielt es das Gericht auch für  untypisch und erklärungsbedürftig dass ein aus Südostanatolien stammender Türken kurdischer Volkszugehörigkeit sich entscheidet, eine mehr als 14 Jahre ältere Frau zu heiraten.

Ein hoher Altersunterschied zwischen den Eheleuten (Mann 58 Jahre älter) lässt nicht ohne Weiteres den Schluss zu, es handle sich um eine Zweckehe, hat allerdings das VG Berlin - 4 V 51.05 - entschieden.
Beweislastfragen

Verwaltungsgericht Berlin vom 05.09.2007: Auch nach der Änderung des Aufenthaltsgesetzes am 28.08.2007 trägt im Rahmen eines geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Familienzusammenführung der ausländische Ehegatte die Beweislast dafür, dass beide Ehegatten die Herstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft beabsichtigen. Es reicht also nicht, dass der deutsche Ehegatte eine Beziehung will, der ausländische aber nur eine Aufenthaltserlaubnis. Der Umstand, dass den Ehegatten für die Kommunikation keine jeweils von beiden beherrschte Sprache zur Verfügung steht, spricht gegen die Ernsthaftigkeit der Eheschließung.>>>

Zum Thema Prozesskostenhilfe im Fall der Scheinehe: Derjenige, der sich zum Eingehen einer Scheinehe entschließt, muss bereits zu diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass das nach Ablauf des ehewidrigen Zwecks der Verbindung notwendige Eheaufhebungsverfahren mit Kosten verbunden ist. Er hat dies bei seiner Lebensgestaltung zu berücksichtigen und im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren Rücklagen zu bilden, OLG Rostock - 11 WF 59/07.

Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB in einem typischen Scheinehenfall 

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht 2006 (12 WF 37/06): Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB unterliegen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden sind. Dass der Antragsgegner türkischer Staatsangehöriger ist und die Hochzeit wegen des Zwecks der Eheschließung, nämlich dem Antragsgegner die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, notgedrungen in der Türkei stattgefunden hat, rechtfertigen nicht den Schluss auf eine besonders enge Verbindung der Parteien mit dem türkischen Recht.

Da die Eheschließung dem Antragsgegner gerade die Möglichkeit eröffnen sollte, nach Deutschland einzureisen, spricht ebenso viel für die Anwendung des deutschen Rechts. Mindestens lässt sich aber eine gemeinsame engste Verbundenheit i. S. v. Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB nicht feststellen. Für diesen Fall sieht Art. 14 EGBGB nach Auffassung des Gerichts zwar keine Lösung vor. Da die deutschen Gerichte für das Begehren der Antragstellerin international zuständig sind (§ 606 a ZPO), muss aber der zu treffenden Entscheidung zwangsläufig eine bestimmte Rechtsordnung zugrunde gelegt werden. Wenn es keinerlei Anknüpfungspunkte für eine bestimmte Rechtsordnung gibt, ist die praktikabelste Lösung diejenige, dass grundsätzlich die Sachnormen des am Gerichtsort geltenden eigenen Rechts Anwendung finden. Dieser Grundsatz rechtfertigt hier die Anwendung des deutschen materiellen Rechts.

Auch in schwierigen Fällen helfen wir Ihnen gerne weiter Rechtsanwaltskanzlei Dr. Palm

2012/07/04

Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum (Wohnungseigentumsrecht)


Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum

Die Abgrenzung zwischen Gemeinschaftseigentum und Sondereigentum ist insbesondere dort wichtig, wo es um die Fragen der Kostentragung von Reparaturen und Instandhaltungsarbeiten geht. In der Regel trägt der einzelne Wohnungseigentümer nämlich die Kosten und Lasten, die sein Sondereigentum betreffen, während alle Wohnungseigentümer zusammen die Ausgaben für das Gemeinschaftseigentum gemeinsam zu zahlen haben. Zwar können sich aus der Gemeinschaftsordnung andere Kostenverteilungen ergeben, so dass in Einzelfällen auch ein einzelner Wohnungseigentümer verpflichtet sein kann, die Kosten für die Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums zu tragen. In den meisten Fällen wird sich die Verteilung der Kosten aus der Zuordnung zum Gemeinschafts- oder Sondereigentum ergeben, wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann. 

Die folgende Auflistung kann von daher lediglich einen Hinweis darauf geben, wie die Abgrenzung im Regelfall erfolgt.

Absperrventile, die für mehrere Wohnungen zuständig sind, gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Abwasserhebeanlagen, die mehreren Wohnungen dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Antennen, die allen Wohnungseigentümern dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum, während eine Antenne, die nur von einem oder wenigen Wohnungseigentümern errichtet wurde und nur für deren Rundfunk- und Fernsehempfang zuständig ist, ausschließlich deren Sondereigentum ist.

Aufzüge gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Badezimmereinrichtungen inklusive der Wasserhähne gehören zum Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers.

Balkon: Die Bestandteile, die den Balkon selbst bilden, sind Gemeinschaftseigentum. Dazu gehören sämtliche Fassadenbestandteile, wie die gegossene Betonbodenplatte und die Außenwände, das Balkongitter, eine Isoliersicht und alles andere was der Baustabilität und dem Feuchtigkeitsschutz dient. Dagegen gehört der Raum auf dem Balkon selbst und die darauf angebrachten Gegenstände, wie Blumenkästen und Lampen zum Sondereigentum des jeweiligen Wohnungseigentümers. Aber auch Bodenfliesen, die zur Zierde fest verlegt sind, gehören zum Sondereigentum, so dass Reparaturen vom jeweiligen Wohnungseigentümer selbst zu zahlen sind.

Dachterrassen: Eine Dachterrasse, die von allen Wohnungseigentümern genutzt werden darf, gehört zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gelten bei einer Dachterrasse, die nur von einem Wohnungseigentümer genutzt werden darf, dieselben Abgrenzungsregelungen wie bei Balkonen.

Decken: Da es sich insoweit um tragende Elemente des gesamten Gebäudes handelt, zählen diese zum Gemeinschaftseigentum. Etwas anderes gilt für Deckenverschalungen und die Deckenverkleidung (wie Putz oder Tapeten), die zum jeweiligen Sondereigentum gehören.

Estrich: Auch wenn sich der Estrich in Räumen befindet, die zum Sondereigentum gehören, ist er dennoch Gemeinschaftseigentum.

Fenster: Als Fassadenbestandteile gehören Außenfenster immer zum Gemeinschaftseigentum. Von daher trägt die Gesamtheit aller Wohnungseigentümer die Kosten für den Außenanstrich der Fensterrahmen und die Reparatur von zerbrochenen Scheiben, soweit nicht die Gemeinschaftsordnung eine andere Kostentragungspflicht vorsieht. Den Innenanstrich der Fensterrahmen hat dagegen jeder einzelne Wohnungseigentümer selbst durchzuführen.

Fensterbänke/ -simse: Soweit sie nach außen gerichtet sind, gehören sie zum Gemeinschaftseigentum. Die nach innen gerichteten gehören dagegen zum Sondereigentum.

Fensterläden: Da sie zu den Außenanlagen gehören, sind sie Gemeinschaftseigentum. Gleiches gilt für Außenrollläden und Außenjalousien.

Fußböden: Da es sich insoweit um tragende Elemente des gesamten Gebäude handelt, zählen diese zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gehören Fußbodenbeläge (wie Fliesen, Parkett, Laminate) zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnung.

Garagen können zum Sondereigentum einer Wohnung gehören soweit entsprechendes bei der Teilung vereinbart wurde und dies ins Grundbuch eingetragen wurde.

Haussprechanlagen gehören zusammen mit den Türöffnern zum Gemeinschaftseigentum. Lediglich die Gegensprechanlagen in den jeweiligen Wohnungen sind Sondereigentum.

Heizung: Die gemeinschaftliche Heizungsanlage gehört zum Gemeinschaftseigentum. Dazu gehört insbesondere der Heizraum, inklusive Brenner, Kessel und Öltank. Auch die Rohrleitungen sind insoweit Gemeinschaftseigentum, soweit sie der Versorgung mehrerer Wohnungen dienen. Ab der Verzweigung von der an sie nur noch eine Wohnung betreffen, gehören alle weiteren Leitungen und Einrichtungen (auch die Heizkörper) zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnung, soweit sie nicht durch fremdes Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum laufen.

Isolierschichten, die der Wärme-, Feuchtigkeits- oder Schallschutzisolierung dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Kamine: Der Schornstein gehört zum Gemeinschaftseigentum, während der offene Kamin in der Wohnung zu deren Sondereigentum zählt.

Kanalisation: Gehört insgesamt zum Gemeinschaftseigentum.

Leitungen: Alle Wasser-, Gas- und Elektroleitungen gehören soweit sie der Versorgung oder Entsorgung mehrerer Wohnungen dienen zum Gemeinschaftseigentum. Betreffen diese Leitungen dagegen nur eine Wohnung, so gehören sie zum jeweiligen Sondereigentum, es sei denn sie verlaufen durch fremdes Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum.

Licht-/Luftschächte, die der Belichtung und Belüftung von gemeinschaftlichem Eigentum dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Markisen, die sich auf Balkonen befinden, deren Raum zum Sondereigentum gehört, zählen auch zum jeweiligen Sondereigentum.

Mauern: Alle tragenden Mauern und Wände, die der Stabilität des gesamten Gebäudes dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gehören nicht tragende Wände, die sich ausschließlich innerhalb einer einzelnen Wohnung befinden, zum jeweiligen Sondereigentum dieser Wohnung. Nicht tragende Wände, die zwei unterschiedliche Wohnungen voneinander abgrenzen gehören zum Sondereigentum dieser beiden Wohnungen. In jedem Fall gehören Wandverkleidungen (wie Putz, Holz, Tapeten, Kacheln) zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnung.

Messgeräte, die der Kostenverteilung der Heiz- und Wasserkosten unter den Eigentümern dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum auch wenn sie sich jeweils innerhalb einer Wohnung befinden.

Müllabwurfanlage gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Putz: Der Innenputz an Wänden und Decken innerhalb einer Wohnung gehört zum jeweiligen Sondereigentum. Dagegen gehört der Außenputz und der Putz in Gemeinschaftsräumen zum Gemeinschaftseigentum.

Schloss und Schlüssel: Wohnungsschlüssel stehen im Sondereigentum. Dagegen handelt es sich um Gemeinschaftseigentum, wenn es um Schlüssel zu gemeinsamen Räumen oder zur gemeinsamen Haustür geht.

Stellplätze für PKW in Sammelgaragen können zum Sondereigentum einer Wohnung gehören soweit dies bei der Teilung des Gebäudes vereinbart wurde und entsprechendes ins Grundbuch eingetragen wurde. Voraussetzung dafür ist, dass die Fläche durch dauerhafte Markierungen abgegrenzt ist. Dagegen gehören Stellplätze auf Freiflächen unter freiem Himmel immer zum Gemeinschaftseigentum und können niemals zum Sondereigentum werden. Allenfalls die Einräumung eines Sondernutzungsrecht zu Gunsten eines Wohnungseigentümers kommt hier in Betracht.

Tapeten, die sich innerhalb einer Wohnung befinden, gehören zum jeweiligen Sondereigentum.

Terrassen: Ebenerdige Terrassen gehören zum Gemeinschaftseigentum.

Treppen in einem gemeinschaftlichen Treppenhaus gehören zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gehören Treppen innerhalb einer (Maisonett-) Wohnung zum jeweiligen Sondereigentum.

Türen innerhalb einer Wohnung gehören zum Sondereigentum . Dagegen gehören Haustüren, Balkontüren und Türen zu Gemeinschaftsräumen zum Gemeinschaftseigentum. Auch wenn die Wohnungseingangstüren zum Gemeinschaftseigentum gehören, ist für den Innenanstrich der Tür der jeweilige Wohnungseigentümer zuständig.

Wände: Alle tragenden Mauern und Wände, die der Stabilität des gesamten Gebäudes dienen, gehören zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gehören nicht tragende Wände, die sich ausschließlich innerhalb einer einzelnen Wohnung befinden, zum jeweiligen Sondereigentum dieser Wohnung. Nicht tragende Wände, die zwei unterschiedliche Wohnungen voneinander abgrenzen gehören zum Sondereigentum dieser beiden Wohnungen. In jedem Fall gehören Wandverkleidungen (wie Putz, Holz, Tapeten, Kacheln) zum Sondereigentum der jeweiligen Wohnung.

Wasserleitung: Rohre die der Ver- und Entsorgung von mehreren Wohnungen dienen gehören zum Gemeinschaftseigentum. Dagegen gehören Wasserrohre, die nur eine Wohnung betreffen, zum jeweiligen Sondereigentum, soweit sie nicht durch anderes Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum verlaufen.

Wasseruhren sind als Messgeräte, die der Kostenverteilung unter den Wohnungseigentümern dienen, Gemeinschaftseigentum, auch wenn sie sich innerhalb einer Wohnung befinden.

Die Rechtsprechung verändert sich. Wenn Sie Fragen haben, lassen Sie sich von uns beraten. 



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